2149: The Aftermath oder auch „Confinement“, „Darwin“ oder „ESC“ erschien ursprünglich 2016 in Kanada und wurde 2021 auf dem amerikanischen Kontinent als DVD veröffentlicht. Eine deutsche Veröffentlichung gibt es bisher nicht, wäre aber wünschenswert, da der Film in meinen Augen sehr hochwertig ist. 2149 ist dabei ein Beispiel für einen Film, der mit absolut minimalistischen Aufwand ein hochwertiges Produkt darstellt. Was mir mal wieder zeigt: Nicht auf die Kohle kommt es an, sondern auf eine gute Story, ein gutes Drehbuch, gute Darsteller und gute Ideen.
Inhalt:
Erzählt wird die Geschichte von Darwin (Nick Krause), der im Kindesalter während eines furchtbaren Weltkrieges in einen speziellen Überlebens-Schutzbunker gebracht wurde und nun schon neun Jahre darin lebt. Die wenigen Menschen, die diesen Krieg überlebt haben, dürfen wegen der im Krieg eingesetzten chemischen Waffen die Bunker nicht mehr verlassen. Versorgt werden sie von der neuen „Weltregierung“, die im Gegenzug die Menschen für sich arbeiten lässt. Und das funktioniert über das „Web“, das auch die Bewohner mit Games versorgt, um sie ruhig zu stellen. Als eines Tages ein furchtbares Gewitter Darwins Computer zerstört, gelangt er außerhalb seines Bunkers und muss als erstes feststellen, dass die Luft nicht verseucht ist. Als er daraufhin seine Mutter suchen geht, trifft er in einem Wald auf die Familie von Lilian Bale (Molly Parker), die schon immer ganz ohne Schutzbunker zurechtkommt. Allerdings wird sie dafür auch gnadenlos von der Staatsmacht verfolgt…
Kritik:
Der Inhalt klingt wie ein SciFi-Thriller? Pech gehabt, ist nämlich keiner. Fans von actiongeladenen Filmen sollten gleich die Finger von diesem Film lassen, denn es handelt sich um viel mehr als das: Eine Liebesgeschichte in Nachkriegszeiten, ein Gesellschaftsdrama und auch ein klein bisschen Abenteuer.
Wobei es mit dem Gesellschaftsdrama losgeht: Die Menschen in den Bunkern stehen unter voller Kontrolle einer ominösen Weltregierung, die vorgibt, alles zu regeln und gut für die Menschen zu sorgen. Tatsächlich hält sie die Leute gefangen (ein Titel des Films lautet „Confinement“, auf deutsch Gefangenschaft) in ihren „Pods“.
Dadurch, dass ausschließlich per Tastatur mit anderen kommuniziert wird, können die Leute nicht mehr sprechen. Und durch die geschürte Angst vor der Verseuchung können sie auch nicht weglaufen, da ihre Muskulatur verkümmert ist. Ruhig gehalten werden sie mit Games, die im Web untereinander ausgetragen werden. Aber Darwin lernt irgendwann die Sinnlosigkeit eines solchen Lebens kennen, als er in einem populären Spiel den höchsten Level „Paradies“ erreicht. Er jubelt völlig emotionslos, denn was bedeutet das schon? Eben gar nichts. Doch ausbrechen aus dieser Welt kann er nur durch einen Zufall: Bei einem Gewittersturm wird sein Computer und der Notruf zerstört, er muß seine Zuflucht verlassen. Und da erkennt er den nächsten Baustein der Unterdrückung: Die Lüge. Denn die Verseuchung der Atmosphäre gibt es nicht (mehr). Parallelen zu heutigen Systemen lassen sich viele ziehen, Nordkorea z.B., wo ein ganzes Volk eingesperrt und belogen wird. Im Film wird nicht ganz klar, wer diese Weltregierung ist. Man könnte aber sogar auf den Gedanken kommen, dass es sich um Maschinen handelt, die die restlichen Menschen für eigene Zwecke missbrauchen.
Das Liebesdrama beschäftigt uns im mittleren Teil und ist sicher der beste Teil des Films. Darwin, der inzwischen in der Waldfamilie von Lilian Bale lebt, muss alles wieder neu erlernen, angefangen beim Sprechen. Lilians Tochter Dara kümmert sich besonders um ihn, die beiden verlieben sich dabei ineinander. Aber eben auch Gefühle wie Freundschaft, Liebe und Eifersucht sind ihm völlig fremd. Dem Film gelingt es hervorragend, die Fortschritte im Erlernen neuer alter Fähigkeiten und die langsam wachsende Zuneigung zu Dara so darzustellen, das es richtig Spaß macht, dem Ganzen zuzuschauen. Hier wirkt irgendwie nichts gekünstelt oder aufgesetzt, auch durch das gute Spiel der beiden jungen Darsteller. Das ist um Längen besser als in vielen anderen Filmen!
