GODZILLA No. 20
GODZILLA VS. MECHAGODZILLA II
(GOJIRA VS MEKAGOJIRA)
Takao Okawara, Japan 1993
Vorsicht – das folgende Review enthält SPOILER!
Die Zeit vergeht ... hier haben wir bereits den fünften Film aus Godzillas Heisei-Ära, nämlich Godzilla vs. Mechagodzilla II (im Original nur Gojira vs Mekagojira), dessen Titel insofern etwas verwirrend ist, als dass es zumindest hierzulande nie einen ersten Godzilla vs. Mechagodzilla gab – das hätte einst Jun Fukudas im Original tatsächlich Gojira tai Mekagojira betitelter Shōwa-Streifen aus dem Jahr 1974 sein sollen, aber der wurde in Deutschland offiziell King Kong gegen Godzilla genannt (ohne dass er auch nur irgendetwas mit King Kong zu tun hat). Danach wäre wiederum Ishirô Hondas Shōwa-Abschlussfilm Die Brut des Teufels (im Original Mekagojira no Gyakushû) mit Godzilla vs. Mechagodzilla II korrekt benannt gewesen, denn der schließt unmittelbar an King Kong gegen Godzilla an und lässt den Großen Grünen ein zweites Mal auf seine mechanische Nachbildung treffen. Richtig unübersichtlich sollte es jedoch dank der Tōhō-Verantwortlichen anno 2002 werden, als im Rahmen der sogenannten Millennium-Reihe ihres Kultmonsters ein Film mit dem Titel Godzilla against Mechagodzilla (auch im Original Gojira tai Mekagojira, dies also schon zum zweiten Mal nach 1974 – es ist wirklich verwirrend) erschien ... aber so weit bin ich noch nicht. Das hier ist erst einmal Takao Okawaras Godzilla vs. Mechagodzilla II.
Japan, 1993 – also eigentlich die Gegenwart. Der Große Grüne wird weiterhin als Bedrohung für die gesamte Menschheit empfunden (offensichtlich und erwartungsgemäß hat er also das Finale des Vorgängerstreifens weitgehend gesund überstanden), und so hat das japanische „Zentrum zur Bekämpfung Godzillas“ Wissenschaftler in aller Welt beauftragt, eine Maschine zu entwickeln, mit der man Godzilla, nun ja ... eben bekämpfen kann. So ein Theater hätte man indes gar nicht veranstalten müssen, denn die eigenen Leute haben bald die ultimative Wunderwaffe gebaut: Unter Verwendung der aus dem Meer geborgenen Überreste des Mecha-King-Ghidorahs (der zwei Jahre zuvor in Godzilla – Duell der Megasaurier seinen großen Auftritt hatte und immerhin das Resultat fortschrittlicher Alien-Werkstoffkunde darstellt) haben sie eine neue mechanische Nachbildung Godzillas gebaut, die ihren metallenen Vorgängern zum Verwechseln ähnlich sieht, 120 Meter hoch ist, 150.000 Tonnen wiegt (ein Monitor zeigt’s an) und standesgemäß mit den allerneuesten Waffensystemen ausgestattet wurde. Für so ein Wunderwerk braucht man natürlich auch gute Piloten, und einer von denen soll unser kommender (menschlicher) Protagonist Kazuma Aoki sein. Nachdem er bislang am inzwischen verworfenen Mecha-Vorgängerprojekt „Garuda“ mitgetüftelt hat, beordert man ihn per kurzem Schreiben in die Zentrale der „G-Force“, die für den neuen Mecha und seinen Einsatz verantwortlich ist. Dort wird er eher unfreundlich begrüßt und einer harten Ausbildung unterzogen, bei der er nicht immer ... oder eigentlich nie eine gute Figur macht und damit auch ein Stück weit zum hiesigen Kasper vom Dienst heranreift.
Anderenorts, genauer gesagt auf der einsamen und milde radioaktiv verseuchten Vulkaninsel Adonoa, sind derweil der Professor Omae und seine junge Mitarbeiterin Azusa Gojo mit einer Gruppe von Geologen unterwegs, die auf dem Eiland etwas Interessantes gefunden haben und es dem Wissenschaftler zeigen möchten. Es handelt sich um gut erhaltene Flugsaurierknochen und ... ein Ei. Ein ziemlich großes Ei sogar (um die 1,20 Meter hoch, grob geschätzt), von dem aufgrund der herumliegenden Knochen angenommen werden darf, dass es einem (freilich sehr großen) Pteranodon gehört. In der vorliegenden deutschen Sprachfassung gehört es allerdings keinem Pteranodon, sondern einem „P-T-Ránodon“ – Himmel, was es nicht alles gibt (wie schlecht die deutsche Synchronisation ausgefallen ist, zeigt sich schon daran, dass einige Leute, zum Beispiel Kazuma, ganz normal „Pteranodon“ sagen und andere eben „P-T-Ránodon“). Zur Feier des Tages kreuzt nun auch noch ein echtes P-T-Ránodon (beziehungsweise ein gigantischer Verwandter der P-T-Ránodonten) auf – nämlich Rodan, der sich scheinbar für das Ei verantwortlich fühlt und im wahrsten Wortsinn eine Menge Wind macht (in der deutschen Sprachfassung heißt er übrigens „Radon“, aber das ist ja eigentlich korrekt, weil der Name ursprünglich „Pteranodon“ minus „Pte“ minus „no“ bedeutet). Kaum hat er ein paar Runden gedreht, wird er aber aus dem Meer heraus angegriffen – Godzilla entsteigt den Fluten! Und schon, es sind gerade zehn Minuten vergangen, haben wir die erste wuchtige und ausgiebige Monsterprügelei, die Godzilla nach Punkten gewinnt. Professor Omae und seine Begleiter können inzwischen jedoch das Ei sicherstellen und sich mit ihm per Hubschrauber entfernen.
