Review

Einsamkeit, Sex, Glück

Audiards „Wo in Paris die Sonne aufgeht“ ist erst drei Jahre alt - und kommt doch gefühlt aus einer anderen Zeitrechnung. Und ich rede nicht von Pandemie oder Weltwirtschaft. Sondern eher für den französischen Regisseur selbst. Denn während er momentan mit dem höchst umstrittenen „Emilia Perez“ Bruchlandung und Oscar(nominierungs)erfolg zeitgleich erlebt, in mehrerlei Hinsicht Himmel und Hölle parallel, kommt diese schwarzweiße Ode an Paris und die Einsamkeit einer ganzen Generation trotz enormer Freiheiten und Möglichkeiten noch ganz ohne Skandale, Hate und Hypes aus… 

Ein Gedicht als Betthupferl für Paris

Vor dem (meiner Meinung nach völlig überzogenen!) Gegenwind zu „Emilia Perez“ hat Audiard absolute Banger und fast schon moderne Klassiker wie „Ein Prophet“ oder „Lippenbekenntnisse“ gemacht, das darf man nicht vergessen. Und auch „Wo in Paris die Sonne aufgeht“ zeugt von seinen Fähigkeiten und seinem Selbstbewusstsein. Die Bildsprache ist präzise und wunderhübsch - und das teils zwischen Plattenbauten, WGs und Unterführungen. Die Gesichter sind frisch. Das Schauspiel wirkt natürlich. Der Sex wirkt schwitzig und echt. Die Dialoge nie zu gekünstelt, gestochen oder zu artsy. Und die Themen der Einsamkeit und der beziehungstechnischen Verbindlichkeit wie Zerbrechlichkeit sind zeitlos, betreffen die „Generation Tinder & Co.“ aber krasser und bizarrer und widersprüchlicher denn je. All das nimmt Audiard hier mit klarstem Auge auf, setzt es um und packt es in eine glaubhafte, wenn auch etwas lose, sprunghafte Geschichte. Oder eher mehrere kürzere und clever umschlungene Charakterporträts. 

Stadt der Liebe, Triebe und „Ich mach die Biege!“

Fazit: die drei Figuren sind interessant und man folgt ihnen gerne, die Themen und die Umsetzung sind klassisch genauso wie im Zahn der Zeit, der Look ist edel und das Tempo stimmt. Einzig und allein, dass die Geschichten nicht alle gänzlich befriedigend abgeschlossen werden juckt mich ein wenig falsch. Ansonsten ein toller Dreier. 

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