Das Review enthält heftige S P O I L E R, da es keinen Sinn hat den Film zu besprechen ohne auf das theatralische Ende einzugehen. Deshalb erschließt sich das Hauptargument für meine Bewertung auch erst am Ende des Textes.
Der Film beginnt sehr interessant und hervorragend inszeniert: Schnee, herumlaufende Samurais und allgemeine Anspannung. – Diskussionen hier und da, vergebliche Blicke. Dies alles auf einer weiträumigen und schönen Kulisse. - 32 Männer, die sich vorgenommen haben einen hochrangigen japanischen Beamten zu ermorden, der jedoch nicht erscheint.
Vielversprechend geht es weiter: Die Männer sitzen beieinander und der Anführer verkündet, dass es nur eine Erklärung für das Nichterscheinen des Beamten geben kann: Verrat! Einer unter ihnen muss ein Verräter sein. Sofort drehen sich die Männer zu einem unscheinbaren Mann um, welcher in einer dunklen Ecke sitzt. – STANDBILD – Titeleinblendung: „Samurai Assassin“ – Anfangscredits.
Wow! Obwohl in den ersten zehn Minuten so gut wie gar nichts passiert ist, hat der Film allein durch die Atmosphäre und die interessante Einleitung gleich Lust auf mehr erweckt.
Aber was passiert dann? – Im Grunde genommen leider fast gar nichts. Die nächsten 100 Minuten (Filmlänge 122 Min) schleppt sich die gesamte Handlung träge voran. Gespräche über Gespräche, Namen über Namen und einige vergeblich angefangene Handlungsstränge, die weder mit dem Grundplot Hand in Hand gehen noch zu einem Ende geführt werden. An und für sich sollte immer das Gesetz gelten: „Handlung sei wichtiger als Action.“ Was aber, wenn die Handlung an und für sich nicht weiter interessant ist? Oder viel schlimmer: Was ist wenn die Handlung nur noch Auszugsweise von Bedeutung ist?
Im wesentlichen splittet sich der Film nach dem Anfang in zwei Handlungsstränge auf, die sich jedoch beide um den Hauptdarsteller und Japan–Ikone „Mifune Toshiro“ ansiedeln. Zum einen wird durch endlos erscheinende Diskussionen und Treffen der weitere Verlauf des geplanten Attentats sowie das Ausfindigmachen des Verräters verfolgt (dessen Lösung dann gänzlich kurz und unspektakulär erfolgt) und zum anderen wird durch genau so viele Erklärungen die Vergangenheit des „Helden“ Niiro Tsuruchiyo beleuchtet.
So z.B. die Geschichte über die große Liebe Niiros und ihr Scheitern. Dieser hatte auf einem Bootsausflug mit seiner Mutter einer adligen Frau geholfen sich einiger betrunkener Männer zu entledigen. Fort an treffen sich die beiden, bis die Frau schließlich heiraten muss. Ihr Vater wählt, wie könnte es auch anders sein, natürlich nicht Niiro aus. sondern einen hochrangigeren Mann.
Der Grund den er Niiro auftischt hat zwar sehr wohl etwas mit dem Grundplot und letztendlich auch mit dem fulminanten Ende zu tun, die Geschichte mit der Frau aber keineswegs. Des Weiteren wird der Handlungsstrang den Film über auch einfach fallen gelassen und nicht mehr aufgegriffen.
Der Hauptgrund des Mannes für die Verweigerung seiner Tochter ist, dass Niiro seinen Vater nicht kennt, da er adoptiert wurde und sich seine Eltern von Kindheit an weigern ihm den Namen seines richtigen Vaters zu nennen. Recht früh erfährt man dennoch, dass Niiros Vater ein hochrangiger Beamter ist, der sich aus Standesgründen nicht zu seinem Kind bekennen konnte. Jeder der die Handlung halbwegs verfolgt hat (sofern möglich) kann nun Schlussfolgern, dass eben genau Niiros Vater auch das Ziel des Attentats ist. Eben genau DAS Attentat an dem auch Niiro selbst sich beteiligt, um wieder eine Stellung bei einem der japanischen Clans als Samurai zu erhalten, um nicht länger als herrenloser „Ronin“ durch die Gegend ziehen zu müssen.
Und so kommt es nach gut 105 Minuten zur nicht mehr abwendbaren Tragödie: Weder die Bemühungen von Niiros Adoptivvater, noch ein missglückter Attentatversuch können Niiro daran hintern sich am 3. März mit kleiner Verspätung erneut vor dem Gebäude einzufinden, um den Japanischen Beamten zu ermorden. Immer noch über die wahre Existenz seines Vaters im Unklaren. Nach einem längeren Gemetzel der verbliebenen Attentäter mit den Wachen gelingt es Niiro dann endlich als letztem Überlebenden seinen leiblichen Vater in Unwissenheit zu töten und ihm den Kopf abzuschlagen. Den Kopf aufgespießt auf seinem Schwert verlässt er taumelnd und torkelnd, halb wahnsinnig und verletzt mit einem geistesabwesenden Lachen den erneut verschneiten Schauplatz.
Zugegeben: Obwohl das Ende den ganzen Film hinweg recht vorhersehbar war ist es dennoch genial. Die schauspielerische Leistung von Mifune Toshiro als verzweifelter Mann, der sein ganzes Leben etwas erreichen wollte ohne größere Erfolge zu erzielen ist in der Tat herausragend.
Aber nicht nur die Schauspielerleistung macht das Ende so gelungen. Nein, viel mehr ist es die bitterböse Ironie der ganzen Tat. Zum einen enthauptet Niiro seinen eigenen Vater, nach dem er Zeit seines Lebens gesucht hat und verlässt mit dem Kopf auf seinem Schwert lachend den Schauplatz und zum anderen, war eben gerade sein Vater durch seine Stellung der letzte Hüter des gesamten Samurai-Kults in Japan. Wie sein Vater in einem längeren Gespräch im Mittelteil des Films erklärte, würde ohne ihn das gesamte japanische Samuraitum zusammenbrechen.
So tötet Niiro mit seinem Vater auch den Mann, der das Einzige aufrecht erhalten hat, was Niiro selbst ist und das Einzige was er jemals erreicht hat. Zudem tötete er ihn nur, um eben IN diesem System durch das Beweisen seiner Fertigkeiten einen neuen Platz als „Samurai“ zu erhalten. – Unwissend läuft Niiro am Ende des Films ins Ungewisse. – Grandios!
Allein wegen des Endes bekommt der Film von mir noch 6/10 Punkten und allein deshalb kann ich den Film nur jedem einmal empfehlen, der es schafft sich über 121 Minuten auf einen S/W-Film mit Untertiteln zu konzentrieren. Gäbe es dieses Ende nicht würde es bei kläglichen 2/10 Punkten Enden.
Fazit aber: 6 / 10