NeXt LeVeL ShIT
„Love Death and Robots“ ist das langjährige Wunsch- und Herzensprojekt von (u.a.) David Fincher. Eine Sammlung futuristischer Kurzfilme, die sich meist zwischen Sci-Fi, Action und Horror bewegen, oft mit düster-humoristischen Untertönen, die jedoch im Grunde alle Grenzen sprengen. Muss man da noch mehr sagen? Eigentlich nicht.
Es ist DIE Serie des Jahres. Nicht mehr. Und verdammt nochmal nicht ein Quäntchen weniger. Abwechslungsreich, düster, erwachsen. Mal Vorschlaghammer, mal Poesie. Jeder der auf Anthologien steht, jeder der auf Genre steht, jeder der auf Animation steht, sollte keinen Umweg machen, hat einen Pflichttermin, der bevorzugt zu behandeln ist. „Love Death & Robots“ ist mit nichts vergleichbar und setzt in vielerlei Hinsicht Massstäbe, von der Optik bis zur ungehemmten Reife, von der Kreativität bis zur Vielfalt, von der Dunkelheit bis zur Brutalität. Ein Gamechanger, den man mit offenen Armen und Mund empfangen, genießen, einsaugen muss. Kein Hype, nur die Wahrheit. Ehre und Erfolg, wem dieser gebührt. Einzig und allein die Tatsache, dass man davon wohl nie eine (4K-)Blu-ray oder Ähnliches in den Händen halten wird, stimmt traurig. Der Rest ist Euphorie. Pur und ungefiltert.
Die einzelnen Episoden gehen zwischen 5 und 16 Minuten und jede hat ihren eigenen Charme und Zauber. Für etliche würde ich sofort Geld investieren, wenn man einen ausgewachsenen Film oder gar Serie daraus entwickeln würde. Viele funktionieren aber auch so ideal. Es MUSS eine zweite Staffel geben! Bitte bitte bitte!!!
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SONNIES EDGE (10/10)
In einem Untergrundturnier kämpfen Menschen mit monströsen Avatars bis zum Tod...
Ein wahnsinnig guter Beginn. „Robot Jox“ trifft auf „Final Fantasy“ in erwachsen. Wer würde davon noch gerne einen ganzen Film sehen? Ein Gefühl, dass man in den kommenden drei Stunden öfters spüren wird. WTF. Wow. Holy Sh*t. Westen trifft Osten. Leichte Animevibes.
THREE ROBOTS (9/10)
Drei Roboter erforschen in einer postapokalyptischen, menschenfreien Welt unsere Hinterlassenschaften und machen samtpfotige Bekanntschaften...
Kontrastprogramm zum ersten Short. Lockerer, leichter, witziger. Spätestens jetzt weiß man, was für ein vielseitiger, hochwertiger Brecher auf einen zukommt. Optisch ein Schmankerl. Mit kultigen K.I.‘s und süßen Streunern. Eine der ungefährlichsten Episoden. „Wall-E“ mit Mittelfinger.
THE WITNESS (8,5/10)
Eine Frau wird Zeugin eines Mordes in der Wohnung gegenüber und flieht vor dem Mörder...
Erinnert etwas an „Animatrix“ oder „La Jetee“. Kleiner Mindfuck. Wenn auch vorhersehbar. Faszinierende Welt, ungewohnte Nacktheit, sehr sinnlich und heftig alles. Cyberpunk meets Thrillermystery.
SUITS (9/10)
Farmer beschützen ihre Höfe in riesigen Roboteranzügen vor insektoiden Monstern...
Cooler Comiclook, „Starship Troopers“ und „Pacific Rim“ treffen auf den „Bauernhof Simulator“. Top Ende, krachende Action. Simpler Spaß. Die armen Kühe!
SUCKER OF SOULS (8,5/10)
Bei Ausgrabungen wird ein alter Vampirdämon freigelassen, der gar nicht mit sich spaßen lässt...
Das nenne ich mal einen furchteinflössenden Vampir. Ala „Castlevania“, nur noch härter. Fein gezeichnet. Graf Dracula kann einpacken. Etwas abrupt zu Ende. Hätte ruhig länger sein können. Gefällt mir dennoch sehr!
WHEN THE YOGURT TOOK OVER (8,5/10)
Was wäre, wenn Joghurt ein Bewusstsein bekäme und uns Menschen überholt?...
Der kürzeste und witzigste Shorty. Sehr cooles Gedankenexperiment, gesellschaftskritisch und clever. Hätte ruhig ein paar Minuten länger gehen dürfen.
