Darstellerin Allison Williams scheint ein Händchen für ausgefallene Düsterfilme zu haben. Zwar spielte sie in „Get Out“ eher die zweite Geige, dafür darf sie in „The Perfection“ direkt ans Cello. Was Regisseur Richard Shepard hier abliefert, lässt sich irgendwo zwischen Psychothriller und Groteske einordnen und bleibt bis zum Schluss kaum vorhersehbar.
Einst war Charlotte (Allison Williams) ein Riesentalent der Bachoff-Schule unter der Leitung von Anton (Steven Weber), doch aufgrund der langjährigen Pflege ihrer Mutter hat es nunmehr Lizzie (Logan Browning) an die Spitze der Cellistinnen geschafft. Als sich die Ausnahmetalente in Shanghai bei einem Empfang begegnen, ist von Rivalität keine Spur, die Mädchen freunden sich rasch an. Doch während einer Busfahrt im chinesischen Nirgendwo nimmt das Schicksal seinen Lauf…
Es ist einer dieser Filme, an die man mit möglichst wenig Vorwissen an die Sichtung herangehen und dabei vor allem sämtliche Trailer ausklammern sollte.
Zwar fallen die Figurenzeichnungen zunächst ein wenig mager aus, doch das Zusammenspiel zwischen Charlotte und Lizzie zieht nicht nur auf musikalischer Ebene rasch in seinen Bann und punktet recht früh mit einer ästhetisch gefilmten Liebesszene, die erst den Anfang einiger Irrungen und Wirrungen markiert.
Aufgeteilt in vier Kapitel begibt man sich bereits nach einer halben Stunde aufs Glatteis und erfährt kurz darauf den ersten Twist, welcher beileibe nicht die letzte Wendung markiert.
Erstaunlich ist hierbei, wie unverblümt Shepard mit einigen unangenehmen Situationen der Figuren umgeht, was den einen oder anderen zart besaiteten Betrachter eventuell ein wenig anwidern könnte. Zwar wird im Verlauf keine explizite Schlachtplatte serviert, doch die wenigen, handgemachten Gewalteinlagen haben es durchaus in sich und treten meist unerwartet ein.
Und genau diese latente Ungewissheit, was denn hier eigentlich außer dem Cello gespielt wird, hält von Kapitel zu Kapitel bei Laune, ohne dabei in Arthaus-Gefilde abzudriften.
Das ist nicht nur der grundsoliden, mit starken Farbspielen angereicherten Inszenierung zu verdanken, denn Williams und Browning performen überaus facettenreich und gleichermaßen bodenständig, während Weber als Leiter des Musikinstituts ebenfalls eine starke Leistung hinlegt. Gleichwohl zu den Höhepunkten zählen die Kompositionen fürs Cello, während der Score von Tangerine Dream Urgestein Paul Haslinger für atmosphärische Spitzen sorgt.
Zwar kommt eine Geschichte mit so vielen Ecken und Kanten kaum ohne Ungereimtheiten aus und im finalen Akt wird etwas sehr dick aufgetragen, doch der Hintergrund stimmt durchaus nachdenklich und offenbart, dass es im weiten Feld der Düsterfilme immer noch frischen Wind geben kann, - denn „The Perfection“ pustet ordentlich durch.
Knapp
8 von 10