Review

Indonesische Fliege

Ein wenig Fincher, sehr passend zu Netflix, ein bisschen „13 Reasons Why“ ist dabei, sehr indonesisch und dann doch universell - „Photocopier“ ist ein packendes, unterschwelliges Krimizeitstück über eine junge Webdesignerin und Studentin, die sich an eine halbe Partynacht ihrer Theatergruppe nicht mehr erinnern kann, woraus sich durch dunkle Vermutungen mit eventuell vergifteten Drinks und bitteren Einträgen in ihre Social Media-Timeline persönliche, gesellschaftliche und berufliche Probleme ergeben…

Blackout mit Folgen

„Photocopier“ ist ein hochaktueller Thriller. Ich glaube thematisch für muslimisch-asiatische Länder wie Indonesien noch mehr als für den Westen, doch eigentlich sind einige Punkte allgemeingültig und universell, technisch sowie menschlich. Die Hauptdarstellerin bekommt von mir Extralob, sie trägt hier sehr viel auf ihren unerfahrenen Schultern. Die authentisch wirkende Darstellung der indonesischen Kultur samt Studentenparties ebenso. Hinzu kommt die realistische und überhaupt nicht exploitative Darstellung, die man im Zusammenhang mit (sexuellen wie psychologischen) Übergriffen, Internetgefahren, kulturellen Missständen und Missbrauch aller Art nicht dick und lobend genug unterstreichen kann. Das hätten andere bei den Grundthematiken sicher wesentlich plakativer und „unterhaltsamer“ dargestellt. „Photocopier“ macht auf Probleme Indonesiens und allgemein vieler Gesellschaften sehr viel subtiler, realistischer und dadurch fast noch bitterer und nachwirkender aufmerksam. Über ganz viele Momente und Konsequenzen aus „Photocopier“ denkt man noch lange nach, sucht nach Vorbeugung und Lösungen. Von Alkoholkonsum über Social Media-Gefahren bis zum Status Quo des Geldes bzw. der Reicheren. Doch man wird nicht immer fündig werden. Exotisch und toxisch. Gefährlich und gemein. Authentisch und slowburnig. Das Denguefieber ist nichts dagegen. Mega letztes Bild, das dann auch final die Brücke zum mehrdeutigen Titel findet. Ich hatte ehrlich gesagt mehr klassischen Horror erwartet, da ich nahezu nichts über den Titel wusste. Bei seinem Release vor zwei Jahren ist er ja leider gänzlich untergegangen, der Overkill von Netflix halt. Aber vielleicht haben sowohl seine realistische, vollkommen nachvollziehbare Herangehensweise als auch sein Geheimtippstatus auch etwas Gutes. 

Kurze, Kopierer & Konsequenzen

Fazit: akuter und bedächtiger Cyberthriller aus Indonesien. Ein Geheimtipp mit aktuellen Themen, guten Jugenddarstellern und ansehnlicher Bildsprache. Das fesselt viel mehr über zwei Stunden als man meint. Zwischen Warnung, Anklage und alltäglichem Horror. Geht über die Grenzen Indonesiens hinaus! 

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