Im „Nationalen Biotechnologischen Institut“, Omaes in Kyōto gelegener Wirkungsstätte, wird es in der folgenden Zeit gründlich untersucht, beobachtet und von Azusa umsorgt. Die Frage, warum das Ei des Öfteren rot zu leuchten beginnt, glaubt der Professor bald beantworten zu können: Dies sei eine Reaktion auf Stress, der immer dann entstünde, wenn das in ihm vermutete Jung-P-T-Ránodon die Mutterliebe vermisst. Etwas kaufen kann sich von dieser Entdeckung allerdings niemand, und auch das Gefasel der nunmehr ins Geschehen eingreifenden Segelohr-Telepathin Miki Saegusa, die aus den Heisei-Godzillas leider nicht wegzudenken ist, bleibt nutzlos, denn die Situation im Institut ändert sich grundlegend: Das Ei wird von innen zerknackt und ihm entschlüpft ... nein, nicht der erwartete P-T-Ránodon-Nachwuchs, sondern ein kleiner Godzilla! Na ja, fast ein Godzilla, denn Niki kann sofort dozieren, dass es sich nur um einen Godzillasaurus handelt, sprich den Vertreter einer Spezies, die zwar zur Godzilla-Familie gehöre, aber nicht aggressiv sei und sich sogar mit pflanzlicher Ernährung begnügen würde (woher zum Kuckuck weiß sie das so spontan und seit wann gibt es eine „Godzilla-Familie“?). Babygodzilla, so wird der neue Erdenbürger heißen, bestätigt das auch, indem er brav eine ihm angebotene Blume verzehrt.
Alle finden’s schön und niedlich ... einer aber, in der Ferne, findet’s nicht so schön: Godzilla! Der begibt sich mürrisch an Land und macht erst einmal, was er am besten kann: Er zerstört eine Erdölraffinerie, wobei Feuerbälle entstehen, die groß genug sein müssten, um halb Japan zu vernichten. Die Menschen sind gewarnt – und vorbereitet, denn sie haben ja ihren alientechnologisch aufgewerteten Wunderkampfroboter Mechagodzilla (in der deutschen Sprachfassung auch gern einmal „Mekagodzilla“). Der wird nun hurtig startklar gemacht, aus seinem unterirdischen Hangar ans Tageslicht befördert und dem Großen Grünen entgegengeschickt, der inzwischen das macht, was er am zweitbesten kann, nämlich Hochspannungsmasten zerknicken und umwerfen. Irgendwo auf freiem Feld treffen die beiden Godzillas, der aus Fleisch und Blut und der aus Metall, schließlich aufeinander, und es beginnt ein brachialer Kampf, bei dem wie immer, wenn ein von Kopf bis Fuß mit Spezialwaffen bestückter Mecha mit von der Partie ist, vor lauter Strahlen und Explosionen der Bildschirm zu bersten droht. Tatsächlich kann Mechagodzilla bald die Oberhand gewinnen und sieht schon wie der sichere Sieger aus, doch ausgerechnet der finale Schlag geht wortwörtlich nach hinten los: Der Mecha schießt zwei „Schock-Anker“, sprich lange Drähte in Godzillas Körper und jagt Strom durch sie hindurch, aber der Große Grüne kann den Spieß umdrehen und schickt den Strom dankend zurück. „Der Maschinenraum brennt!“, verkündet einer der Mecha-Piloten, und das war’s dann für die Wunderwaffe der Menschen – der Mecha kippt kampfunfähig um.
Godzilla rappelt sich auf, würdigt den geschlagenen Roboter keines Blickes und macht sich auf den Weg nach Kyōto. Nun ist das reguläre Militär gefordert und geht mit Panzerbataillonen und Düsenjägerstaffeln gegen ihn vor, aber das ist so sinn- und erfolglos wie seit fast vierzig Jahren. Godzilla spielt Fußball mit ein paar besonders aufdringlichen Panzern und trifft nach kurzer Zeit in Kyōto ein, wo er quasi als Machtdemonstration gleich mal den Kyōto Tower exterminiert und dann auch alles andere in Schutt und Asche legt, was ihm auf seinem Weg zum Nationalen Biotechnologischen Institut im Weg steht: Dort nämlich will er hin. Professor Omae, Azusa, Niki und der besuchsweise neben ihnen herumturnende Kazuma Aoki ahnen auch schon, warum er das will – vermutlich sendet Babygodzilla telepathische Hilferufe aus. Also bringt man den Kleinen in einen gewissermaßen telepathieabgeschirmten Raum im unteren Bereich des Hochhauses, das Omaes Institut beherbergt. Bald darauf erreicht Godzilla das Gebäude, ist aber ob des Abbrechens und Ausbleibens der Baby-Hilferufe irritiert und weiß nicht so recht, was er nun anstellen soll. Damit der Weg nicht ganz umsonst war, donnert er wenigstens noch die oberen Etagen des Institutshochhauses zu Klump und macht sich dann auf den Rückweg.
Zeit zum Durchatmen, für alle. Der Mechagodzilla wird repariert, Babygodzilla wird ins „United Nations Godzilla Countermeasure Center“ überführt, wo er in einem tierparkartigen Gehege rund um die Uhr Azusas Pflege und Zuneigung genießen darf, und Kazuma Aoki muss seinem Vorgesetzten erklären, warum er nicht zur Stelle war, als der Mechagodzilla losgeschickt wurde, zu dessen Besatzung er schließlich gehört. Dass er sich zur Einsatzzeit lieber im Institut herumgetrieben hat, verschweigt er und reicht einfach nachträglich Urlaub ein. Angesichts dieser Dreistigkeit hat er Glück, dass man ihn nicht für immer und ewig beurlaubt – aber eine Degradierung zum Parkplatzwächter des G-Force-Centers muss er hinnehmen. Als solcher trifft er kurz darauf Doktor Asimov, den Chefkonstrukteur des Mechas, und verwickelt ihn in ein Fachgespräch. Man könne doch das leicht modifizierte Fluggerät seines alten „Garuda“-Projekts mit dem Mechagodzilla verbinden und damit dessen Kampfkraft noch einmal erhöhen. Asimov findet das nicht übel und verspricht eine Prüfung des Vorschlags.
