TKKG - Das immerwährende Vollspackenprogramm fürs Kinderzimmer erfährt nach 40 Jahren eine Kur, die von den Machern als zeitgemäß verstanden wurde. Dabei läuft jedoch weniger schief als ich es von deutschen Filmen und ganz besonders von deutschen Kinderfilmen gewohnt bin.
Das Umschreiben der Figuren gibt die Möglichkeit, den Anachronismus der Ursprungsserie endlich mal loszuwerden. Tarzan/Tim ist kein totaler Vollspacken mit Altherrenattitüde mehr, er ist jetzt Parcoursläufer, der illegal mit der Farbdose urbane Elendsecken umgestaltet, zu denen er tatsächlich einen wirklichen Bezug hat. Sonst wohnen da ja innerhalb der Serie nur prototypische Verbrecher mit Hakennasen und slawisch klingenden Nachnamen. „Da vorne - das Haus mit dem verwahrlosten Vorgarten und den leeren Schnapsflaschen gleich neben dem Zigeunerwagen. Da muss Hakennase Stibitzki wohnen.“
Tarzans/Tims Mutter scheint einen Migrationshintergrund zu haben und arbeitet in einem Asia- oder Orientladen. So viel Bodenständigkeit ist schon fast zu viel des Guten.
Klößchen erweist sich als Kind, das an Wohlstandsverwahrlosung größter Ausprägung zu knabbern hat. Essen ist Trost. Hier wird großzügig auf Bodenständigkeit verzichtet und im Hause Sauerlich herrschen grenzenlose Dekadenz und Eskapismus zur Kompensation der inneren Leere. Reich sein war in den 80ern geil, heute ist man scheinbar weiter.
Gaby kommt zeitgenössisch erwartbar patent und eigenwillig daher. Sollte man ihr sagen, dass Mädchen abends ins Bett und nicht ins Abenteuer gehören, würde sie den Mittler der Botschaft eiskalt mit ihrem Saxophon erschlagen. Zudem weist sie Tim bei Handgreiflichkeiten zurecht und wurde eher burschikos als damenhaft ausgelegt.
Karl hingegen ist als Figur eher auf seine Klischees reduziert als von ihnen befreit worden. Ein wenig mehr Schlagkraft hätte man ihm schon gönnen können.
Die Story ist ein Flickwerk aus einigen Folgen zwischen 1 und 60 mit Fokus auf die ersten drei Folgen und bietet kindgemäße Unterhaltung. Die nostalgische Ausprägung schlägt sich in einem wirren Mix aus Achtzigern, Neunzigern und den Nullerjahren nieder, der aber gerade der Elterngeneration der jetzigen Zielgruppe zuweilen ein Lächeln entlocken dürfte. Gabys Shirts schreien quasi „1979!“, Tims BMX und Walkie Talkies erinnern an die Mitte der 80er, die Computer sind eher 90er als state of the art und Tobi und das Bo läuten zu Beginn das neue Jahrtausend ein. Da hat sich jemand ausgetobt.
Der komponierte Teil des Soundtracks klingt wie ein Ausschuss von „Stranger Things“ und bedient so der filmischen Prämisse angemessen die Retrowelle.
Die erwachsenen Darsteller machen alle einen überraschend guten Job und verzichten auf nerviges Overacting. Gerade Tom Schilling hat mir hier sehr gut gefallen. Auch Milan Peschel passt gut in seine etwas schräge Rolle. Trystan Pütter als Kommissar Glockner kommt sympathisch rüber. Also alles gut.
Fazit
Der Film nervt im Vergleich zur Vorlage deutlich weniger (Wen wundert‘s?) und hebt sich auch qualitativ von den bisherigen Verfilmungen „Drachenauge“ und dem Kram mit der Mind-Machine (Typischer deutscher Kinderfilmschrott!) positiv ab.
Dabei bedient er auch die erinnerungsfreudige Elterngeneration in Bild und Ton und befreit die Figuren endlich von ihren vollkommen aus der Zeit gefallenen Eigenarten, wenngleich mancher Wandel zu überzogen daherkommt.