Als vaterlandsloser Geselle aus Überzeugung tu ich mich mehr als schwer mit Kriegsfilmen. Antikriegskino a la M* A* S* H* und "Das Boot" haben mich zwischen 12 und 14 zu einem bekennenden Kriegsgegner reifen lassen, sehr zum Unmut meiner bundeswehrbegeisterten Mitschüler und den italienischen Söldnerschmier zur gelegentlichen Unterhaltung habe ich erst später und erst nach dem Ausfechten anfänglicher moralischer Konflikte kennen und lieben gelernt. Aber das "seriöse" Militärkino hat mich nie sonderlich interessiert: Materialschlachten dieser Größenordnung haben mich nie sonderlich fasziniert, zumal sich meiner einer im Hintergrund immer John Wayne und andere Propagandastars nach neuen Rekruten donnern zu hören wähnte und mir der Gedanke, mit einem Kinoticket oder eine DVD eine laufende Werbebroschüre zu genießen nicht sonderlich behagte.
Dennoch habe ich mich vor kurzem im Rahmen einer Wiederaufführung an "Jagdgeschwader Kamikaze" herangewagt, der zumindest in Sachen Materialschlacht durchaus zu faszinieren wusste. Der Rest des Filmes... Naja, in den vorherigen Zeilen habe ich mich dazu ja bereits geäußert. Hinzu kommt, dass am Vortag in der selben Veranstaltungsreihe mein Bedarf an historisch verbrieften Grausamkeiten mit "Der Schlächter Idi Amin" um ein vielfaches gedeckt wurde. Immerhin sei vorweg gesagt, dass die Geschichte eines chinesischen Fliegerkommandos um einiges leichter verdaulich ist. Ob aus Propagandazwecken, der Dramatik wegen oder, um einfach noch mehr Zuschauer mit einem gefälligeren Produkt in die Kinositze zu locken sei an der Stelle mal dahingestellt
Mittelpunkt dieses Sturzfluges eines historischen Actionfilmes ist der verdiente Colonel Kao, ein Kommandant der chinesischen Luftwaffe. Der leidenschaftliche Flieger und bedingungslose Vollblutpatriot kommt gebürtig aus der Mandschurei und ist den japanischen Besatzern dort ein Dorn im Auge, da er dem chinesischen Vaterland treu bleibt statt über zu laufen, was für seine dort lebenden Eltern eine akute (aber im Film nicht großartig behandelte) Gefahr darstellt. Dass dies nicht das einzige Problem des Fliegerasses darstellt wird schnell klar, als die Achsenmächte an die Tür klopfen und ihre Finger nach der chinesischen Provinz Namkin ausstrecken. Um den Invasoren auf selbige zu klopfen müssen waghalsigere Manöver, geschicktere Taktiken, bessere Maschinen her. Der Selbstmord eines Kao unterstellten Piloten, der sich als lebende Bombe mit einer Maschine in einen japanischen Panzerkreuzer stürtzt bringt der Staffel frei nach den japanischen Legenden um den Göttersturm den Beinamen "Kamikaze" bei, unter dem sie vom Feind geachtet, aber auch gefürchtet werden. Die wiederum ziehen in Sachen Rücksichtslosigkeit nach und halten ihre Piloten ebenfalls dazu an, auf diese recht eigentümliche Art für das Vaterland zu sterben.
Der Tod für ein "höheres Ziel" ist auch eigentlich der einzige nennenswerte Dreh - und Angelpunkt des Filmes: Der erste Selbstmordpilot in Kaos Reigen geht sein finales Mannöver in den motorisierten Suizid in einer Szene im Kopf durch und visualisiert die Planung sogar noch für uns Zuschauer mit einem Spielzeugflieger, und einem in einer Wasserschalle schwimmenden Papierschiffchen, aber die Motive des offenkundig psychisch angeschlagenen Mannes werden nicht weiter thematisiert. Sein Co - Pilot, Freund und Bordschütze darf sich nach einer Bruchlandung übrigens mit seinem frisch geerbten Revolver die Birne rausblasen und wird postmortem von feindlichen Truppen mit Saluten und Ehrbekundungen bedacht und wenige Szenen später stürzt sich dann der nächste Pilot in den explosiven Freitod. Kao selber stirbt übrigens undankbarerweise beim Auftanken seiner beschossenen Maschine, wird aber in den Credits ebenfalls als großer chinesischer Held gehrt.
"Jagdgeschwader Kamikaze" wurde hierzulande um einige sehr patriotische Dialoge und Szenen erleichtert und dennoch tropft der abgestandene Vaterlandspathos hier aus allen Poren, demnach heroisch in der Soundtrack, ein einziges fröhliches Schnätterätäng für das gutgelaunte Marschieren in den Tod: auf 80 Minuten bleibt halt einfach keine Zeit für Angst, Zweifel, Schmerz oder andere menschliche Regungen, die über reine und aufrichtige Vaterlandsliebe hinausgehen.
Immerhin erspart uns diese chinesische Produktion gnädigerweise das rassistische Abwatschen der verhassten Japaner und man kann der Effektarbeit durchaus anerkennend zunicken. Der Clou hier: wo heutzutage mit sündhaft teuren Computern Luftschlachten aus dem Nichts auf die Leimwand gezaubert werden musste unter der Regie Chang Tseng - Chais noch per Handarbeit und mit vielen Modellflugzeugen, - schiffen, - gebäuden und - landschaften rumgefriemelt und alles bitteschön korrekt verdrahtet und im richtigen Moment gesprengt werden, damit die Kamera auch ja nichts verpasst. Als reiner Effektfilm und amüsantes Pathosprodukt ist "Jagdgeschwader Kamikaze" also durchaus genießbar. Schön wäre, wenn die Piloten, deren Einsätze ich hier durchaus gespannt verfolgt habe einige Charakterzüge mehr als nur "Vorzeigesoldat" zu sein offenbarten.
Das Kriegsfilmgenre wird in diesem Leben nicht mehr mein Freund. Aber ich will den Film auch nicht allzu sehr abwatschen, da er durchaus seine Momente hat. Das reicht nur leider nicht dazu aus, sich einen Platz in meinem Filmregal zu sichern, die Nebenrolle von Martial Arts - Star Carter Wong leider auch nicht. Belassen wir es bei einer Daseinsberechtigung für Freunde des Genres, mehr ist aber beim besten Willen nicht drin.