Review

Staffel 1

Ein tödlicher Amoklauf an einem schwedischen Gymnasium bringt die kurz vor ihrem 18. Geburtstag stehende Maja Norberg (Hanna Ardéhn) in Untersuchungshaft: blutverschmiert und mit einer Waffe in der Hand wird sie von einem Spezialkommando festgenommen, was sie, völlig konsterniert, ruhig geschehen läßt. Doch was war wirklich passiert? Ist sie die allein Schuldige? Maja, die neben ihren geschockten Eltern noch eine kleine 7-jährige Schwester hat, muß nun getrennt von ihrer Familie in einer kargen Zelle den Alltag von Strafgefangenen erlernen, was ihr, die sie sich kaum an das Geschehene erinnert, sichtlich schwerfällt. Zudem wurde wegen Verdunklungsgefahr ein absolutes Kontaktverbot verhängt, nur ihren Anwalt Peder Sander (David Dencik) darf sie regelmäßig sprechen, doch auch dieser darf ihr nicht die genauen Details der Bluttat mitteilen, um sie nicht zu beeinflussen. So erhofft sich die leitende Kommissarin ein Geständnis oder zumindest einige wiederkehrende Erinnerungen der Schülerin, bevor es Monate später zum Prozeß kommt...

In seiner auf einem Roman basierenden Adaption erzählt Quicksand die Geschichte einer Tragödie quasi von hinten - ganz zu Beginn steht die (um keine Nachahmungstäter zu animieren sehr kurz geschnittene und unvollständige) Bluttat und während der Zeit ihrer U-Haft erfährt der Zuschauer in ausgedehnten Rückblenden vom Werdegang Majas: wie sie sich um ihre kleine Schwester kümmerte, wie sie ihren Freund Sebastian (Felix Sandman) kennenlernte, was sie mit ihrer besten Freundin Amanda (Ella Rappich) besprach und welchen Einfluß ihre Klassenkameraden Samir, Labbe und andere auf die junge Frau ausübten. Dabei läßt das Drehbuch den Zuschauer stets im Unklaren darüber, welches Ausmaß die Tragödie wirklich hatte, erst nach und nach sickern Details durch: so ist die Anzahl und Identität der Opfer nicht bekannt (lediglich ihr Freund Sebastian ist tot, was von Anfang an bekannt ist, später kommt noch ihre beste Freundin Amanda als Opfer hinzu) und auch die Beweggründe für den Amoklauf erschliessen sich vorerst nicht - das Publikum soll sich anhand der Rückblenden selbst ein Bild machen, was da warum geschehen ist.

Tatsächlich liefert die Serie in 6 Portionen zu je ca. 45 Minuten ausführliches Material zu den Beteiligten, was jedoch nicht immer positiv, sondern meist sogar sehr negativ ausfällt. Maja wird eines Tages von ihrem Klassenkameraden Sebastian, der sie bisher geflissentlich übersehen hatte, eingeladen und umworben, was die junge Frau zunächst nicht recht versteht, da sie bestenfalls durchschnittlich aussieht und mit ihren fürchterlich schiefen Zähnen wahrlich keine Zierde darstellt. Sebastian dagegen, Sohn eines vermögenden Vaters und ohne Mutter aufgewachsen, weiß den zur Verfügung gestellten Reichtum für seine Zwecke zu nutzen, indem er ständig Parties schmeißt, Sportcabrio und Yacht des Vaters für Einladungen nutzt und ansonsten auf Schulnoten oder gutes Benehmen keinerlei Wert legt. Daß er dabei immer extremer in Punkto Alkohol- und Drogenkonsum wird und sich durch sein pubertär-exaltiertes Verhalten zunehmend selbst isoliert merkt er selbst schon nicht mehr und auch Maja, der dies erst spät bewußt wird, zieht daraus keinerlei Konsequenzen. Der aus dem Irak stammende Sahid, ein Musterbeispiel an Integration und bezüglich Schulstoff ein richtiger Streber, erwächst dabei langsam zu Sebastians Konkurrenten, da die grundsätzlich über wenig Persönlichkeit oder gar Reife verfügende Maja sich auch von diesem Klassenkameraden (auf freilich ganz andere Art) angezogen fühlt. Dazu kommt das zunehmend in den Vordergrund rückende, hundsmiserable Verhältnis von Sebastian zu seinem Vater Claes (Reuben Sallmander), einem vielbeschäftigten Geschäftsmann, der seinen prahlerischen Sohn schlichtweg verachtet und daraus auch keinen Hehl macht.

Im letzten Teil der Serie steht dann die Gerichtsverhandlung im Fokus, in deren Verlauf einige bis dato ungeklärte Fragen beantwortet werden - die Reihe schließt dann mit einem eher überraschenden Ende und zeigt noch einmal ganz kurz, wie die Schießerei wirklich vonstatten ging. Doch das eigentliche warum beantwortet sie keineswegs und sorgt damit für Diskussionsstoff - die Umstände des Amoklaufs bleiben weiterhin vollkommen im Dunklen und sollen um des Spoilerns willen hier auch nicht en detail erwähnt werden.
Fazit: Trotz einiger verbleibender Unklarheiten und vor allem wenig erbaulicher bis schlichtweg negativer Charaktäre dennoch eine interessante Analyse eines Amoklaufs, die hauptsächlich auf die Psychogramme der Beteiligten abstellt und technische Details völlig außen vor läßt: 6 Punkte.

Details
Ähnliche Filme