Review

Ungewöhnliches Traumpaar


Vor 30 Jahren wäre ein „Long Shot“ einer der Kinohits des Jahres gewesen, weltweit ein echter Peoples Champion mit einem Einspielergebnis, das zehnmal über seinem Budget liegt. Vor 10 Jahren wäre er immerhin noch ein Sleeperhit geworden. Heute sehen ihn nur ein paar Leute in den Lichtspielhäusern und der Rest entdeckt ihn über die nächsten Jahre mit etwas Glück daheim. Und in 10 Jahren werden Komödien wahrscheinlich gar nicht mehr ins Kino kommen und direkt zu den Streaminggiganten wandern und dort in der Masse um ein Stückchen Beachtung kämpfen. Es sei denn es kommt noch eine Comedy-Kino-Renaissance, wonach es momentan aber wirklich nicht aussieht... Ein kleine Schande, denn gerade Lachen ist in der Menge (genauso wie Angsthaben) natürlich besonders toll. Aber aktuell scheinbar auf dem absteigenden Ast. Darunter leidet natürlich auch eine Topkomödie wie „Long Shot“ und ich war fast allein im Saal. Schade schade schade. Handlung: die äußerst attraktive Außenministerin der Vereinigten Staaten Amerikas ist auf bestem Weg zur ersten Präsidentin. Doch ein unerwartetes Treffen mit ihrem kauzigen Jugendfreund stellt diese Pläne auf eine harte Probe... 

„Long Shot“ hat Eier. Er ist brandaktuell, scheut sich nicht davor politisch zu werden (ohne dabei aufdringlich zu sein) und ist dabei überraschend weise, versöhnlich, clever und fast subversiv. Ein paar Minuten hat er vielleicht zu viel auf den Rippen, ob er wirklich die zwei Stunden knacken musste, wage ich zu bezweifeln. Aber wenn man ein derart süßes Screencouple bekommt, genießt man jede Minute mit ihnen. Was Theron und Rogen hier liefern bleibt mir definitiv noch lange im Gedächtnis und wird sich sicher auch auf meinen Bestenlisten in ein paar Monaten zeigen. Außerdem gibt es einige super witzige Nebenfiguren, die ebenfalls hängen bleiben und die den Film versüßen. Oder besser gesagt Pfeffer geben. Manchmal ufert „Long Shot“ etwas aus und dehnt die Grenzen der Glaubwürdigkeit, vor allem auf eine längere Sequenz unter Einfluss von Molly hätte ich verzichten können - aber Herz und Liebe, vor allem in der Kernbeziehung, sind immer spürbar. Mal kitschig, mal versaut, mal romantisch, mal laut und mit mehr Schauplätzen als ein durchschnittlicher Bond-Film. „Long Shot“ steckt voller Überraschungen und vor allem Mut. Er könnte ein moderner Klassiker in seinem qualitativ in letzter Zeit wirklich spärlich besetzten Genre werden. Retrovibes küssen moderne Topics. Theron ist absolut anbetungswürdig und zeigt hier in jeder Sekunde, warum sie eine der momentan strahlendsten Traumfrauen auf diesem Planeten ist. Und sie hat großen Anteil daran, dass „Long Shot“ eine der schönsten Überraschungen des Kinojahres ist. Frisch, frech, erst im letzten Drittel berechenbar. Als ob „Veep“ mit einer überdurchschnittlichen Rogen-Komödie verschmilzt. Oder „My Fair Lady“ umgedreht wird und auf „Verrückt nach Mary“ trifft. Stark! 

Fazit: ernsthafter Kandidat auf die beste Hollywoodkomödie des Jahres. Eigentlich nichts Neues, aber dennoch sensationell, witzig, pfiffig. Fast immer ein Feger, ein Treffer, ein Rebell. Und romantisch obendrauf. Sehr sogar. Theron + Rogen = Gold! 

Details
Ähnliche Filme