Unterdessen werden auf einer vom Militär geleiteten Konferenz neue „schockierende“ Erkenntnisse biologischer Art bekannt gegeben: Babygodzilla hat irgendwo im Darmbereich ein zweites Gehirn (!)! Daher geht man davon aus, dass auch Godzilla ein solches hat und will „diesen Schwachpunkt attackieren“ – das Zweithirn soll von hinten angegriffen und ausgeschaltet werden, woraufhin der Große Grüne gelähmt wäre und nicht mehr aufstehen könne. Der neue Geheimplan trägt den Namen „G-Crusher“. Derweil kommen sich Kazuma Aoki und Azusa näher – Kazuma, bleiben wir jetzt einmal beim Vornamen, stattet ihr und dem Babygodzilla einen Besuch ab und fliegt im selbst gebastelten Mini-Fluggerät eine Runde mit ihr über dem Gehege herum. Kaum haben die beiden eine saubere Bruchlandung hingelegt, kreuzt Miki mit ihrer „Schulklasse übersinnlich begabter Kinder“ auf. Die Kleinen wollen Babygodzilla eine Freude machen und trällern oder summen vielmehr ein Liedchen ... das dem Jungsaurier (und vermutlich auch den meisten Zuschauern) leider überhaupt keine Freude bereitet: Die Musik löst irgendetwas in ihm aus und er reagiert mit einer Art mittelschwerem Wutanfall.
Für Miki gibt es indes bald Wichtigeres zu tun, als ihre Schützlinge auf den Godzillafamiliennachwuchs loszulassen – sie wird bei der Umsetzung des G-Crusher-Projekts benötigt. Man will Godzilla auf die Ogasawara-Inseln locken (die seinen Freunden bereits aus Frankenstein und die Monster aus dem All sowie Godzilla – Kampf der Sauriermutanten bekannt sind) und ihn dort mit Mechagodzilla angreifen, wobei Miki die Aufgabe zufällt, mit im Cockpit des Kampfroboters zu sitzen und telepathisch das Zweithirn des Großen Grünen zu orten, auf dass es punktgenau angegriffen und ausgeschaltet werden kann. Miki ist bei der anhaltenden Godzilla-Bekämpfung längst nicht mehr ganz wohl, aber sie fügt sich. Als „Lockvogel“ soll Babygodzilla dienen, den man gemeinsam mit seiner Betreuerin und Ersatzmutter Azusa in einen Container verfrachtet und per Hubschrauber ins Zielgebiet fliegt. Dort kommen die beiden allerdings nicht an, den während ihrer Flugreise taucht Rodan auf! Ja, den gibt es auch noch. Jetzt sieht er schön rot aus, ist ziemlich sauer, jagt per kurzem Energiestrahl den Hubschrauber in die Luft, fängt den herunterstürzenden Container mit den Krallen auf und landet halbwegs sorgsam mit ihm auf festem Boden, wo er versucht, ihn „aufzupicken“. Offenbar ist auch er telepathischen Hilferufen Babygodzillas gefolgt (weiß er denn eigentlich, dass da kein P-T-Ránodon-Nachwuchs am Herumtelepathieren ist ...?). Unabhängig von seinen Motiven wird er jedoch umgehend mit dem Mechagodzilla angegriffen, und auch Kazuma fällt mit seinem Star Wars-tauglich designten Garuda-Flieger über ihn her – sein Einsatz wurde also befürwortet.
Aber Vorsicht: Rodan ist beileibe kein leichter Gegner. Er bedient sich nun ebenfalls eines nuklear oder wie auch immer erzeugten Atemstrahls und kann zumindest Kazuma verabschieden, den er mit Volldampf in ein stattliches Gebäude rauschen lässt (eine grandiose Szene). Dem Mechagodzilla ist er aber letzten Endes doch nicht gewachsen – er kann ihm zwar eins seiner Laserkanonen-Augen kaputthacken, aber dann wird er von einer „Plasmagranate“ in den höchsten herumstehenden Wolkenkratzer gewuchtet. Rodan scheint hinüber zu sein – matschig grünes Blut fließt. Aber Ruhe herrscht natürlich noch lange nicht: Babygodzilla und Azusa können gerade noch aus ihrem verbeulten Container befreit werden, da trifft auch schon Godzilla ein, trampelt auf seinem Weg achtlos ein Baseballstadion nieder und liefert sich mit Mechagodzilla einen wüsten Strahlenabtausch, der für den Letzteren nicht ohne Folgen bleibt – wieder einmal liegt der Roboter auf dem Boden. „Beschädigungsstufe 8!“, meldet eine Bordingenieurin.
