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Es gibt Filme mit einem ziemlich mittelmäßigen Bewertungsdurchschnitt, welcher jedoch nicht aufgrund einer entsprechend hohen Anzahl an durchschnittlichen Bewertungen zustande gekommen ist, sondern weil sich positive und negative Bewertungen irgendwo egalisieren. Betrachtet man die Notenverteilung bei "Blueberry und der Fluch der Dämonen", so ist auffällig, dass sich die abgegebenen Bewertungen ziemlich gleichmäßig über die ganze Bewertungsskala verteilen. Filmliebhaber, die stets auf der Suche nach dem besonderen, dem außergewöhnlichen Film sind, dürfen dieses Indiz so interpretieren, dass es sich bei "Blueberry" wohl um einen Film handeln muss, der enorm polarisiert - und damit alles andere als gewöhnlicher Durchschnitt ist.

Als reiner Genrefilm (insbesondere als Western) dürfte "Blueberry" zweifelsohne puristische Sehgewohnheiten enttäuschen. Am hervorragenden Soundtrack und der unglaublich beeindruckenden Ästhetik der Bilder liegt dies nicht, sondern wohl eher in der Tatsache, dass der Film zum einen die Bahnen einer konventionellen Erzählweise verlässt und zum anderen dabei auch noch ganz unerwartete Inhalte in den Vordergrund rückt, als man von der Comicvorlage ausgehend vielleicht antizipieren dürfte.

Damit sind natürlich insbesondere die Erfahrungen des Protagonisten gemeint, der sich den Geistern seiner eigenen Vergangenheit stellen muss und dabei Territorium betritt, das nicht selten an die (mutmaßlich) autobiographischen Erzählungen von Carlos Castaneda erinnert. Um dem Ganzen eine Hausnummer zu geben: Es mutet an, als ob jene von Castaneda so eindrucksvoll beschriebenen Erfahrungen einer anderen Wirklichkeit in "Blueberry" eine visuelle Umsetzung finden. Die Darstellung dieser Bewußtseinsebene ist dabei ebenso gelungen, wie deren Einbettung in die Erzählstruktur des Films.

Dabei hat Jan Kounen keinen wirren Experimentalfilm geschaffen, sondern der Handlungsverlauf zeichnet sich stets durch Klarheit und Eindeutigkeit aus. Auch darf man die unendlich coole Gelassenheit der Erzählweise nicht mit einer spannungsarmen, schleppenden Inszenierung verwechseln. Eines ist "Blueberry" jedenfalls zu keiner Zeit: langweilig!

Mit "Blueberry" ist Kounen somit ein ganz besonderer Film gelungen, der sich nahezu jedem cinematischen Vergleich entzieht und dadurch auch kaum zur Mainstream-Unterhaltung taugt. Insofern kann sich der Film schwerlich sein Publikum suchen, sondern muss sich von diesem vielmehr finden lassen - ein Schicksal, das "Blueberry" mit vielen anderen außergewöhnlichen Werken aus Film, Literatur, Musik und Kunst teilt. (8,5 / 10 Punkten).

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