Review
von Leimbacher-Mario
Die Mühlen der Zeit
Die von Schirach-Verfilmung „Der Fall Collini“, mit u.a. Elyas M'Barek, Franco Nero und Heiner Lauterbach in den Hauptrollen, ist ein Gerichtsthriller irgendwo zwischen „A Few Good Men“ und „Judgement At Nuremberg“. Es geht um einen jungen Anwalt, der den Mörder seines Stiefgrossvaters verteidigen muss. Doch als er sich mehr und mehr mit dem aussichtslos und klar erscheinenden Fall beschäftigt, taucht er tief in die Vergangenheit ab und muss für sich selbst den Begriff der Gerechtigkeit neu definieren...
Dass ein toller Brocken wie „Der Fall Collini“ nur ein Zehntel der Besucher ins Kino lockt, die in den dreiundvierzigsten „Fack Ju Goethe“ laufen, ist eine Schande und sagt fast genauso viel über unser Land aus, wie das intensive Gerichtsdrama selbst. Das kann ich einfach nicht verstehen. „Der Fall Collini“ ist sicher nicht perfekt, hat ein paar Minuten zu viel auf den Rippen und wirkt eher selten subtil, vor allem was die Musikuntermalung betrifft. Zudem funktioniert er daheim sicher genauso gut wie auf der großen Leinwand und sein Thema hat kein Verfallsdatum. Doch dass er an den Kinokassen derart baden gut, tut doppelt und dreifach weh. M'Barek könnte sich hiermit endlich von seinem Image freispielen, das übergreifende Thema ist mega interessant und betrifft uns alle, Regisseur Marco Kreuzpaintner beweist nach der feinen Serie „Beat“ einmal mehr sein Können, der Film ist insgesamt ein weiterer Beweis, dass es dem deutschen Film momentan richtig gut geht. Nur bringt das alles wenig, wenn kaum einer davon Notiz nimmt. Vielleicht ja dann immerhin im Heimkino. Es wäre allen Beteiligten zu gönnen. Denn hier wird fast durchgehend abgeliefert und beeindruckt. Nachhaltig. Absolut nicht trocken und nicht nur geschwätzig. Gerade hintenraus lässt er kaum einen kalt, schlägt unerwartet Bögen und lässt Spielraum für eigene Schlüsse und Gedanken.
Fazit: Tote wollen keine Rache... „Der Fall Collini“ ist einer der besten Gerichtsthriller, die unser Land je hervorgebracht hat. Groß gedacht, klein umgesetzt, emotional gemacht und intensiv gespielt. Mindestens gut, eher noch mehr.