Wenn man einmal annimmt, dass die Beschädigungsstufenskala bis zur 10 geht, sieht es also ziemlich mies für die Menschen aus, aber da gibt es ja noch Kazuma: Der ist wohlauf, konnte seinen Garuda-Flieger wieder fit machen und dockt nun damit an den Mechagodzilla an, sodass wir als Ergebnis dieser Fusion die neue Überwaffe „Super-Mechagodzilla“ sehen. Und ja, nun funktioniert der gerade noch mit Stufe 8 in die Knie gegangene Mecha wieder prima (selbst das zerhackte Auge wurde oder hat sich selbst erneuert ...) – Grund genug also, endlich das Projekt „G-Crusher“ in die Tat umzusetzen. Miki kann tatsächlich das zweite Gehirn Godzillas lokalisieren und gibt schweren Herzens den Schuss darauf frei. Godzilla sackt zusammen. Nun muss man ihm nur noch „den Rest geben“, aber daraus wird nichts, denn auch im Kaijū Eiga leben Totgeglaubte länger – und so rappelt sich Rodan noch einmal auf, um dem Großen Grünen zu helfen (ohne dass wir sofort ein zwingendes Motiv dafür erkennen). Richtig kämpfen kann das rote Riesen-P-T-Ránodon zwar nicht mehr, aber es legt sich auf Godzilla und überträgt ihm gewissermaßen seine verbliebene Energie. Das mag nicht mehr übermäßig viel sein, reicht aber allemal: Godzillas zweites Gehirn baut seine Betriebsbereitschaft wieder auf. Der Große Grüne erhebt sich, während wie sonst bei Mothras Auftritten Goldstaub herumwirbelt, der die Schutzpanzerung Mechagodzillas schmelzen und sich auflösen lässt. Nun hat Godzilla leichtes Spiel – und zerlegt sein mechanisches Ebenbild mühelos in handliche Kleinteile. Der mit Glück überlebenden Besatzung des Roboters bleibt nur noch eine abschließende Feststellung: „Schadensstufe 10!“
Was folgt, ist ein tränenreicher Abschied – Azusa und Babygodzilla müssen loslassen, weil der kleine Dino nun mal hinaus in die Natur gehört. Er tut’s nicht gern, das spürt man, aber er folgt Godzilla schließlich doch ins Meer. Und Miki darf ein erstaunliches Fazit ziehen: „Das Leben hat über das Künstliche gesiegt“, sagt sie und wirkt dabei sehr zufrieden ...
Man merkt schon: Langsam, aber sicher vollzieht auch die Heisei-Serie einen Kurswechsel. Godzilla ist noch kein Freund der Menschen geworden, aber der Blick auf ihn hat sich geändert. Er ist nicht mehr der „Urgigant“, der um des puren Bösen willen böse ist, sondern ein ganz natürlich handelndes Wesen, das sich, wenn auch auf ziemlich ungemütliche Art, um seinen Nachwuchs (oder besser den eines Verwandten ...) kümmert – wobei wir auch schon bei der Nachwuchsfrage sind, die da lautet: Wo um alles in der Welt kommt denn nun das Ei beziehungsweise der Baby-Godzillasaurus her – und warum kümmern sich Angehörige zweier anderer Monsterspezies so rührend und aufopfernd um ihn (immerhin: beide setzen ihr Leben ein, und Rodan gibt es sogar her)? Professor Omae verweist darauf, dass Godzilla Rodan das Ei kuckucksmäßig untergejubelt haben könnte, aber es ist doch auch nicht seins, denn in ihm steckt schließlich kein zweiter Minilla, sondern ein Godzillasaurus. Okay, im Fall von Godzilla ist das immerhin noch ein „Familienmitglied“, aber was treibt Rodan vor allem in der Schlussphase des Geschehens an, sich um den Vertreter einer fremden Art zu bemühen? Na ja, nehmen wir einmal an, dass er und Godzilla einfach nette Riesenmonster sind und erst einmal jeden beschützen, der kein Mensch ist und telepathisch um Hilfe ruft. Und stellen wir fest, dass die Handlung, die uns das Skript von Shinji Nishikawa und Wataru Mimura (die ihrerseits in die Storys „Gojira no Gyakushu“ von Minoru Yoshida und „Gojira buiesu Berusaaku“ von Yutaka Izubuchi hineingeschaut haben) auftischt, wie fast immer im Kaijū Eiga sowohl haarsträubend als auch an den gesträubten Haaren herbeigezogen ist.
Allein das ganze Mechagodzilla-Konzept, also der Nachbau eines Riesensauriers als Waffe, ist und bleibt vollendeter Unfug. Lediglich der Ur-Mechagodzilla in Jun Fukudas King Kong gegen Godzilla (oder eben Gojira tai Mekagojira, wie’s im Original richtig heißt) hatte einen Sinn, denn der war ja ursprünglich von Aliens als Godzilla getarnt worden und sollte die Erdenbewohner in die Irre führen (was natürlich auch eine kühne Idee ist, aber gut ...), doch alle menschlichen Nachbauten sind, man kann‘s nicht oft genug sagen, Blödsinn, dessen Hintergrund in erster Linie sein dürfte, dass die Japaner ohne ihre Mechas schon seinerzeit nicht leben konnten. Im Prinzip erscheint hier Kazuma Aokis „Garuda“-Fighter geradezu fortschrittlich, weil er sich schlichtweg einer zweckmäßigen Form bedient und keinen sowohl lächerlichen als auch sinnlos aufwendigen Schnickschnack wie Glieder, Kopf und Schwanz benötigt. Weiterhin geht die Idee, eine Kaijū-Story über den Fund irgendeines Riesen-Eis zu entwickeln, kaum noch als Idee durch, weil sich ihrer schon die Shōwa-Streifen Godzilla und die Urweltraupen und Frankensteins Ungeheuer jagen Godzillas Sohn sowie just der unmittelbare Heisei-Vorgängerfilm Godzilla – Kampf der Saurier-Mutanten erschöpfend bedient hatten. Auch des Telepathie-Tinnefs, den die Heisei-Ära seit Godzilla – Der Urgigant im Schlepptau hat, wäre es längst einmal genug gewesen, aber der bleibt uns leider in Form der filmübergreifenden menschlichen Figur Miki Saegusa erhalten – sie darf auch hier wieder des Öfteren bedeutungsschwer ins Nichts horchen und dem Skript mit ihren dort gewonnenen Erkenntnissen aus Momenten der Erklärungsnot helfen. Scheinbar kann man sich aber sogar an sie gewöhnen – sie ist mir hier erneut etwas weniger auf den Zeiger gegangen als bei unseren letzten Begegnungen, zumal sie gegen Ende sogar zwei, drei gute Szenen jenseits der Gedankenübertragerei hat (immerhin gehören die letzten, noch einmal das unerwartete Scheitern der Menschen unterstreichenden Worte des Films Miki). Ihre befremdende Telepathen-Schulklasse hätte man freilich dennoch ersatzlos streichen können oder besser streichen müssen. Über eine Reihe bedrohlich tiefer Logiklöcher sollte man sich indes nicht allzu sehr aufregen – der Kaijū Eiga war nie ein Boden, auf dem Sinn, Verstand und Glaubwürdigkeit gedeihen können, und es wäre mindestens eine Sensation gewesen, wenn sich ausgerechnet mit Godzilla vs. Mechagodzilla II etwas daran geändert hätte.