BEYOND THE AQUILA DRIFT (10/10)
Ein Raumschiff und seine Besatzung kommen im Tiefschlaf Lichtjahre von ihrem Kurs ab und treffen dennoch alte Bekannte...
Der optische Höhepunkt. Nahezu fotorealistisch. Gruselig, sexy, geheimnisvoll. Eklig. Alles drin. „Solaris“ aus der Hölle. Wahrscheinlich meine Lieblingsepisode. Alptraumfutter.
GOOD HUNTING (8,5/10)
Ein junger Mann schließt Freundschaft mit einem mystischen Wolfswesen aus einer anderen Zeit Japans...
Sehr asiatisch, sehr mystisch, sehr hübsch. Und auch wieder freizügig und mit erotisch-romantischen Untertönen. Und Hintergedanken. Alles andere als nur Eyecandy. Wie so viele andere Episoden auch. Ein Gewinn. Bleibt hängen.
THE DUMP (7/10)
Auf der Müllhalde ist die schleimige Hölle los...
Fast als hätten die Leute von Pixar einen Alptraum. Einer der schwächeren Shorts, aber immer noch gut. Schmutzig und liebenswert.
SHAPE-SHIFTERS (8,5/10)
Taliban vs. American Dog Soldiers...
Wieder ein optischer Schmankerl. Neil Marshall gefällt das. Kurz: der beste Werwolf-Kurzfilm, den ich je gesehen habe. Mit scharfen Zähnen und emotional genug. Grosse Augen.
HELPING HAND (8,5/10)
„Gravity“ goes hardcore - eine Astronautin wird durch eine herumfliegende Schraube ins All geschleudert...
Man weiß, was kommt, doch man ist dennoch sprachlos. Verdammt hartes Teil. Ironisch-genialer Titel. Aua! Respekt!
FISH NIGHT (6,5/10)
In der Wüste treffen ein Wanderverkäufer und sein Sohn auf alte Bewohner dieser einst wässrigen Gefilde...
Optisch sehr bunt und verspielt, die Vater-Sohn-Connection zieht und das Ende ist traurig. Der poetischste Zwischenstopp. Doch insgesamt für mich der schwächste Abstecher. Immer noch überdurchschnittlich.
LUCKY 13 (8/10)
Ein Raumschiff als unzerstörbarer Glücksfall...
Eyecandy, cooles Raumschiff, gute Darsteller, top Synchronsprecher, wie bei allen anderen Shorts auch. James Cameron könnte das kaum besser. Wenn auch etwas einfach.
ZIMA BLUE (8,5/10)
Ein Künstler auf der Suche nach dem ultimativen Blau und seiner Erfüllung...
Style-Bonuspunkte. Yves Klein goes Space. Und zurück. Sehr intelligent und intim, essenziell und menschlich. Poesie, nachdenklich und sehr fein!
BLIND SPOT (8/10)
Eine Robotergang auf motorisierter Befreiungsaktion gegen einen waffenstrotzenden Konvoi...
Nicht sehr tiefsinnig, aber ein eigener Look, coole Figuren und krachende Action lassen die Minuten verfliegen. Her mit einer ganzen Serie davon!
ICE AGE (7,5/10)
Im Gefrierschrank von Topher Grace wächst eine ganze Zivilisation im Zeitraffer...
Die einzige Episode mit Live-Action bzw. realen Darstellern. Sehr metaphorisch, warnend, kreativ. Meine Neugier war durchgehend hoch, wie es mit dieser Zivilisation weitergehen wird. Selbst wenn die Simpsons es schon früher ähnlich gemacht haben.
ALTERNATE HISTORIES (8/10)
Willkommen bei Multiversity - unendliche Möglichkeiten, wie die Geschichte verlaufen könnte...
Die witzigste Episode? Unendliche Wege, unendliche Kreativität. Wie gerne hätte ich „Multiversity“ in echt :D.
SECRET WAR (9/10)
Die rote Armee gegen okkulte Kreaturen aus dem Untergrund...
Ein Knaller. Optisch wie geschichtlich. Höllisch brutal, düster, erbarmungslos. Selbst wenn die Connection zu den Soldaten in nur wenigen Minuten natürlich noch ausbaufähig wäre. Videospielvibes. Ein spektakulärer Abschluss einer Spitzensammlung an durch die Bank interessanten Kurzfilmen!
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Fazit: hat mein Gehirn durchgeblasen und alle Grenzen gesprengt. Für mich jetzt schon die sichere Serie des Jahres. Absolut fantastisch, mindbending, grandios. Mehr als ein Winner für Netflix, Fincher und alle Beteiligten. Instant-Classic-Alarm. Ein achtzehnteiliger Geniestreich! (10/10)