In einer Zeit, in der es kaum Hoffnung und Stolz für Korea gab, nämlich Anfang des 20. Jahrhunderts, als König Kojong dazu gezwungen wurde, den Ulsa-Vertrag zu unterzeichnen, der Korea unter ein Protektorat Japans brachte, und somit die Annektierung fünf Jahre später vorbereitete, war es ein Baseball-Team, dessen Erfolg nicht nur zu dem Aufstieg des sonst so amerikanischen Spieles zum Nationalsport führte, sondern auch dazu, dass die durch die japanischen Militärs unterdrückten, koreanischen Bürger wieder so etwas wie Mut und Selbststolz entwickelten. Im Jahre 1906 war es das "YMCA Baseball Team", die erste koreanische Baseball-Formierung aus Seoul, das den Grundstein für nunmehr fast 100 Jahre Sporttradition in Korea legte.
Drehbuchautor Kim Hyun-seok, der bereits den politisch engagierten "Joint-Security Area" schrieb, suchte sich jenen interessanten Stoff für sein Regiedebüt aus. Und auch wenn sich der politische Background vielleicht zuerst als schwerer Stoff lesen lässt, so ist "YMCA Baseball Team" eindeutig eine Sportkomödie, dementsprechend leichtfüßig erzählt. Zwar dringen oft ernste, gar dramatische Töne durch, aber die positive, verspielte Grundstimmung wird dadurch nie angegriffen. Hyun-seok veredelt seine Komödie somit eher, indem er den Witzen ein ernstes Fundament gibt, als dass er ihr den Humor nimmt.
Kang-ho Song, nach seinen beiden ernsteren Rollen in "Sympathy for Mr. Vengeance" und "Joint-Security Area" spielt Ho-chang, die liebenswerte Hauptfigur. Ein Nichtsnutz, wie er im Buche steht: Obwohl sein gelehrter Vater, der eine Schule betreibt, ihn gerne als sein weiser Nachfolger sehen würde, drückt sich Ho-chang lieber auf den grünen Wiesen Koreas herum, und spielt mit seinem Freund Kwang-tae Fußball, anstatt seinen Geist und sein Wissen annähernd auf das vorzubereiten, was sein Vater von ihm sehen möchte. Längst hat Ho-chang sich damit abgefunden, dass er nicht so klug ist, wie ihn sein Vater gerne hätte. Als eines Tages der Fußball auf das Anwesen amerikanischer Missionare kullert, traut Ho-chang seinen Augen nicht: Die Amerikaner spielen ein fremdartiges Spiel, mit einem viel zu kleinen Ball, den sie sich gegenseitig zuwerfen. Trainingseinheiten für Baseball, wie wir wissen.
Ho-chang wird neugierig, und lernt die attraktive Jung-rim kennen, die einst in den USA studiert hat, und somit dolmetschen kann. Aufgeregt wie ein Kind ist Ho-chang, als er die Regeln des neuen Spiels begreift, und schließlich den Entschluss fasst, der erste Koreaner zu werden, der diese Sportart erlernt. Er sucht sich ein ehrgeiziges Baseball-Team aus Seoul zusammen, das gezwungenermaßen bunt aussieht: Ein landadeliegr Aristokrat und sein Diener, zwei Zwillinge, ein Stummer, und einige weitere, gewöhnliche Arbeiter. Ho-chang, der sich zu der Trainerin Jung-rim hingezogen fühlt, bekommt Konkurrenz, in Form des japanischen Pitchers Dae-hyeon. Dennoch spielt sich der Haufen in die Herzen der Bürger, besonders, weil das "YMCA Baseball Team" ungeschlagen bleibt.
Die Geschichte des Teams verläuft jedoch nicht weiterhin so harmonisch. Ho-chang muss seine neu entdeckte Liebe für den Sport vor seinem strengen Vater geheim halten, und seine ebenfalls neue Liebe für Jung-rim zügeln, da diese scheinbar mehr interessiert an Dae-hyeon ist. Dann begeht Jung-rims Vater, ein hochdekorierter Politiker, Selbstmord, aus Protest gegen Ulsa-Vertrag. Und Kwang-taes Vater ist Opfer eines Anschlages, da dieser sich sehr für die japanische Vorherrschaft einsetzt. Zu allem Überfluss scheint Dae-hyeon der Drahtzieher zu sein, der in einer politisch motivierten, radikalen Gruppe ist. Es kommt, wie es kommen muss: Das Team zerfällt. Dae-hyeon und Jung-rim offenbaren sich als Mitglieder einer anti-japanischen Bewegung, und müssen jederzeit mit einer Verhaftung rechnen; Ho-chang versucht die Stimmung seines Vaters milde zu stimmen, in dem er sein bestes gibt, doch noch ein weiser Lehrer für die Kinder in der Schule zu sein.
Natürlich kommt es zu einer dramatischen Wiedervereinigung, zu einem letzten gemeinsamen Spiel gegen die Japaner, und es kommt natürlich auch zu dem unweigerlichen Triumph. Schließlich ist das ein Sportfilm. Es geht immer noch um Ehre, Teamgeist, Freundschaft, Verbundenheit. Und zum Schluss setzen manchen Figuren im Film ihre Prioritäten: Lieber nicht als politische Flüchtlinge von dem Spielfeld türmen, sondern ehrvoll und aufrecht den letzten, großen Sieg der eigenen Mannschaft miterleben. Der olympische Gedanke und kühner Patriotismus fügen sich hier zu der loyalen Grundhaltung und Aussage des Filmes zusammen. Sicherlich ein wenig berechenbar, aber durchaus schön anzusehen.
Die Optik des Filmes ist sehr naturalistisch. Warme, unverfälschte Farben und eine eher ruhige Kameraführung zeichnen den Stil des Filmes aus. Sportfans mögen den eher langsamen Erzählrhythmus außerhalb des Spielfeldes kritisieren, jedoch muss man bedenken, dass dies ein "period movie" ist, und dass daher schon die übereifrige "Matrix"-Anspielung im Finale schon zu viel des Guten sein dürfte. Als Film, der im Seol 1906 spielt, kann man kein Tempo wie in vergleichbaren, zeitgenössischen Filmen fahren. In den Spielszenen jedoch schafft es Regisseur Hyeon-seok jene graziöse, energetische Spieldynamik, wie schon in Sam Raimis "Aus Liebe zum Spiel" einzufangen, die jeden Baseballfan erfreuen wird.
"YMCA Baseball Team" ist mit Sicherheit kein Meisterwerk. Weder die dramatische, noch die komische Seite der Story sind hier vollends ausgeschöpft worden. Dennoch wird man nach Beendigung des kleinen, herzerwärmenden Sportfilmes kaum Klagen haben. "YMCA Baseball Team" ist Entertainment pur, ohne auf Anspruch und technische Qualitäten zu verzichten.