Was diesen Film des Weiteren kennzeichnet, ist ein krass unterentwickeltes menschliches Personal. Das gehört zwar im Riesenmonsterkino nachgerade zum guten Ton (und kann sogar als Tugend interpretiert werden ...), aber hier fällt es besonders ins Auge. Genau genommen haben wir in Godzilla vs. Mechagodzilla II keine Individuen mehr, sondern nurmehr austauschbare Funktionsträger – ein paar Militärs, ein paar G-Force-Piloten, einen Wissenschaftler, eine Babydino-Betreuerin und eine Verantwortliche für Übersinnliches. Ob nun der Professor Omae oder der General Hyodo heißt oder ob jemand von ihnen besonders nett oder faul oder schwul oder krank oder verliebt ist, spielt nicht die geringste Rolle: Der Wissenschaftler forscht, der General gibt sinnfreie Angriffsbefehle, die Piloten steuern den Mecha, die Babydino-Betreuerin betreut das Dinobaby und die Verantwortliche für Übersinnliches horcht ins Nichts hinein. Gerade sie, also Miki Saegusa, ist übrigens ein feines Beispiel für die Hingabe, mit der im Kaijū Eiga Charaktere entwickelt werden: Nach ihrem hiermit vierten aufeinander folgenden Auftritt in einem Godzilla-Film weiß man noch immer schlichtweg nichts von ihr, was über ihren Dienst hinausgeht. Nicht dass ich scharf darauf wäre, noch mehr von ihr zu sehen, Gott behüte, aber es fällt schon auf, dass da so gar nichts hinter ihrer Figur steht. Obwohl ... wenn ich mich recht entsinne, ist sie in einer Szene des Vorgängerfilms Godzilla – Kampf der Sauriermutanten Auto gefahren – man kann also davon ausgehen, dass sie mindestens achtzehn ist und einen Führerschein hat. Na gut, dann will ich nichts gesagt haben.
Als Einziger aus dem Kreis der Menschen kommt hier Kazuma Aoki in den Genuss von etwas Individualität – er ist leicht chaotisch, nicht wirklich zuverlässig, technisch aber offenbar begabt und leidenschaftlicher Fan von ... Pteranodonten! Zufälle gibt’s ... Dass er zudem in Azusa verliebt ist, führt immerhin zum genannten Rundflug über dem Babygodzillagehege, fällt dann aber völlig unter den Tisch. Viel Mühe gibt sich das Skript also auch mit ihm nicht – am ehesten sieht es in ihm ohnehin eine Art Pausenkasper, der für etwas intendierten Humor herhalten muss. Bei diesem „etwas“ bleibt es dann aber auch: Godzilla vs. Mechagodzilla II ist ein weitgehend ernsthafter Film. Und es ist sogar ein sehr emotionaler Film. Verantwortlich dafür ist (oder soll es zumindest sein) der Baby-Godzillasaurus, der von seiner Geburt an eine sehr zentrale Stellung in Takao Okawaras zweiter Godzilla-Regiearbeit (nach Godzilla – Kampf der Sauriermutanten) einnimmt. Damit wird’s natürlich kreuzgefährlich – wozu Riesenmonsternachwuchs führen kann, durfte man mit Entsetzen (oder wie ich unter Lachkrämpfen) in den Shōwa-Streifen Frankensteins Ungeheuer jagen Godzillas Sohn und Godzilla: Attack All Monsters (aka Godzilla’s Revenge) erleben. Auch beim ersten Auftritt des Babygodzillas möchte man laut „Trash!“ rufen, aber mit dem debil durch die Gegend stolpernden (und unfassbar peinlich designten) Minilla, der den Kaijū Eiga seinerzeit auf Kindergarten-Niveau abstürzen ließ, hat das hiesige Jungmonster nichts gemein: Der Babygodzilla wird als ganz natürliches und daher angesichts dessen, was rings um ihn geschieht, in erster Linie verstörtes und verängstigtes Wesen dargestellt – er steht eigentlich nur ruhig herum und ist dankbar für Azusas Zuneigung. Dass mit ihm eine deftige Portion Kitsch Einzug hält, muss man allerdings schlucken – jedermanns Sache dürfte also auch er nicht sein, und das durchaus zu Recht. Dennoch ist es erstaunlich, wie wenig Schaden er diesem Film zufügt: Godzilla vs. Mechagodzilla II ist auch mit ihm ein wuchtiger Riesenmonsterstreifen, den man zuvorderst über seine eindrucksvollen Krawallszenen wahrnimmt. Und davon gibt es jede Menge, denn die Zeit, die man den menschlichen Figuren hier verwehrt hat, bekommen Godzilla, Rodan und der Mecha obendrauf – das ist bei allen Schattenseiten ein gutes Geschäft, denn im Kaijū Eiga sollen schließlich die Monster das Geschehen bestimmen. Die erste Klopperei zwischen dem Großen Grünen und Rodan gibt es tatsächlich schon nach etwa zehn Minuten, später folgt das gewaltige Action-Set-Piece, in dem Godzilla auf Mechagodzilla trifft und anschließend Kyōto zerlegt, und im ausgedehnten Finale brechen auch die letzten Dämme. Ja, auch hierbei prügeln sich nur Männer in Gummikostümen und eine „Handpuppe“ durch allerlei Modellbauten, aber mitunter sieht das dermaßen echt aus, dass es einem schier die Sprache verschlagen will. In solchen Momenten formuliert Godzilla vs. Mechagodzilla II Referenzen, an denen man sich auch heute noch orientieren kann.
