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Das Große Affentheater um den Herrn der Affen, ohne Zirkus!


Tarzan ist wohl jeder Altersgruppe ein Begriff. Die Geschichte um den von Affen grossgezogenen Buben nahm 1912 seinen Anfang, dessen Erfinder, Schriftsteller Edgar Rice Burroughs, den ersten Tarzanroman "Tarzan bei den Affen" niederschrieb. Es folgten weitere Bücher und unzählige Verfilmungen, angefangen mit den berühmtesten Darsteller des Leinwandhelden mit Lendenschurz Johnny Weissmüller, sowie Lex Barker bis in die Neuzeit mit Alexander Skarsgard. Doch keine Adaption überragte so sehr, wie "Greystoke". Regisseur Hugh Hudson setzte eine leider heute weniger Beachtung geschenkte Filmperle in die Welt. Für Filmkenner-und Schätzer ein wahrer Cineastenschatz, der meiner Meinung die 80er mitprägte und wohl die beste Verfilmung um den humanen Affenjungen stellte. Knapp 46 Mio. Kinokasse sollen nicht darüber hinwegtrüben, sowie drei Oscarnominierungen und sonstige europäische Auszeichnungen und Nominees.

Nachdem John Clayton mit seiner Frau den Adelssitz in England verlassen, um eine Seereise in die Tropen zu unternehmen, erleiden sie Schiffbruch und stranden an einsames, von der Zivilisation abgeschottenes, afrikanisches Eiland. Allein auf sich gestellt und umgeben von einer Horde Schimpansen und Urwald, gebären sie schon bald einen Sohn. Die Mutter stirbt nach langer Krankheit, John Clayton wird von dem Hordenanführer getötet, der neugeborene Spross von den Affen genommen und grossgezogen. Er wächst unter den Bedingungen, den Ritualen, der Sprache der Tiere auf, die ihn akzeptieren. Bis ein vom britischen Museum beauftragter Expeditionstrupp um den belgischen Leiter Phillippe D’Arnot im Dschungel Halt macht, um Erkundungen zu treffen, auf die Meute um den aufgezogenen Nachfolger John Clayton / Tarzan stösst und in einen tödlichen Hinterhalt Eingeborener gerät. Einige Männer können fliehen, Philippe kann sich verletzt verstecken und wird von Tarzan versorgt, bis der Tag kommt, an dem Philippe den jungen Mann seine Herkunft erklärt und ihn vor die Wahl stellt: Ein Leben im Urwald, oder in der Zivilisation, als Erbfolger Greystokes. Ein abenteuerliches Unterfangen beginnt, mit Problemen jeglicher Art.

Das Abenteuerdrama beginnt mit einer klassisch musikalisch unterlegten Overtüre,die einer Operette gleicht, bevor es an die eigentliche Geschichte geht. Man kann hier getrost sagen, was man will, aber hier stimmt einfach alles, was gutes und bisweilen anspruchsolles Kino ausmacht. Beginnend mit der edlen Ausstattung, der Optik und dem tollen Ensemble, allen voran"Highlander" Christopher Lambert in einer seiner besten Rollen als John Clayton, dessen Darstellung, die gratwandert zwischen bürgerlichem Zivilisten und doch wilderzogenen Primaten, Publikumsherzen höher schlagen lässt. Auch zu begrüssen wäre die Leistung von Ian Holm als Phillippe D’Arnot; einfühlsam und menschlich. Hier wurde allem voran auf intensiv gepflegtes Schauspiel gesetzt, welches auf höherem Niveau schwebt. Zu alldem gesellt sich die grandiose Story, die in ein wunderbar geschriebenes Skript gepackt wurde, ohne das auf Zivilisationskritik verzichtet wurde. Getaucht wurde das fast schon Gemäldeartige Leinwandepos in abenteuerlich atmosphärischen und malerischen Kulissen unberührter Urwaldnatur, begleitet von der klassischen Musik von John Scott, der einigen Werken mit seinem Sound Leben eingehaucht hatte.

Was wäre ein guter Dschungelfilm bloss ohne wilde Tiere? So wurden die allermeisten Affen von Trickspezi und Maskenbildner sowie Mehrfach Oscargewinner Rick Baker hergerichtet und man merkt jede Minute die Meisterleistung eines Genius,der hier am Werk war. "Greystoke" ist ein einprägendes und intensives Filmerlebnis, ein Klassiker in Reinkultur; spannend, unterhaltsam, lehrreich und mit tragender Botschaft. Eine Parabel, um Menschlichkeit, Integration und das Wilde im Menschen oder Tierreich. Wer oder was ist zivilisiert, welche Werte tragen dazu bei, was macht den Wilden aus? Fragen, die sich hier stellen, aber dem Zuschauer überlassen werden, sie zu beantworten, gleichzeitig Anstösse geben.

Verschmolzen mit der tollen Leistung der Kameracrew, die welche edlen Bilder affenstark eingefangen haben, was vor allem in der ersten Hälfte des Films zu tragen kommt, in der das Verhalten innerhalb einer Tierherde einprägsam geschildert wird; wortlos aber mit aller Eindringlichkeit, während im zweiten Akt des Filmes die Parallelwelt der edlen Zivilgesellschaft hübsch geschmückt und ohne falsche Sentimentalitäten bebildert wird. Zwei Gesellschaftsformen in einer Welt, in der sich John für eine entscheiden muss und dies dem geneigten Zuschauer näher gebracht wird.

Vielleicht die beste und ernsthafteste Adaption des Romanstoffes, die zum Nachdenken einstimmt und in wunderbaren Bildern schwelgt, vom klassen Schauspiel seiner Darstellerriege lebt und eine einprägende Kulisse projiziert. 80er Spektakel, das man gesehen haben muss!


Ist die FSK:12 Freigabe gerechtfertigt? Für jüngeres Publikum auf keinen Fall zu empfehlen; brutale Bilder werden hier auch gegeben, sowie eine düstere Grundstimmung, sowie Tierverstümmelungen und die dunkle Atmosphäre der Kolonialzeit! Ab 12 geht so in Ordnung!

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