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Spanischer Bürgerkrieg: Nachdem die Stadt Guernica von den Faschisten dermaßen ausradiert wird, daß nur der titelgebende Baum als Freiheitssymbol unversehrt übrig bleibt, soll als nächstes Villa Romero erobert werden. Goya, ein aus der Art geschlagener Sohn des lokalen Aristokraten, und die sog. Hexe Vandale führen den Widerstand im Dorf an und verlieben sich in diesem zum Scheitern verurteilten Kampf.



Verarbeitete Arrabal in VIVA LA MUERTE noch seine eigenen Kindheitspsychosen und war ICH WERDE LAUFEN WIE EIN VERRÜCKTES PFERD eine Allegorie auf die Diskrepanz Natur/Zivilisation, widmet er sich mit L ÁRBRE DE GUERNICA der Zerrissenheit eines ganzen Volkes.

Während die beiden Vorgänger experimenteller und eher assoziativ mit jeweils wunderschönen surrealistischen Einfällen glänzten, überrascht hier die größtenteils stringente Handlung. Leider wirken dadurch die sonst üblichen, vor allem blasphemischen Panik-Theater-Attacken durch das Einbinden in die Spielhandlung mitunter etwas deplaziert, insbesondere eingedenk der Ernsthaftigkeit, mit der sich Arrabal in seinem tief persöhnlichen Haß auf die Faschisten suhlt.

Vielleicht würde das sogar noch funktionieren, wäre da nicht die unbeholfene Lovestory, die den gutgemeinten Revolutionsaufruf dämpft. Wenn Arrabal schon Identifikationsfiguren einführen muß, dann sollte er ihrer Annäherung mehr als zwei Filmminuten widmen. Die Rede ist hier keinesfalls von einer Anbiederung an Hollywoodschmalz, sondern davon, überhaupt den Versuch zu unternehmen, sie ihrer schablonenhaften Eindimensionalität zu entheben und Anteilnahme an den Widrigkeiten ihrer Liebe und ihrem Mut weiterzukämpfen, zu erzeugen. Das würde sie von der Schwarz-Weiß-Welt der Faschisten abheben, jedoch nicht ihr revolutionäres, aber pamphletisches und deshalb nicht weniger austauschbares Phrasengedresche. Aber so geht einem das ziemlich am Arsch vorbei.

Darüber hinaus wirkt der ganze Film unentschlossen, Personen werden eingeführt ( z.B. Bruder Nr. 3 und 4), nicht weiterverfolgt, sowie Szenen scheinen zu fehlen: Es ist unwahrscheinlich, daß Arrabal eine Blendungsszene - inkl. Nahaufnahme - aussparen würde (Man bedenke den arrabalesken Symbolcharakter!). An schauspielerischem Unvermögen kann es nicht gelegen haben, denn seltsamerweise wurde eine andere Schlüsselsszene, in der ein Kreuz gegen einen Spaten getauscht wird, trotz einer im wahrsten Sinn des Wortes lächerlichen Komparsenleistung verwendet.



Was bleibt? Einige wirklich eindrucksvolle Bilder, eine unausgegorene Lovestory und ein plakativer Aufruf an alle Libertäre dieser Welt. Plump genug für die Antifa, ansonsten zu wenig um zu bewegen, aber trotz aller Mängel zuviel, um vergessen zu werden.

P.S.: Ich kenne zwar seine späteren Filme nicht, aber mich erinnert Arrabals dritter Film sehr an das Dilemma mit den EINSTUERZENDEN NEUBAUTEN: Der Zauber war vorbei, als der Krach mit Musik zu Musik mit Krach mutierte und L ÁRBRE DE GUERNICA ist vermutlich Arrabals Peripetie.



Kritik-Grundlage: Cult Epics DVD

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