Bleiben wir gleich bei optischen, technischen und handwerklichen Aspekten – nun ist das Thema einmal angeschnitten. Mit Blick auf die Bildqualität wirkt der Streifen, der wie alle Arbeiten der Heisei-Serie im normalen 1.85:1-Format daherkommt, ungefähr genauso alt, wie er auch tatsächlich ist – eher sogar ein wenig älter. Es gibt durchaus ein paar saubere und klare Bilder, aber sehr oft (und mitunter ohne erkennbare Not) sind die Aufnahmen etwas grieselig, während die Farben generell ihre besten Tage hinter sich zu haben scheinen. Das gilt zumindest für die mir vorliegende DVD-Fassung von Splendid (mit diesem Film hat Splendid die deutschen Godzilla-Veröffentlichungen übernommen), an deren Achtbarkeit ich aber nicht zweifeln will. Vielmehr sind es vor allem ungünstige Lichtverhältnisse, die sich Bildern von höherer Qualität in den Weg stellen, denn traditionell sind die Monster natürlich auch hier bevorzugt (und wenn ich nicht irre sogar ausschließlich) des Nachts unterwegs – das erspart den Modellbauern ein paar allzu feine Details und lässt die Lichtstrahlen, die sich der Große Grüne und seine Kollegen inflationär um die Ohren feuern, umso eindrucksvoller wirken. Damit ist auch schon die Arbeit der Ausstatter und Effektspezialisten ins Blickfeld gerückt, und die lädt im vorliegenden Fall ganz besonders zu einer näheren Betrachtung ein: Godzilla vs. Mechagodzilla II entstand im Jahr 1993, im gleichen also, in dem Jurassic Park mit seinen CGI-Dinos ein neues Zeitalter der Tricktechnik einläutete. Gegen die sollten Tōhōs Gummimonster natürlich hoffnungslos überholt wirken, aber sie stellen sich dem Vergleich mit erhobenem Kopf und schneiden dabei gar nicht so schlecht ab, wie man annehmen muss. Das betrifft zumindest Godzilla und Rodan, während Mechagodzilla ein Sonderfall ist – schließlich handelt es sich bei ihm um eine Art Kampfroboter. Das kann man ihm sogar halbwegs abkaufen, obwohl auch er von einem Mann im Monstersuit verkörpert wird: In den meisten seiner Szenen sieht er tatsächlich aus, als wäre er komplett aus Metall. Ursprünglich war an seiner Stelle übrigens ein ganz anderes Monster angedacht – es sollte „Berserk“ heißen und magnetisch sein, sodass es jedweden Metallkrempel anzieht und bald zu einem unförmigen Etwas wird. Ich habe einen Entwurf dieser Kreatur gesehen, und der ist wirklich gruselig. Schade eigentlich, dass man mit dem bewährten und beliebten Mechagodzilla dann doch auf Nummer sicher gehen wollte. Ausgesprochen albern sieht dieser beliebte Mechagodzilla allerdings nach wie vor beim Fliegen aus, zumindest was sein vollkommen steifes Flugverhalten angeht. Die Flammen des Düsenantriebs muten indes verblüffend echt an – bei allem, was brennt und explodiert, waren die Tōhō’schen Effektspezialisten schon immer kompetent und großzügig. Besonders deutlich sieht man dies bei den gigantischen Feuerbällen, mit denen die Ölraffinerie der Woche in die Luft fliegt, aber auch darüber hinaus gibt’s feine Pyrotechnik und wirkungsvoll einkopierte Strahlen. Das mögen keine High-End-Tricks sein, aber sie lassen sich schön ansehen und sorgen für viel Stimmung in der Kaijūkrawallbude.
Zurück zu den Monstern: Godzilla selbst tritt hier in seinem frischen Radogoji-Suit in Erscheinung und sieht damit so gut aus wie selten – würdevoll, bedrohlich und weit davon entfernt, belächelt werden zu können wie so oft in der Vergangenheit (wobei dieses Belächeln zumindest in meinem Fall immer ein freudiges war – viele der alten Suits musste man einfach mögen, zumal die entsprechenden Filme ohnehin nicht ernst genommen werden konnten). Vielleicht sah er sogar noch nie so gut aus – mir fällt tatsächlich gerade kein besseres Kostüm ein als das hiesige, das übrigens in den Wasserszenen der beiden nächsten Filme der Reihe noch einmal kurz zum Einsatz kommen sollte. Wirklich toll ist darüber hinaus das Riesen-„P-T-Ránodon“ Rodan (oder eben Radon – ich bleibe bei Rodan). Der immer latent lächerliche Rodan gehört seit jeher zu meinen absoluten Lieblingsmonstern (ich sehe ihn sogar lieber als den goldenen Dreikopf King Ghidorah), weshalb ich hoch erfreut war, dass er hier in vorderster Front und quasi gleichberechtigt neben den beiden Titelhelden mitwirkt. Nicht nur das: Er tritt sogar in zwei Varianten auf. Eingangs, sprich auf der verstrahlten Vulkaninsel Adonoa, sehen wir den guten alten Rodan (wenn auch in deutlich „schickerer“ Form als zu Shōwa-Zeiten), aber nachdem er im Inselkampf von Godzilla besiegt wurde, mutiert er zum sogenannten „Fire Rodan“ (auch als Heisei-Rodan geführt) – rot