Der Film für sich genommen: Zwei Typen treiben Schutzgeld von anderen Kriminellen für den im Knast sitzenden Oberchief ein. So weit, so bekannt. Kann man halt 'nen unterhaltsamen Film draus machen oder Mist. Warum es hier Letzteres geworden ist, erkläre ich im Folgenden.
Zunächst einmal sind die beiden dermaßen unsympathisch, dass man sich bereits nach zwei Minuten wünscht, sie würden gehäutet werden und ihre Familie verlieren. David repräsentiert das Bild des verlogenen gottgläubigen, „christlichen" Verbrechers: Kümmernder Familienmensch, aber knallharter Gangster. Dieser Typus - mag er auch eine Erfindung Hollywoods sein - ist mir schon immer sauer aufgestoßen, so zum Beispiel in Klassikern wie Der Pate. Viel schlimmer, geradezu unerträglich allerdings ist der von Shia LaBeouf dargestellte Creeper. Der Name alleine klingt wie aus einem besonders schlechten Grindhouse-Film, in welchem dieser völlig blasse Schauspieler, der jegliche Ausstrahlung vermissen lässt, jedoch nicht die Co-Hauptrolle bekommen hätte. Jede einzelne Nebenrolle (außer den Kindern) in The Tax Collector ist mit jemandem besetzt, der die Figur des psychopathischen Anzugträgers, der auch vor Folter nicht zurückschreckt, besser hätte verkörpern können. Die Lächerlichkeit dieses groben Besetzungsfehlers wird schon früh offensichtlich, als einer der besagten Nebendarsteller dem „Devil" (ja, ernsthaft, so wird Creeper unter den Gangstern von Los Angeles genannt) in die Augen gucken soll, wobei er sich fast in die Hose macht; das ist ungefähr so, als sollte Christopher Walken Adam Sandler in die Augen gucken und dabei Angst bekommen. Richtig böse ist, dass die beiden sich auch noch in witzigen Dialogen versuchen. Das sind Sprüche, die man einem fünfunddreißig Jahre alten Buddy-Movie-Klassiker nachsehen könnte - hier erzeugen sie unangenehme Fremdscham-Momente.
Na ja, irgendwann gibt es dann natürlich Stress mit einem Konkurrenten, was zu Szenen führt, die zumindest partiell das 18er-Siegel rechtfertigen und ansatzweise einen Teil der Wünsche vom Anfang in Erfüllung gehen lässt. Statt es dabei zu belassen, bekommen wir leider noch ein sinnmäßig fragwürdiges Ende präsentiert, welches Tiefe in einen Film bringen soll, der besser als oberflächlicher Gangsterfilm konzipiert gewesen wäre, statt als Versuch, etwas zu erzählen.
Der Film unter dem Aspekt des Regisseurs: Während ich also dasaß und dachte „Was für ein bekacktes Ende", fiel mir der Name des Regisseurs ins Auge, und ich dachte „Moment, den kenne ich doch". Also nachgeguckt und festgestellt, dass ich den Film vor allem ausgeliehen hatte, gerade weil David Ayer Regie führt (und wegen der FSK-Freigabe, ich bin zurzeit etwas ausgehungert, was Action und Gewalt angeht). Und unter dem Aspekt dürfte der Film maximal einen Punkt bekommen. Vielleicht gibt es eine Hintergrundgeschichte, warum ein Regisseur, der mit Christian Bale, Keanu Reeves und Arnold Schwarzenegger (sehr) gute Werke auf entsprechendem Produktions-Niveau gedreht hat (ich nenne nur die Filme, die ich gesehen habe) so ein B-Ding mit D-Note raushaut. Wobei die Besetzung nicht der springende Punkt ist, ich habe schon zahlreiche Direct-to-Video-Produktionen gesehen, die das hier Gebotene schauspielerisch mehrfach in die Tasche stecken; erschreckend ist die vielmehr die Tatsache, dass Ayer wie zuvor bei Harsh Times und dem (ebenfalls guten) Training Day Idee und Drehbuch geliefert hat und es also deutlich besser kann, wie man auch an den oben genannten Regiearbeiten sieht. Schaut man sich sein Œuvre an, kann man ihn schon als Spezialisten im Fach „dunkle Duos" bezeichnen. Zudem gelingt es ihm normalerweise, fragwürdige Charaktere ansprechend in Szene zu setzen: So sind die Protagonisten in Harsh Times und Street Kings wahrlich nicht besonders sympathisch, und dennoch fühlt man sich als Zuschauer mit ihnen verbunden. In The Tax Collector ist, wie oben beschrieben, das Gegenteil der Fall.
Hätte ich beim Einlegen der DVD gewusst, wer Regie führt, wäre ich von dem Film maßlos enttäuscht gewesen und hätte ihn frühzeitig nach Actionszenen durchgespult. Wer also die genannten anderen Werke von David Ayer gut findet, sollte von diesem faulen Ei hier die Finger lassen.