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Eigentlich soll die Vogelscheuche als Abschreckung für Vögel dienen, zum Schutze der Ernte. Doch hier dient sie als Mordinstrument und dürfte Werke wie "Paratrooper" oder "Night of the Scarecrow" inspiriert haben. "Nacht für Nacht, Die Rache des Gelynchten" oder "Dark Night of the Scarecrow" wie man ihn auch nennen will, er bringt eine neue Form des Grauens auf die Mattscheibe. Dabei handelt es sich hierbei nur um eine TV-Produktion, dank des brillanten Frank De Felitta (Final Instinct, In der Falle - Angriff der Killerhunde) merkt man dies in keiner Sekunde. Ich gehe soweit und sage, dass es sich bei "Die Rache des Gelynchten" um ein kleines Meisterwerk des 80er Jahre Horrors handelt, welches heute leider sehr rar ist und dementsprechend unbekannt.

Der geistig zurückgebliebene Bubba Ritter (Larry Drake) und die kleine Marylee Williams (Tonya Crowe) sind beste Freunde. Doch dem Postboten Otis Hazelrigg (Charles Durning) und seinen drei Kumpanen ist Bubba schon lange ein Dorn im Auge. Und schließlich kommt es zur Katastrophe als Marylee von einem Hund angefallen wird und vermeintlich tot ist. Sofort eröffnet Hazelrigg die Jagd auf Bubba, dieser versteckt sich in einer Vogelscheuche und wird dort von den Schießwütigen hingerichtet. Hazelrigg und seine drei Helfer kommen mit ihrer Lügengeschichte vor Gericht durch, doch plötzlich findet einer nach dem anderen einen grausamen Tod. Marylee behauptet, Bubba sei in Gestalt einer Vogelscheuche zurückgekehrt und übt nun grausame Rache an seinen Mördern.

"Die Rache des Gelynchten" ist einer der seltenen Werke, die von einem gemächlichen Erzählstil leben und trotzem jegliche Durststrecke vermeiden. Die Story ist nicht unbedingt originell, gerade in den 80er Jahren war die Selbstjustiz in der Filmwelt auf einem Höhepunkt angekommen. Doch selten so intensiv und atmosphärisch dageboten wie in diesem TV-Horrorfilm. Vor allem da es hier um einen geistig zurückgebliebenen Menschen geht, der mit seinen 36 Jahren gerade auf dem Stand eines Kleinkindes ist. Schon oft musste er als Sündenbock herhalten, nur die kleine Marylee und seine eigene Mutter (Jocelyn Brando) hielten immer zu ihm. So wird Marylee von einem Kampfhund angefallen, Bubba rettet ihr das Leben und wird kurze Zeit später von Hazelrigg, seinen Kumpanen und zwei Hunden gehetzt. Mit 28 Kugeln wird er regelecht durchsiebt, schon hier hasst der Zuschauer die Schießwütigen um Hazelrigg, ihre Lügen vor Gericht machen das Ganze noch schlimmer. Doch schon Mutter Ritter warnt, dass es noch eine andere Gerechtigkeit gebe und wäre der Titel nicht so eindeutig, dann könnte man sich wahrlich nicht sicher, ob Bubby die Morde begeht. Es deutet auch einiges auf seine Mutter oder den Staatsanwalt Sam Willock hin. Die Beiden hat auch Hazelrigg zunächst in Verdacht, denn vor ihrem Tod finden die Opfer immer die Vogelscheuche auf ihrem Grundstück.

Felitta kommt bei den wenigen Morden immer ohne Blut aus. Er setzt auf eine atmosphärische Vorbereitung und jeder Mord läuft anders ab. Es sieht hinterher immer aus wie ein Unfall, weshalb die Polizei die Ermittlungen nicht aufnimmt. Felitta dreht die Spannungsschraube kontinuirlich an, nicht nur ein paarmal bekommt der Zuschauer eine Gänsehaut, dabei leistet auch der brillante Score seinen Verdienst. Jedoch muss man sich bis ganz ins Finale gedulden, bis man die Vogelscheuche kurz in Aktion sehen darf. Und man braucht auch keinen actionreichen Showdown erwarten, "Die Rache des Gelynchten" verläuft erfreulich bodenständig, eigentlich mangelt es nur der Story an Innovation. Zu loben sind auch die Darsteller und zwar durchweg. Larry Drake (Darkman, Dr. Giggles) hat zwar nicht viel Screentime, überzeugt aber als geistig Zurückgebliebener. Noch etwas besser ist Charles Durning (Dick Tracy, Der Cop), der herrlich fies den scheinbar netten Postbeamten Hazelrigg mimt. Ausser Lane Smith (Air America, Mighty Ducks) und Robert F. Lyons (Murphys Gesetz, Death Wish II) ist der restliche Cast ziemlich unbekannt.

Es mag eine eher überraschungsarme Story sein, doch Felitta gelingt hier ein suspensehaltiger Geheimtipp für Horrornostalgiker, der ganz ohne Goreeffekte auskommt. 88 Minuten purer Grusel mit tollen Darstellern, einem exzellenten Score und trotz des gediegenen Erzähltempos nie langweilig. Es wird Zeit für eine DVD, damit alle Fans dieses altmodische Stück Horror genießen können.

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