Review

Das Wort "blast" muss einige Zeit bei deutschen Actionfreunden sehr zugkräftig gewesen sein, denn man machte im deutschen Verleih nicht nur aus John Woos Meisterwerk "The Killer" (so der internationale Titel, des Kantonesischen bin ich nicht wirklich mächtig) einen "Blast Killer", sondern in dasselbe Gebläse geriet auch sein weniger perfekter Brutalo-Söldnerfilm "Heroes shed no tears" und wurde zu "Blast Heroes". Alarm geblasen wird hier von der thailändischen Regierung, die einen Drogenbaron ausschalten will und dafür ein paar Söldner anheuert, unter ihnen Chan Chung (Eddy Ko), der ein treusorgender Familienpapi ist und für Frau und Sohnemann eine Einwanderungsgenehmigung in das gelobte Land mit den drei Buchstaben (nein, nicht DDR) erwerben will. Die anderen Söldner sind mehr nach dem schnellen Geld aus, und so ein bisschen Lebensgefahr ist für sie kein Problem.

So geht es auf ins Abenteuerland, das im Grenzgebiet Thailand-Vietnam angesiedelt ist. In einer spektakulären Schlacht mit des Drogenbarons Soldaten, die (alle zwecks leichterer Erkennung beim Schießen) schöne schwarze Anzüge tragen, wird der Boss entführt, während seine Mannen durch Granaten, Flammenwerfer und andere Scherzartikel ziemlich indisponiert sind. Trotzdem sind noch einige Getreue übrig, die ihrem von den Söldnern entführten Meister auf Gedeih und Verderb durch den Urwald folgen. Chan Chung und seine spaßmachenden Freunde sind derweil auf Chans Familienanwesen angekommen. Dort haben die Schwarzkittel allerdings schon gehaust und den alten Opa umgelegt sowie Frau und den kleinen Sohn Keong gefangengenommen. Letzterer kann sich allerdings mit einem gezielten Handbiss befreien, und weiter geht es, nun mit Frau und Kind (warum die mitgeschleppt werden, ist mir nicht so ganz klar geworden - handlungslogisch gesehen, meine ich...) und weiterhin mit den Schwarzmännern auf der Fährte.

An der Grenze zu Vietnam angekommen, werden unsere Söldner Zeugen einer unschönen Szene: Ein französisches Ehepaar stößt auf vietnamesische Truppen; der Mann wird von einem freundlichen Offizier an die Schlacht von Dien Bien Phu erinnert und bekommt kurz darauf von demselben einen Kopfschuss verpasst. Damit wäre der oberste Filmbösewicht etabliert. Als er auch die Frau umlegen will, greift Chan ein und schießt dem Offizier ein Auge aus, mit dem er gerade durchs Zielfernrohr linst. Das kann sich der Vietnamese nicht gefallen lassen; Auge um Auge, schwört er dem Söldner - so hat dieser neben der Drogenarmee noch die Vietnamesen als Verfolger hinzugewonnen...

Damit kann man sich vielleicht schon eine Vorstellung vom Wesen des Films machen: Er ist klischeehaft, teils sehr albern, aber - und das wird viele am meisten interessieren - er ist saumäßig brutal. Leider vermag er eigentlich nur auf diesem Gebiet richtig gut dazustehen - und das natürlich auch nur unter Weglassen jeglicher Realismusansprüche. Wie man es eben so kennt, stehen die Helden hochaufrecht in freier Schussbahn und werden nicht getroffen, während die in ungleich höherer Zahl vorhandenen Feinde blitzartig umfallen wie die Zinnsoldaten.

