Dies ist ein Film, der Freunden des "Mordende Autos"-Subgenres Spaß machen wird, also Werken wie "Duell", "Wrecker", "Joy Ride"...jedoch die Variante mit selbständig tötenden Fahrzeugen (wie "Christine", "Rhea M.") ist nicht gemeint, denn hier ist es ein Fahrer aus Fleisch und Blut, den man im Gegensatz zu Duell aber sehr genau zu sehen bekommt und auch charakterlich studieren kann.
Erstmal nicht mit der klischeehaft vorgefertigten Erwartungshaltung aus primitiven Schlitzerfilmen an diesen erfrischend anderen Film herangehen. Die grotesken und gänzlich unrealistischen Vorstellungen von übermächtigen Serienkillern, denen alles gelingt und die durch jede Tür kommen, passen hier zum Glück nicht. Der Killer aus "Halt nicht an" hat seine Grenzen, was er kann - und genau dies ist gut so, denn der Film will gar nicht übertriebene US-Action und hochstilisierte Überwesen zeigen, sondern reale Menschen, die sich so verhalten, wie es wirklich jederzeit passieren könnte.
Der Mörder ist hier kein durchgeknallter Irrer, kein Triebtäter und kein Schlächter, dem es um die Gewalt oder das Töten geht, sondern er ist ein ganz normaler und sehr intelligenter Mann mit einem ordentlichen Beruf (Insektenvernichter). Er will Verkehrsrowdies maßregeln und zur Rede stellen. Ziel ist nicht sie zu töten, sondern sie zu belehren...aber wenn sie in seinem Augen unbelehrbar und stur sind, tötet er sie mit Hochdruck-Sprüh-Schädlingsbekämpfungsmitteln (auch mal eine ganz neue Variante).
Er fährt auf der Landstraße bewußt mit exakt der vorgeschriebenen Geschwindigkeit in der linken Spur und wenn ihn jemand nötigt und bedrängt, schreitet er zu Maßnahmen, was mit Verfolgung und scharf formulierten Erklärungen beginnt.
Dies wiederfährt auch der 4-köpfigen Familie im Mittelpunkt des Films. Ein Vater, der rasen will, ein Frau, die Vernunft anmahnt und zwei zuckersüße Töchter.
Das Ganze findet erfreulicherweise nicht auf den üblichen staubigen USA-Highways statt, wo man 2 Tage in die gleiche Richtung fahren kann ohne daß sich die Straße verändert, sondern in unserer bürgerlichen europäischen Kulisse von Landstraßen, Autobahnen und Wohnstraßen.
Dementsprechend ist alles, aber auch wirklich jedes Detail an diesem Film realistisch, d.h. keine übertriebenen Stunts, keine wahnwitzige Action und keine coolen Sprüche. Alles passiert so, wie es im täglichen Leben auch sein könnte.
Das Tolle dabei: Der Film ist in jeder Minuten spannend. Kein Durchhänger, keine dramaturgischen Schwächen und man ist gefesselt an die nachvollziehbare Handlung, die mit Verfolgungsjagden, Rededuelle und Sprühangriffen auftrumpft. Bester NL-Thriller seit "Verfluchtes Amsterdam", aber eben anders im Stil als dieser.
Regisseur Lodewijk Crijns hat mit unbekannten Schauspielern auch perfekte darstellerische Leistungen herausgekitzelt. Der Täter Willem de Wolf spielt so einprägsam, markant und selbstbewußt/sicher, daß man das Gefühl hat, ihn aus vielen Filmen zu kennen - manche Leute vermitteln durch ihre Sicherheit etwas Vertrautes, auch wenn man sie zum ersten Mal sieht. Der genervte Vater und der Rest der Familie überzeugen ebenfalls sehr.
Die Kameraarbeit ist sehr gut, weil sie genau die Details beim Fahren vermittelt, die zentral sind und alles ist klar, hell, übersichtlich. Der Streifen wurde nicht umsonst für nahezu alle holländischen Filmreise nominiert, auch die technischen.
Also ein sehr guter, empfehlenswerter Film.