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England, 1665: Die Pest grassiert im ganzen Land und die Menschen sterben wie die Fliegen. Auch der Farmer Joseph Haverstock fängt sich die Krankheit ein und begeht, um seine Ehefrau Grace und ihre gemeinsame, kleine Tochter nicht mit ins Verderben zu reißen, Selbstmord. Als sich Graces Gutsherr Pendleton kurz darauf an der jungen Witwe vergehen will und diese sich ihm verweigert, beschuldigt er Grace der Hexerei, woraufhin ihr öffentlich der Prozess gemacht wird. Da Grace trotz aller Torturen aber weiterhin ihre Unschuld beteuert, ruft man schließlich den Inquisitor John Moorcroft herbei, der bereits ihre Mutter als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt hatte... Zwar begibt sich Neil Marshall mit "The Reckoning" nach seinem gescheiterten 2019er-"Hellboy"-Reboot wieder auf das britische Low-Budget- und B-Movie-Terrain seiner wohlgelittenen frühen Arbeiten "Dog Soldiers" und "The Descent - Abgrund des Grauens", aber das Ergebnis ist beileibe kein valides Comeback und wird sich mit ziemlicher sicherheit auch nie eines ähnlich (übertrieben) positiven Rufs erfreuen. Bereits mit der unfreiwillg komischen und theatralischen Eingangs-Sequenz, die da hart auf der Bombast-Klaviatur der Emotionen zu spielen versucht, ist "The Reckoning" eigentlich schon nicht mehr wirklich ernst zu nehmen und die Glaubwürdigkeit fliegt dann mit dem ersten Blick auf Charlotte Kirk als bestfrisierte Mittelalter-Ische der Filmgeschichte mit perfektem Make-Up ebenfalls im hohen Bogen aus dem Fenster, weswegen man hier doch lieber keinen zweiten "Der Name der Rose" erwarten sollte und das Ganze da eigentlich nur als Neuaufguss der berüchtigten Hexen-Exploiter aus den 70ern zu gebrauchen ist. Mit einem echten Klassiker und Meisterwerk wie "Der Hexenjäger" möchte man diesen Trash trotz offensichtlicher inhaltlicher Parallelen dann aber schon nicht mehr im selben Atemzug nennen. Wenn man dann noch einen Blick auf die Credits wirft und sieht, dass die Kirk (die übrigens mal mindestens die Lebensabschnittsgefährtin von Marshall ist, *zwinker, zwonker*) sich das Drehbuch für dieses angedachte Star-Vehikel als Co-Autorin selbst mit auf den Leib geschrieben hat, ist auch klar, warum es hier keinen einzigen Moment gibt, in dem sie nicht ins allerbeste Licht gesetzt wird, im Gegensatz zum übrigen, verdreckten Lumpenpack geradezu Model-mäßig attraktiv erscheint und sogar der Schmutz in ihrem Gesicht noch aussieht, als wäre er strategisch mit dem Pinsel aufgetragen worden... egal, ob sie gerade im Kerker darben muss oder öffentlich am Marterpfahl ausgepeitscht wird. Dass dabei innerhalb der Handlung auch noch quasi ihre Involvierung in ein paar unschöne Hollywood-Skandälchen verklausuliert aufgegriffen und im selben Rutsch vom Tisch gefegt wird, indem sie sich selbst da permanent als unschuldiges Opfer der sexuellen und gewalttätigen Übergriffe durch geiferndes Mannsvolk inszeniert, ist da sicherlich nur ein praktischer Nebeneffekt und Zufall, ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Die mittendrin immer mal wieder in kurzen Traum-Sequenzen und Halluzinationen reingepfefferten, horriblen Visuals sollen das Ganze dann offensichtlich näher an den harten Kern des Genres rücken, sind aber nur alberne Makulatur innerhalb eines Filmchens, das sowohl vom Gehalt der Geschichte als auch den Production-Values her weit unter TV-Niveau rumkrebst und bei dem die fehlgeleiteten inszenatorischen Bemühungen Marshalls, der dieses im Grunde genommen reine Drama händelt wie einen billigen Horrorfilm, nicht verhindern können, dass das alles ganz schnell in den Bereich der reinsten Parodie abdriftet. Peinlich! Fazit: Gegen "The Reckoning" wirkt ein "Hexen - Geschändet und zu Tode gequält" geradezu wie ein historisch akkurates Sittengemälde und in seinen Absichten direkt integer, ey...!

3/10

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