gefärbt und stärker als zuvor (bei 70 Metern Höhe und 150 Metern Flügelspannweite). So verfügt auch er jetzt über einen (in schönem Violett gehaltenen) Hitzestrahl („uranium heat beam“) und macht auch fleißig Gebrauch davon. Zudem ist sein Design gerade im früher ziemlich „dahingeknetet“ wirkenden Kopfbereich nunmehr sehr gelungen und gefällt durch die natürlichsten (weil kleinen) Augen, die ich bisher bei einem Monster aus dem Hause Tōhō gesehen habe – in puncto Sehorgane leistet man sich dort bekanntlich gern einmal einen derben Fehlgriff (ich denke spontan an die großen bunten Plastik-Kristalle, die Mothra und Spiega respektive Kumonga als Augen dienen müssen). Sehr erfreulich sind ferner die zahlreichen Close-ups, die Rodan spendiert wurden – seine Schöpfer waren sich zu Recht darin sicher, dass sie ihre Arbeit vorzeigen können. Auch der Rest des Riesenflugsauriers ist gelungen, wobei er im vorliegenden Film ungewöhnlicherweise von einer „Handpuppe“ verkörpert wird. So nennen’s zumindest die Credits, aber es handelt sich nicht um das, was man gemeinhin als Handpuppe versteht (also der auf die Hand gestülpte Kasper und Artverwandtes), sondern um ein Modell in der Größe der anderen Monster, das herrlich filigran gestaltet wurde und sogar verhältnismäßig kompliziert ist – allein im Halsbereich steckt eine ziemlich aufregende Mechanik. Ich würde gern einmal wissen, wie es in der Praxis bedient wurde, aber ein „Making of“ hat die Splendid-Edition nicht an Bord. Auf jeden Fall zeigt gerade dieser Rodan wieder einmal, mit wie viel Aufwand und mit wie viel Liebe die Trickaufnahmen in den alten (und auch neueren) Kaijū Eiga umgesetzt wurden. Viel Liebe steckt schließlich auch im Babygodzilla, aber ... na ja – erst einmal sieht er nach Gummi aus. Vollständig, von der schick blaugrauen Haut bis hin zu den Zähnen oder den noch strahlend weißen Krallen. Da ist nichts als Gummi. Darüber hinaus ist einem auch beim Blick auf seine Gestaltung nicht wohl zumute – natürlich stand hier Niedlichkeit im Vordergrund, aber wo Niedlichkeit angestrebt werden soll, lauert eben wie schon angedeutet auch der Kitsch, und in den sind die Monsterdesigner leider ein Stück weit hineingeschlittert. Vor allem die Augen des Babygodzillas sind (anders als eben bei Rodan) doch arg groß geraten. Sei’s drum – eine gestalterische Totalentgleisung wie einst Godzillas Sprössling Minilla ist der elternlose Nachwuchs-Godzillasaurus nicht, und irgendwie muss man den netten Kerl auch mögen. Gummi hin, Gummi her.
Fortschritte zeigt Godzilla vs. Mechagodzilla II derweil im Vergleich mit älteren Tōhō-Streifen bei der Anwendung von Rückprojektionen respektive einkopierten Bildebenen. Wirklich gut sehen die zwar noch nicht aus, aber in zwei, drei Fällen kann man sie wenigstens nicht schon vom Mond aus als Betrug erkennen. Es wird, wie's scheint. Großartig ist zudem wieder die Arbeit der (vermutlich schlecht bezahlten) Modellbauer und der Umgang mit dieser Arbeit, obgleich er nicht gerade schonend ist ... In ihr steckt so viel Mühe, dass man sich verneigen möchte – es wurden schließlich nicht nur fünf, sechs Häuser zusammengefriemelt, sondern ganze Stadtviertel samt Infrastruktur (und sogar ein Baseballstadion) nachgebildet. Nicht jedes einzelne Gebäude ist bis ins letzte Detail hinein angefertigt worden, aber wenn’s darauf ankommt, sorgen die Modelle für schlichtweg umwerfende Szenen. Die umwerfendste dieser umwerfenden Szenen ist jene bereits angesprochene, in der Rodan von Mechagodzillas „Plasmastrahl“ in einen Wolkenkratzer geschleudert wird und dieser einstürzt. Das sieht wirklich täuschend echt aus – sowohl bauphysikalisch als auch hinsichtlich der Geschwindigkeit, mit der die Aufnahme wiedergegeben wird. Ein Kunststück. In Sachen Ausstattung und Effekte zieht sich Godzilla vs. Mechagodzilla II also weitgehend ehrenhaft aus der Affäre. Um den Kreis zu schließen, sei aber noch einmal der Vergleich mit Jurassic Park aufgegriffen: Spielbergs Rechner-Dinos mögen seinerzeit revolutionär gewesen sein und auch überaus beeindruckend aussehen, aber perfekt sind sie noch lange nicht – vielmehr verbreiten sie Uncanny-Valley-mäßig Unruhe, weil man besonders darauf achtet, ob dieses oder jenes doch nicht so ganz stimmt. Und spätestens bei den Bewegungen stimmt so einiges nicht. Entscheidend ist aber ein anderer Aspekt: Die alten Tōhō-Monster haben Charme und einen Charakter – davon können die jurassischen CGI-Saurier nur träumen (ganz zu schweigen vom lausigen Emmerich-Godzilla, der 1998 die Filmhistorie besudelte).