Interessant sind auch die Betrachtungen zur Familie. Da es schon vor dem Krieg einen starken Rückgang der Bevölkerung vorwiegend von Männern gab, bleiben diese nicht mehr bei einer Familie, sonern müssen im Auftrag der Regierung viele neue gründen. Eine Sache, die Dara nicht so gut gefällt; sie schwärmt von einer früheren Zeit, in der dies nicht so war, befürchtet aber, selbst Leidtragende dieser Regelung zu werden
Aber auch im dramatischen Schlussteil mit der Suche Darwins nach seiner Mutter lässt der Film keineswegs nach. Es gibt einige Überraschungen, die ich hier nicht verraten will, nur soviel: Ich hatte noch die Befürchtung eines „blöden“ Endes, wie so oft.
Aber auch hier kann ich Entwarnung geben: Gutes Ende, logisch und schlüssig, mit einer Prise Dramatik versetzt. Hat mir gut gefallen.
Technik:
Das der Film ein Low-Budget-Produkt ist, merkt man ihm selten an. Es kommen Polizeigleiter darin vor, trotz CGI sieht es sehr echt aus, wie sie durch die Landschaft gleiten. Was man bemerkt, ist, das der Film nur an sehr wenigen Orten spielt. Das ist dank der guten Story aber nicht wirklich ein Manko. Besser so als umgekehrt. Auch versteht man es geschickt, durch den Erzähler einen viel größeren Rahmen vorzutäuschen. So wird nichts vom Krieg gezeigt, große Städte gibt es auch nicht usw. Vieles spielt sich dann im Kopf des Zuschauers ab, was aber kein Problem darstellt und offenbar Geld gespart hat, dass man lieber in gute Schauspieler investiert hat.
Musik:
Unauffällig und angemessen. Gute 5.1 Soundqualität, nicht unbedingt üblich für einen günstigen Film. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Darsteller:
Sicherlich einer der Highlights des Films. Ehrlich gesagt, kannte ich niemanden von denen, obwohl Molly Parker in einigen Serien durchgehende Rollen hatte. Aber das merkt man ihr an, da sie die Rolle des Survival-Familienoberhauptes souverän spielt. Besonders gefallen haben mir aber Nick Krause als Darwin und Juliette Gosselin als Dara. Vor allen Dingen letztere ist absolute Sympathieträgerin und es macht richtig Spaß, ihrem erfrischenden Spiel zuzusehen. Nick Krause gelingt es ebenso genial, die ungewöhnliche Wandlung von einem gefangenen Gamer zum vollwertigen Mitglied einer Waldfamilie zu performen. Viel mehr Darsteller gibt es auch nicht, aber lieber fünf gute als zwanzig mittelmäßige…
Logik:
Für mich immer ein wichtiges Kriterium und gerade bei günstigen Produktionen leider oft der Schwachpunkt. Aber auch hier muss sich 2149 nicht verstecken: Die Story stimmt und ist soweit nachvollziehbar, größere Logiklöcher oder Unstimmigkeiten treten nicht auf. Paar Kleinigkeiten wie in jedem Film, aber das wars. Geschickt werden hier auch viele Fehler dadurch vermieden, indem man einige Sachen im Unklaren lässt und dem Zuschauer dadurch verschiedenste Interpretationsmöglichkeiten bietet.
Zum Beispiel das Motiv der Weltregierung, dies alles zu tun oder wie viele Menschen es überhaupt noch gibt.
Fazit:
Der Film ist ein ScFiDrama der ruhigen Art. Action gibt es keine, dafür viel Drama, eine gehörige Portion Gesellschaftskritik und eine schwierige Liebegeschichte in Zeiten des Neuanfangs. Das alles ist ordentlich gespielt, die Story ist sehr gut und wie eine Billigproduktion kommt der Streifen überhaupt nicht rüber. Schade ist, dass es keine deutsche Synchro gibt, der Film ist hierzulande nicht erschienen. Vielleicht wird das ja noch mal was, verdient hätte er es allemal. Da gibt es soviel Schrott auf Bluray, aber den hier natürlich nicht. Mir hat er jedenfalls gut gefallen.