Review
von Leimbacher-Mario
Crashtestdummy der Zukunft
„Empathy Inc.“ erzählt in einer monochrom-futuristischen Welt von einem gerade ziemlich gnadenlos gescheiterten Geschäftsmann, der mit der Kohle seines hadernden Schwiegervaters bei einem vielversprechenden VR-Start Up einsteigt, seine letzte Chance nutzen will. Die Ansage: lebensechte Erfahrungen in der Haut eines Anderen machen, der weit unter der eigenen sozialen Klasse steht und somit seine eigene Situation positiver sehen, sich lebendiger denn je fühlen, die eigenen Probleme relativieren. Klingt spannend und logisch, klingt fragwürdig und gefährlich. Erst recht, wenn man herausfindet, dass der vollmundige Geschäftspartner gerne mal Leute über'n Tisch zieht und die als VR versprochenen Taten, Erfahrungen, „Menschen“ vielleicht etwas zu echt sein könnten...
„Matrix“, „eXistenZ“, der neue „Possessor“, „Strange Days“. In diese Kerbe (nur wesentlich kleiner und mehr „Indie“) schlägt auch „Empathy Inc.“ über die Gefahren des „Sich Verlierens“, des unbegrenzten Kapitalismus', der Klassenunterschiede, des Strebens nach Glück, der virtuellen Realitäten, von zwielichtigen Partnern und unausgereiften Ideen. Der schwarzweiße Look wirkt enorm passend und frisch genug, es braucht keine großartigen Gimmicks und Knalleffekte um seine angsteinflössenden Punkte effektiv zu transportieren. Cyberpunk meets psychologische Eindringlichkeit. Persönlichkeitsstörung, Liebe und Betrug. Virtuelle Leben und echte Gefahr. Schön, dass Arrow Video sich neuerdings auch öfters aktuellen Titeln (und womöglich zukünftigen Kultfilmen) wie „Daniel Isn't Real“ oder eben diesem Sci-Fi-Thriller hier widmet. Schöne Ideen, feine Umsetzung, kreative Freiheit. Ein weiteres warnendes Beispiel, wie es in Zukunft nicht laufen sollte, was wirklich wichtig und richtig ist im Leben. Ethik vs. Technik.
Fazit: interessantes (wenn auch mittlerweile nicht mehr allzu frisches) Konzept, unterkühlter, stylischer Look, schockierende Momente - „Empathy Inc.“ verliert zwar durch den noch ähnlichen, noch besseren, härteren, radikaleren, ebenfalls aktuellen „Possessor“ etwas, ist aber insgesamt dennoch ein lohnenswerter, düsterer Trip in unsere Psyche und Persönlichkeiten, in das, was uns ausmacht. Oder auch nicht. Plus eine massive Schelle für die Gier, Ich-Bezogenheit und Skrupellosigkeit in der heutigen „Start Up“-Gesellschaft/-Wirtschaft.