Nun hat es Scalps doch noch ungekürzt in deutsche Landen geschaft.
Der Sehr-Spät-Western (auch was Italiens Filmindustrie betrifft) trampelt auf noch gar nicht so verbrauchten Schleichpfaden, denn weder die düsteren Heldenepen vom Schlag eines Django werden bedient (hätte Mattei eh nie hinbekommen), noch die glorreichen Kunstwerke eines sergio Leone (kein Kommentar). Stattdessen schlägt der Film in die Kerbe des US-Erfolges Soldier Blue, ein Film mit simplem Erzähl- und Spannungsbogen, hinter dessen so leicht erscheinenden zwischenmenschlichen Beziehungen (Liebe,Hass) keine verklemmter Südstaatenromantiker schwülstige Luft rüberbläst, sondern ein stets verharmloster Konflikt (diskriminierte Indianer, die ihre eigenen Methoden nie hinterfragen und selbstherrliche Südstaatler, deren Herrenmenschenideologie sich als reine Ich-hab-die-Gelegenheit-also-tu-ich-es-dir-an-Geilheit herausstellt), welcher in bestialischer Gewalt über den hilflosen Zuschauer hereinbricht.
Doch wo "Soldier Blue" eine durchdachte und letztlich schockierend menschliche Inszenierung wählt, um einen einzigartigen Klassiker zu kreieren, wählt Mattei freilich die dicke Blutwurst und lässt seine bildschöne Häuptlingstochter von einem perversen, notgeilen und vollkommen wahnsinnigen "Körnel", der den Verlust des Krieges mit Blutzoll wieder wettmachen will, verfolgen. Dass Vasili Karis als etwas mäßig charakterisierter, dennoch überzeugender Helferling und Moralapostel, der sich jedoch am Ende doch noch zum Wurstmacher entwickelt, in die Handlung eintreten muss, ist wohl doch so eine Hingabe an den Italowestern.
Dieser Film wurde in jeder erdenklicher Hinsicht kritisiert, oft warf man Mattei sein Untalent vor, oft die billige Machart des Streifens, doch soo schlecht ist der Splatterwestern nicht!
Wird die erste Hälfte noch behäbig erzählt und scheint mit zu langem Zurschaustellen von ach-so-Originalgetreuen Kleidungsstücken tatsächlich ins land der preiswerten Schlafhilfe zu führen, retten genau zwei Dinge den Film: die bezaubernde Hauptdarstellerin - was für eine Wilde!!! - und der teilweise immense Grad an Sadismus und billigen Goreeffekten, der die zweite Hälfte, die fast nur aus "Du-bist"-Jagdszenen besteht (mal jagen sie, mal werden sie gejagt), ausmacht.
Provokante Western gibt es nicht gerade zu hauf, da gibt es Beschlagnahmte blutige, Beschlagnahmte pornographische und ein Paar, die einfach aus der Reihe tanzen - und "Scalps" gehört zu letzterem.
Erwähnt werden müssen die grausame Folterung Vasilis (wie die Macher nur DARAUF kamen) und dass die Skalpierungen recht armselig gemacht sind, dafür wird Opas Perücke recht oft in den Ketchup getaucht - das gibts sonst nirgendwo!
Fazit: Auch wenn der Film optisch nicht so viel hergibt, schauspielerisch und auch inhaltlich geht das weit mehr in Ordnung als das zweihundertste Django-trifft-Sartana-in-Amigos-Hurenhaus-Plagiat.