Auf die Hörner genommen
„Antlers“ war lange angekündigt, u.a. von Guillermo Del Toro produziert und ging dieses Jahr im Kino dennoch baden. Ich konnte ihn auf Grund des zeitgleich laufenden Fantasy Filmfests zu dem Zeitpunkt nicht angucken, wollte ihn aber unbedingt noch vor dem silvestrigen Kassensturz nachholen. Erzählt wird in einer atmosphärischen Mischung aus Verbinskis „The Ring“ und Del Toros eigenem „Mimic“ von einem aggressiven Waldgeist, der Besitz von einem Vater und seinem Sohn ergreift. Der zweite kleine Sohn der Familie fällt durch die alptraumhafte Situation daheim in der Schule natürlich auf und bestialische Mordfälle in der Gegend lassen nicht nur seine sorgsame Lehrerin aufhorchen…
Düstere und realere Themen als Kindesmissbrauch (und damit gar nicht mal nur der sexuelle) und Gewalt in der Familie wird man kaum finden können. Das eignet sich als Boden für packenden, schmerzhaft in der Realität verankerten Horror sehr gut. Trauma bei Kindern allgemein. „Pan's Labyrinth“ hat es etwa nahezu perfekt vorgemacht. Und an dieser Messlatte oder allgemein seinem Unterbau gemessen, bringt „Antlers“ viel zu wenig auf die Wage. Als Creature Feature im Grunde ebenso, mit seiner viel zu dunklen Ausleuchtung etwa. Und doch ergibt die Symbiose aus den beiden ungleichen Teilen zumindest auf dem Papier dennoch fesselndes Genrezeug. Und auf der Leinwand immerhin grundsoliden Monsterhorror mit deprimierender Grundstimmung. Die furchtlosen Kinderdarsteller muss man loben. Der Look ist erstklassig und teuer. Die Effekte und das Kreaturendesign sind fabelhaft, erinnern ein wenig an „The Ritual“ von 2017. Wenn man das Ding denn mal in seiner halbwegs vollen Pracht zu sehen bekommt. Wieder mal das nicht totzukriegenden Wendigo-Thema. Keri Russell ist eine verlässliche, wenn auch etwas austauschbare und steife Leading Lady. Und das Ende gibt sich dann gänzlich den komplett berechenbaren und feigen Genregepflogenheiten hin. Ich will gar nicht daran denken, wieviel mehr Del Toro selbst aus dem Stoff hätte herausholen können…
Fazit: hochwertiges und um eine sehr düstere, reale Ebene erweitertes Creature Feature, das jedoch durch zu wenig Spannung und keine klare Konzentration auf eine seiner üppigen Eigenschaften abrutscht. Nicht ganz in die Belanglosigkeit. Aber fast.