Wovon wir Zuschauer im Fall von Godzilla vs. Mechagodzilla II nur träumen können, ist indes gutes Schauspiel – aber damit kann es auch nichts werden, wenn das Skript wie schon gesagt nur Funktionsverkörperer ihre Funktionen verkörpern lässt. Die einzigen Mitwirkenden, die sich zumindest darstellerischen Minimalanforderungen stellen müssen, sind Masahiro Takashima als Kazuma Aoki und Ryoko Sano als Azusa Gojo. Der etwas grob wirkende, generell aber blasse Masahiro Takashima macht sein Ding, so gut es geht, aber wirklich gut geht es eigentlich nicht – ich denke, seine Rolle hätte besser besetzt werden können. Da er immerhin nicht unsympathisch ist, hätte sie freilich auch schlechter besetzt werden können – von daher will ich bei seiner Beurteilung friedlich bleiben. Die gleichfalls recht angenehme Ryoko Sano sorgt ihrerseits als Godzillasaurusnachwuchsbetreuerin leidlich unfallfrei für ein paar emotionale Momente und ist ansonsten lediglich als Stichwortgeberin unterwegs. Impulse kann sie dem Geschehen damit nicht verleihen. Cheftelepathin Miki Saegusa, die seit Godzilla – Der Urgigant in jedem Film der Reihe so zuverlässig auftaucht wie Godzilla selbst, wird wie immer von Megumi Odaka verkörpert, und nein, ich will jetzt einmal nicht über deren Segelohren lästern. Wie schon angesprochen hatte ich diesmal keine nennenswerten Sorgen mit ihr – es war okay. Allerdings kam sie mir deutlich älter vor als bei ihrem Auftritt im Vorgängerfilm Godzilla – Kampf der Sauriermutanten, der hier nur ein Jahr zurücklag. Seltsam. Eine Verwechslung ist jedoch ausgeschlossen, da ... aber ich wollte ja keine dummen Bemerkungen über ihre Segelohren machen. Der einzige halbwegs erwähnenswerte Akteur, der neben Megumi Odaka bereits Kaijū-Eiga-Erfahrung mitbringt, ist Kenji Sahara, der als Minister Segawa eine der genannten profillosen Funktionsrollen bekleidet. Tatsächlich haben wir mit diesem Minister Segawa noch eine weitere filmübergreifende, jedoch kaum relevante oder gar memorable Figur: Kenji Sahara hat sie bereits in Godzilla – Duell der Megasaurier verkörpert. Darüber hinaus spielte er den Erfinder Fujita in Die Rückkehr des King Kong, den fiesen Geschäftsmann Jiro Torahata in Godzilla und die Urweltraupen und den Vater des Kinderprotagonisten Ichirô in Godzilla: Attack All Monsters (ein kurzer Auftritt als Lokführer). In weiteren etwas auffälligeren Nebenrollen sehen wir Yûsuke Kawazu, dem man seinen Professor Omae immerhin abkaufen kann, und Leo Meneghetti, dem man seinen Doktor Asimov hingegen nicht einmal im Ansatz abnimmt. Da Columbia TriStar hier an der Produktion beteiligt war, sieht man neben ihm sogar noch ein paar weitere US-Schauspieler wie Andrew Smith oder Shelley Sweeney als G-Force-Angehörige herumturnen. Nicht zuletzt sollen nun aber auch wieder die Männer gewürdigt werden, die in ihren Gummianzügen den Monstern Leben verleihen: Godzilla wird Heisei-traditionell von Kenpachirô Satsuma verkörpert, im „Bebigojira“ steckt „Hurricane Ryu“ Hariken, der bereits wichtige Auftritte als King Ghidorah in Godzilla – Duell der Megasaurier und als Battra-Larve in Godzilla – Kampf der Sauriermutanten hatte, und die Mechagodzilla-„Rüstung“ trägt Wataru Fukuda, der ebenfalls bereits in Godzilla – Duell der Megasaurier mit von der Partie und dort als Godzillasaurus zu sehen war. „Hurricane Ryu“ Hariken hat hier übrigens auch noch eine kleine „menschliche“ Rolle als G-Force-Mechaniker. Die Rodan-„Handpuppe“ wird derweil wie auch immer von Kôichi Kawakita bedient, dem Leiter der Spezialeffekt-Abteilung persönlich. Der Score stammt schließlich vom Altmeister Akira Ifukube und bedient sich mehrheitlich wohlbekannter Motive, die hier und dort ein wenig „aufgefrischt“ wurden. Daneben gibt es auch ein paar Neukompositionen, was aber ohne Gewähr gesagt sein soll, da ich natürlich nicht Akira Ifukubes Kaijū-Eiga-Gesamtwerk im Kopf habe. Insgesamt ist der Film mit seiner Musik aber so oder so auf der sicheren Seite.
Nun ist sie zu sich gekommen, die Heisei-Reihe des Tōhō-Leitmonsters, wenn auch nur mithilfe alter Bekannter: Godzilla vs. Mechagodzilla II ist ein beachtlicher und mit viel Hingabe produzierter Kaijū Eiga, der so sehr den Monstern gehört wie keiner vor ihm – menschliches Handeln ist hier auf das notwendige Mindestmaß reduziert. Das mag seine Tücken haben, ist prinzipiell aber eine gute Nachricht: Japanische Riesenmonsterfilme sollen nun mal den japanischen Riesenmonstern gehören – da wiederhole ich mich gern zum dreiundfünfzigsten und gewiss nicht letzten Mal. Überdies wird das Handeln der Menschen hier auch noch kritisch hinterfragt, was zu einer überraschenden Abkehr von der bislang dezidiert bipolaren Mensch-Monster-Einordnung im Rahmen der Heisei-Filme führt. Allein damit ist Takao Okawaras zweiter Godzilla-Streifen schon auf einem guten Weg zum Kaijū-Eiga-Olymp, aber bis ganz nach oben schafft er es dann doch nicht, weil er etwas zu viel Kitsch und metaphysischen Mumpitz mit sich herumschleppen muss. Das ist keine Unmenge, aber auf die Dauer wird’s eben doch etwas zu schwer. Ungeachtet dessen kann der Film in seinen ausgiebigen Action-Set-Pieces eine enorme Wucht entwickeln und in manchen Szenen sogar nachdrücklich einfordern, dass man ihn nicht mehr als harmlosen Monsterspaß, sondern als veritables Überwältigungskino wahrnimmt. Es gab in der Tat Momente, in denen ich nicht weniger staunend vor dem Bildschirm gesessen habe als bei manchen Megaproduktionen des Zeitalters von Avatar und Avengers. Godzilla vs. Mechagodzilla II hinterlässt uns also schon eine gewisse Vorstellung davon, wie wirklich ernst zu nehmende Nippon-Monsterfilme aussehen könnten. Unabhängig von allen späteren Entwicklungen darf man den vorliegenden, inzwischen zwanzigsten Godzilla-Streifen aber schon einmal mit gutem Gewissen in die Spitzengruppe des Kaijū Eiga einsortieren.
8 von 10 Punkten mit Blickkontakt zur 9 aus persönlicher Sicht, ansonsten wieder 6 von 10.
(05/24)