Sobald man seine infantile Freude an blutigen Schießereien, verheerenden Explosionen, hochgraphisch dargestellten Ermordungen mit Spießen, Messern, Flammenwerfern usw. etc. ein wenig außer Acht lässt und nach der Zeichnung von Figuren, Schauspielerleistungen sowie dem Sinn der ganzen Handlung fragt, tun sich einem Abgründe auf - und daher haben wir es keineswegs mit einem typischen Woo zu tun, obwohl ebendieser für das ebenso klischeehafte wie teilweise menschenverachtende Drehbuch verantwortlich ist. In einer Szene, die offenbar lustig sein soll, sprengt ein Söldner namens Chin mal eben eine ganze Hütte voller Eingeborener weg. Oder derselbe Söldner begegnet einer Chinesin, die sich als Masachi vorstellt, was er als "Massage" deutet, und schwups seift sie ihn mit ihrem entblößten Torso ein (ja, nackte Frauen bei John Woo, wer hätte das für möglich gehalten?).

Solche Dummheiten begegnen natürlich in Actionreißern verschiedenster Provenienz, was sie jedoch gerade bei diesem Mann auf dem Regiesessel kaum nachvollziehbarer macht. Abgesehen von den spektakulären Kampfszenen würde man niemals glauben, dass dieser Film vom selben Regisseur stammt wie "A better tomorrow", "The Killer", oder gar "Bullet in the head" - der trotz ähnlich ablehnungswürdiger Vietnamesen-Klischees den Krieg ungleich humanistischer und verurteilender darstellt. Die Fronten zwischen Gut und Böse werden hier auch nicht in Frage gestellt; so lebt zum Beispiel ein einsamer GI als meditierender Pascha mit seinen jungen asiatischen Gespielinnen mitten in der Wildnis, der bei der Begegnung mit den verfolgten Söldnern dann doch noch einmal zum Helden mutiert und sich als Selbstmordattentäter (!) den Feinden entgegenwirft.

Die sympathischste Figur ist eigentlich der vietnamesische Offizier, der so ein Scheusal ist, dass es wirklich Spaß macht, ihm bei seinen bitterbösen Handlungen zuzuschauen. Auch ist er wenigstens mit einem anständigen Schauspieler, dem vor allen in Kampfkunst-Filmen hervorgetretenen Lam Ching Ying, besetzt. Ebenfalls sehr ansprechend spielt Eddy Ko, der seine (natürlich absolut schablonenhafte) Rolle als draufgängerischer Söldner und verantwortungsbewusster Vati (passt ja nicht wirklich zusammen, aber was soll's) so glaubwürdig, wie es geht, vermittelt. In Ordnung auch der Drogenbaron, dessen Rolle sich nur auf ein paar unzufrieden hervorgepresste Sätze beschränkt.

Ganz anders die Söldner, im Film mit Namen wie Chin oder Big Dog (engl. Untertitel...) gesegnet. Außer einigen äußerst peinlichen Komikeinlagen haben sie ja nichts anderes zu tun, als zu schießen, Granaten zu werfen und laut heulend ihre gefallenen Kameraden zu beweinen, und bei diesen letztgenannten Szenen möchte man sich ob solch schauspielerischen Unvermögens abwenden. Um so mehr erfreut es, wenn solch ein lustiger Gesell den Weg in den Orkus einschlägt. Wie schon gesagt, tauchen auch ein paar Frauen auf, die jedoch als bloße Staffage dienen, und später zeigte Woo ja weiterhin in seinen Filmen, dass ihn weibliche Figuren wenig interessieren. Und dann gibt es eben noch den kleinen Sohn des Obersöldners, der eigentlich nur dazu da ist, um die Emotionen des Zuschauers noch ein bisschen mehr anzustacheln - da das Balg wie zu erwarten ständig in Lebensgefahr gerät, aber Papi auch mal zwischendurch retten darf.

Eine gewisse Glaubwürdigkeit rettet Woo mit dem Schluss, der nach (wie sollte es anders sein) überbrutalen Endkämpfen nur wenige der angetretenen Figuren überleben lässt - und die, die überleben, sind für immer gezeichnet.

Ein sehr zwiespältiges Vergnügen. Es kracht und metzelt an allen Ecken, aber fast jeder darüber hinausgehende Anspruch bleibt unbefriedigt.

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