Nach seinem furiosen Hollywoodeinstand „Maximum Risk“ ging Ringo Lam zurück nach Hongkong und drehte diesen Cop-jagt-Gangster-Streifen.
Startpunkt des Ganzen ist der Mord an einem Architekten, den der Kriminelle Mak Kwan (Francis Ng) begeht. Allerdings wird er geschnappt und in den Knast gesteckt, wobeo der Mord nur der Auftakt zu einem viel größeren Ding sein sollte. Seinen Komplizen gegenüber bleibt er jedoch loyal, egal was der knallharte Inspektor Pao (Lau Ching Wan) und seine Leute versuchen. Das führt dann zu diversen, wenig aufregenden Verhörszenen, die den Film nur wenig weiterbringen und man nur erfährt wie loyal Mak und wie ehrgeizig Pao ist.
Für Mak ist es jedoch der Coup seines Lebens und seine Komplizen wollen ihn befreien, um das Teil durchzuziehen. Pao ahnt dies bereits und tut alles, um auch den Rest der Bande zu schnappen. Das Ganze weitet sich zum Duell von Verbrecher und Cop aus…
Von der Struktur her erinnert „Full Alert“ an den zwei Jahre zuvor entstandenen „Heat“ – ohne jedoch ansatzweise dessen Brillanz zu erreichen. Denn „Heat“ hatte greifbare, intensive Charaktere, „Full Alert“ leider nur Scherenschnitte. Weder über Cop noch über Gangster erfährt man wirklich viel – der eine hat eine Familie, der andere eine Freundin, aber bei beiden werden die Beziehungen nicht vertieft. Auch die Gründe für ihre beinahe fanatische Professionalität werden bestenfalls angerissen, sodass einem beide Hauptfiguren die meiste Zeit über reichlich egal sind.
Auch die Geschichte bietet meist nur Stereotypen und wird erst im letzten Drittel wirklich spannend, wenn das Duell der beiden in die heiße Phase kommt. Davor tritt „Full Alert“ ziemlich auf der Stelle, zumal einer der beiden Protagonisten im Knast sitzt und seine Helfer nicht gerade zahlreich sind. Auch überraschend sind nur die letzten Minuten, wobei sich „Full Alert“ hier auch an bekannte Vorbilder anlehnt. Einzelne Suspense-Momente (Stichwort Tresor) kann der Film zwar verzeichnen, doch diese sind leider ziemlich dünn gesät.
Auch an Action wird kaum etwas geboten: Eine Autoverfolgungsjagd und der nicht allzu spektakuläre Showdown – das war’s. Dafür können sich beide Actionszenen sehen lassen, denn Ringo Lam inszeniert sie mitreißend und trotzdem bodenständig, ja sogar relativ realistisch. Ein sich überschlagendes Auto ist eine Seltenheit und auf Kameramätzchen oder besondere Ästhetik wird hier verzichtet. Dieser nüchterne Stil passt aber auch gut zu der dramatischen Ader des Films, der nicht auf Schauwerte aus ist.
So sind es auch die dramatischen Anflüge, welche „Full Alert“ noch retten. Aufgrund der mangelnden Charaktertiefe bleiben es zwar nur Anflüge, doch ähnlich wie „Heat“ verzichtet „Full Alert“ darauf seine Sympathien klar zu verteilen. Pao ist in seinem Ehrgeiz fanatisch, beleidigt und triezt Kollegen teilweise und vernachlässigt seine Familie, während Mak zwar ein Gangster ist, aber im Gegensatz zu einigen Komplizen kein Killer ist und seine Freundin aufopferungsvoll liebt. So halten sich bei beiden Figuren positive wie negative Eigenschaften die Waage (wenngleich bei beiden nur wenige und recht oberflächliche Merkmale gezeigt werden), aber zum Schluss können kaum beide gewinnen.
Auch die Darstellerriege, vor allem natürlich Lau Ching Wan und Francis Ng, macht aus den Figuren noch das Beste. Angesichts des talentierten Spiels der Besetzung ärgert es dann aber noch mal besonders, dass das Script sowenig zu bieten hat.
Regie und Darsteller holen hier wirklich das Maximum heraus, doch das Drehbuch ist leider ein Schlag ins Wasser: Kaum Innovationen, viel zu wenig Drive und zu oberflächlich gezeichnete Charaktere sorgen dafür, dass „Full Alert“ nur Mittelmaß ist.