„Cradle 2 the Grave“, den Warner hierzulande für alle weniger Gebildeten in „Born 2 die“ umtaufte, ist die neueste Zusammenarbeit von Produzent Joel Silver und Regisseur Andrzej Bartkowiak.
Der Gauner Tony Fait (DMX) klaut mit seiner Clique auf raffinierte Weise Diamanten, wobei es speziell um eine Ladung schwarzer Diamanten geht, die dem Gangster Ling (Mark Dacascos) gehören. Derweil bekommt sein Auftraggeber Besuch von dem taiwanesischen Polizisten Su Duncan (Jet Li), der geschickt aus ihm herausprügelt, wo Tony und seine Crew den Raub begehen. Der Beginn ist ganz ordentlich, wenn auch ohne Action. Dafür überzeugt die spektakuläre Fassadenkletterei von Su und die witzige Szene, in der Tommy (Anthony Anderson) den schwulen Wachmann ablenkt.
Su informiert die Polizei, aber Tony und seine Bande können rechtzeitig fliehen. Einen von ihnen kann Su zwar stellen und niederklöppeln, doch die schwarzen Diamanten entkommen mit Tony. Der bringt sie direkt zu seinem Hehler Archie (Tom Arnold). Dieser soll sie verkaufen; ein Plan, an dem Tony auch nach einer Konfrontation mit Su festhält. Ähnlich wie Anthony Anderson bringt Tom Arnold als alter Chaot einen Schuss Humor in den Film, was zeigt, dass Andrzej Bartkowiak an seinem Rezept festhält.
Doch Ling und seine Truppe halten nicht viel davon die Steine zu kaufen und krallen sich stattdessen lieber Tonys Tochter, die sie gegen die Klunker austauschen wollen. Zu allem Überfluss klaut noch ein anderes Syndikat Archie die Steine, so dass Tony mit leeren Händen dasteht. Da beschließt er, sich mit Su zusammenzuraufen, damit dieser die Diamanten und er seine Tochter wiederbekommt...
Schade, dass Joel Silver in seinen neueren Werken es selten schafft nicht nur gute Action, sondern auch einen vernünftigen Plot zu zeigen. Mit „Exit Wounds“ gelang es ihm, aber bei „Cradle 2 the Grave“ geht es in die Hose. Spannung kommt selten auf und das Drehbuch war anscheinend nicht existent. Wirklich gute Wendungen gibt es kaum, dafür hilft öfter der unrealistische Zufall. Beispiel: „Die Steine sind bestimmt in dem Club.“ – „Woher weißt du das?“ – „Ich weiß es einfach!“ Immerhin die Humorkomponente kann überzeugen, auch wenn es weniger Gags als in „Exit Wounds“ sind. Stellenweise nervig ist aber die Tatsache, wie Andrzej Bartkowiak zwischen einzelnen Handlungen bzw. Figuren hin- und herspringt. Anfangs ist dieses noch relativ OK gemacht, aber ab der Mitte nimmt der abrupte Wechsel zwischen parallel laufenden Handlungen nervige Ausmaße an.
Jet Li macht eine gute Figur als Hauptdarsteller, auch wenn er nur auf Popcornniveau agiert. DMX agiert auf seinem typischen Rapper-im-Film-Niveau, also nicht zuviel erwarten. Gabrielle Union sieht gut aus, spielt aber auch nicht so besonders. Sehr witzig hingegen präsentieren sich Tom Arnold und Anthony Anderson, die einen wieder mit witzigen Performances begeistern können. Die Bösewichte Mark Dacascos und Kelly Hu agieren ebenfalls herrlich fies, sind aber leider Gottes verschenkt, da sie kaum On-Screen Zeit haben – bei ihren Kampfkünsten eine Verschwendung.
In gewisser Weise möchte man „Cradle 2 the Grave“ auch als einen der teuersten Trashfilme aller Zeiten bezeichnen, denn einiges ist recht trashig, z.B. wenn der Hehler sogar einen Panzer im Angebot hat oder es in eine Gladiatorenkampfarena wie in diversen B-Movies geht. Teilweise kann dieser Trashfaktor dann auch amüsieren und über Drehbuchschwächen hinwegtäuschen, aber teilweise verärgert er auch, zumal der Film von Joel Silver produziert wurde, der mit „Stirb langsam“, „Last Boy Scout“, „Lethal Weapon“ usw. Actionfilme der absoluten A-Klasse ohne einen Hauch von Trash produzierte. Über die Logik sollte auch hinweggesehen, denn da gibt es auch viele sehr offensichtliche Fehler, z.B. wenn jemand unverletzt aus einem soeben explodierten Hubschrauber steigt, das blödsinnig-unlogische Geheimnis der Klunker sowie die total unplausible Sterbeszene am Ende.
Die Action bietet in erster Linie Martial Arts, die zum Glück mit einem Mindestmaß an Drahtseilen inszeniert wurden und dann meist für die Unerfahrenen wie DMX. Die Kämpfe sind sehr spektakulär, mit moderaten Härten und gut anzusehen. Schade nur, dass Mark Dacascos und Kelly Hu nur jeweils einmal kämpfen (und Hu vollkommen unrealistischerweise als kampferfahrene Gangsterin einer Diebin unterliegt). Ansonsten noch ein paar nette Ballereien, wenn auch nur am Ende und qualitativ nur ganz OK. Zudem gibt es noch ein paar rasante Verfolgungsjagden, die recht gut gemacht sind und mit einem Quad sogar ein neues Fluchtfahrzeug präsentieren. Es könnte aber mehr Action sein, auch wenn es nicht so wenig ist wie in „Romeo must die“ und besser verteilt.
„Cradle 2 the Grave“ ist zwar ganz unterhaltsam und bietet nette Action, aber das schwache Drehbuch und der Trashfaktor kosten Punkte. Actionfans können einen Blick riskieren, wenn auch eher auf DVD.