Review

"In unserer Welt bedeutet Geld alles."

1969 herrscht in Hongkong Chaos. Politische Unruhen, Proteste und Straßenkämpfe stehen an der Tagesordnung. Die drei Freunde Ben (Tony Leung), Frank (Jackie Cheung) und Tom (Waise Lee) sind zwar mittellos, dennoch soll Ben's Vermählung mit Jane (Fennie Yuen) eine große Feier werden. Frank leiht somit Geld, wird aber kurzerhand von einer Gangsterbande attackiert und verletzt. Ben will sich für seinen Freund rächen und sucht den Anführer der Bande auf. Versehentlich tötet er ihn und wird von der Polizei gesucht.
Über Kontaktpersonen verschlägt es die drei Freunde nach Vietnam, wo der Krieg in vollem Gange ist. Für den Auftragskiller Luke (Simon Yam) versuchen sie geschmuggelte Waffen zu verkaufen. Diese verlieren sie aber im Zuge des Krieges. Luke verschafft den Dreien im Anschluss die Möglichkeit, sich bei der ansässigen Unterweltgröße zu entschuldigen. Vor Ort kommt es aber zu einer wilden Schießerei, wobei sie eine Kiste mit Gold stehlen. Während der Flucht zerstört die Goldgier den Bund der Freundschaft.

"Bullet in the Head" ist ein überaus ambitioniertes Actiondrama. In schonungsloser Weise zeigt Regisseur John Woo ("The Killer", "Im Körper des Feindes") ein grauenhaftes Abbild des Krieges und die Abwärtsspirale der Psyche. Dabei beginnt der Film zuerst noch chaotisch und ist erzählerisch ohne Richtung.

Der Auftakt ist hastig und schnell geschnitten. Plötzliche Sprünge von einem Ort zum anderen verwirren den Zuschauer und lassen keine Charakterannäherung zu. Auch die noch gewöhnungsbedürftigen Gesichter der Darsteller sind teils schwer auseinanderzuhalten. Ca. 50 Minuten bleibt der Erzählfluss auf der Strecke. Eine lange Zeit, die zwar mit ordentlichen Stunts etwas aufgelockert wird, aber dennoch nicht mehr viel vom Film erwarten lassen.
Der Bruch kommt mit einer völligen Neuausrichtung. Denn der erwartet Actionfilm wandelt sich zu einem eindringlichen Kriegsdrama mit enorm melodramatischen Szenen und blutigen Eskalationen, denen stets die Übermittlung menschlicher Werte zugrunde liegen.

Die Charaktere sind zu Beginn einfach und schlicht. Das Publikum wächst aber mit ihren Schicksalen mit. Die Entwicklung ist schleichend, durch die asiatische Inszenierung etwas sperrig und somit sicherlich zunächst mühsam zu begreifen. Nach einer Stunde Laufzeit wird "Bullet in the Head" aber ergreifend genug um endlich auch nachvollziehbar zu werden.
Mit seinen Themen um Loyalität, Freundschaft, psychischen Zerfall und Gier nach Reichtum ist der Film überaus vielschichtig für sein Genre.

Die Schießereien sind virtuos in Szene gesetzt. Zeitlupensequenzen und Standbilder runden die bombastischen Massenszenen mit ihrer enormen Zerstörungswut ab. Blutige Einschüsse und technisch beeindruckende Explosionen hinterlassen einen hochwertigen Eindruck.
Sicherlich ist "Bullet in the Head" mit seinen Folterszenen und der heftigen Gewalt kein Leichtgewicht. Selten wirken diese Szenen aber plakativ, gerade wegen ihrer angestaubten Präsentation.

Die Darsteller agieren ordentlich und wachsen mit ihren Aufgaben. Gerade Tony Leung ("Hard Boiled") und Waise Lee beweisen eine gewisse Vielseitigkeit. Jackie Cheung neigt des Öfteren zum Over-Acting während Simon Yam ("Ip Man"-Reihe) etwas zurückhaltend bleibt.

Mit "Bullet in the Head" muss man erstmal warm werden. Zu Beginn fehlt die komplette Ausrichtung. Alles wirkt chaotisch und ohne eine erzählerische Planung. Nach 50 Minuten beeindruckt der Film aber nicht nur mit hochwertiger Action sondern auch mit unerwarteter Substanz. Die Themen sind anspruchsvoll, die Bilder schonungslos. War die Atmosphäre zu Beginn noch heiter und optimistisch, ist sie gegen Ende hoffnungslos und deprimierend. Wer bereit ist sich mit sperriger, asiatischer Filmkost auseinanderzusetzen, findet hier ein außergewöhnliches Kriegs- und Actiondrama mit extrem holprigem Einstieg.

7 / 10

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