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"Der menschliche Makel", ist einer jener Filme, die mit einem grandiosen Staraufgebot aufwarten können - und letztlich, an diesem beinahe scheitern.
Dabei kann man sich eigentlich keine besseren Vorzeichen für einen potentiellen, anspruchsvollen Kinoerfolg vorstellen. Ein Drehbuch basierend auf Philip Roths gleichnamigem, Pulitzerpreis gekröntem Buch und mit Anthony Hopkins, Nicole Kidman, Gary Sinesi und Ed Harris eine Schauspielerriege, die man getrost als das who is who des Charakterdarsteller-Fachs bezeichnen kann.

Anthony Hopkins spielt den angesehen College Professor Coleman Silk. Als er auf Grund einer unbedachten Äußerung des Rassismus bezichtigt wird erscheint der Vorwurf lächerlich. Doch Coleman wird gekündigt und ihm somit seiner Lebensaufgabe entzogen. Kurz darauf stirbt auch noch seine Frau. Erst als er in dem zurückgezogen lebenden Schriftsteller Zuckerman (Gary Sinise) einen Freund findet scheint es mit dem Leben von Coleman wieder aufwärts zu gehen. Und so offenbart sich Coleman zum ersten mal in seinem Leben einem fremden Menschen an, und erzählt ihm und somit auch dem Zuschauer von sich:
Coleman ist ein schwarzer, der auf Grund einer Laune der Natur als weißer geboren wurde. Seine Eltern und Geschwister sind schwarz und Coleman erlebte von Geburt an, wie sie diskriminiert, beleidigt und beschimpft wurden. Er selber verschweigt seine Herkunft, und als die Liebe seines Lebens ihn verlässt auf Grund der Hautfarbe seiner Familie geht er soweit sich von seiner Familie loszusagen. Er verleugnet sie. Diese Lebenslüge hat er sein ganzes Leben lang aufrechterhalten. Auch als man ihm die Vorwürfe des Rassismus gemacht hat, hat er lieber sein bisheriges Leben aufs Spiel gesetzt, als die Wahrheit zu sagen, und somit die Vorwürfe zu entkräften.
Die Szenen aus Colemans Jugend nehmen dabei im Film ein gutes Drittel der Spielzeit ein, und sie sind es auch, die den Film letztlich retten. Denn hier wird gezeigt, wie die Umwelt einen Menschen dazu zwingen kann, sich selber, seine eigene Identität komplett zu verleugnen, für ein Leben lang auszusperren. Es sind starke Szenen, die ergreifend und bedrückend gespielt werden. Besonders die Szene in welcher der junge Coleman sich im Gespräch mit seiner Mutter gegen die Familie entscheidet und endgültig das Band zerbricht.

Der Handlungsstrang der in der filmischen Gegenwart spielt und den Rest der Laufzeit einnimmt ist dann auch der in dem die angesprochene Starriege zu gegen ist.
Coleman verliebt sich in die vom Leben schwer gezeichnete Faunia (Nicole Kidman). Coleman wird zunächst von der nach Vergewaltigungen in der Kindheit und dem Verlust ihrer eigenen Kinder psychisch angeschlagenen Frau sexuell angezogen. Doch mehr und mehr stellen beide fest , das sie doch Gefühle für einander empfinden. Doch Faunia hat nicht nur eine tragische Vergangenheit, auch ihre gegenwärtige Situation ist alles andere als leicht. Sie wird von ihrem Exmann (Ed Harris) verfolgt und terrorisiert. Das geht von Anrufen bis hin zu Gewaltausbrüchen und führt letztlich so weit, das es der Ex-Ehemann nicht mit ansehen kann wie seine Frau mit einem doppelt so alten Mann zusammen ist, ihn aber abweist, und er tötet beide bei einem Autounfall.
Erzählt wird dem Zuschauer dabei die gesamte Geschichte von Coleman Silk von Zuckerman dem Autor dem er sich anvertraut. Das hat dann auch zur Folge, dass der Film eben nach dem Tod von Coleman und Faunia nicht vorbei ist sondern, in Rückblenden noch Episoden aus Colemans Jugend erzählt und uns auch ein finales Gespräch zwischen Zuckerman und Faunias Exmann präsentiert.

Leider legt Regisseur Robert Benton im gesamten Film zu viel Augenmerk auf die Liebesgeschichte zwischen Kidman und Hopkins. Die wirkt aber teilweise einfach zu überzeichnet. Zu sehr scheinen hierbei Klischees herhalten zu müssen. Auch schauspielerisch hat man insbesondere Nicole Kidman schon bedeutend besser gesehen. Hopkins spielt zwar der Rolle angemessen, doch die richtige Motivation lässt auch er vermissen. Sinise und Harris wirken dabei fast verschenkt, denn zu kurz ist die Zeit die ihren interessanten Charakteren zu gestanden wird.
Und so ist der Film zwar ein bedrückendes Bild einer tragischen Liebe, aber die eigentliche Geschichte, über eine Lüge die mit allen Mitteln ein Leben lang aufrechterhalten wird, und letztlich Auslöser für alle Ereignisse ist, muss zu sehr zurückstehen. Auch fällt die Kritik an einer Gesellschaft die solche Lügen geradezu herausfordert durch ihr Verhalten, viel zu gering aus. Hier hat man sicherlich viel Potenzial der literarischen Vorlage verschenkt.

So bleiben letztlich vier erstklassige Schauspieler, die alle nicht zur Höchstform auflaufen, bzw. auflaufen könne und eine Geschichte die zuviel Potenzial verschenkt. Als Drama durchaus ansprechend und innerhalb des Genres ein guter bis sehr guter Filme, verliert der Film in seiner eigentlichen Funktion als Gesellschaftskritischer Film seine Ziele zu früh aus den Augen. Ein Film den man sehen kann, aber sicherlich nicht gesehen haben muss. Da empfehle ich dann doch bei Interesse eher das Buch.
So ist die Wertung dann auch eher Zwiespältig: als Film alleine gesehen hat "der menschliche Makel" sichere 7 Punkte verdient. Als Verfilmung der literarischen Vorlage aber höchstens 5-6 Punkte.

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