Review

Tanz der Doktoren


Nachdem in den letzten Woche schon „Everthing Everywhere All At Once“ das Konzept der Multiversen enorm kreativ gedehnt, gestapelt und gerockt hat, kommt nun ein etwas anderer, massentauglicherer und teurerer Ansatz. Marvel schickt seinen Zauberdoktor in die zweite Solorunde, in ein verzwicktes Labyrinth aus Realitäten und Universen, Persönlichkeiten und Problemen, Verbündeten und Bösewichten. Dabei darf Comicverfilmungs- und Horror-Urgeistein Sam Raimi die wilden Strippen ziehen - und gibt dem MCU seinen bisher monströsesten und horrorartigsten Film…

„Doctor Strange In The Multiverse of Madness“ hat einige kleinere Fehler, geschichtlichen wie logischen Hubbel und Unzulänglichkeiten. Und dennoch könnte ich mir vorstellen, dass er im Endeffekt einer der von mir meistgesehenen MCU-Ableger werden könnte. Warum? Ganz klar wegen Sam Raimi, der dem Ganzen einen erstaunlich an Horror grenzenden Anstrich verpasst. Er drückt seinen Stil kraft- wie humorvoll voll durch und grenzt damit alles deutlich vom totalen Mainstream und Einheitsbrei ab. Die Bösewichtin ist große Klasse und allein auf Grund ihrer Historie für uns Fans greifbarer und tiefer als nahezu alle anderen bisherigen Baddies im MCU. Selbst wenn man darüber streiten kann, sie derart zu strapazierten und sich entwickeln lassen. Und ob es durch ihre enorme Präsenz, Präsentation und Screentime überhaupt noch ein reiner Doctor Strange-Film ist. Dennoch ist gerade ihr Massaker in einem Paralleluniversum für mich ein absolutes Highlight, erstaunlich hart und kommt mit etlichen Wow-Effekten. Fast schon „Invincible“- oder „Rick & Morty“-Vibes. Ein weiterer Höhepunkt ist die Musik - samt einem sehr genialen und ohrenfordernden „Kampf der Noten“. Das habe ich so noch nie gesehen! Cumberbatch ist eh ein Schwergewicht und sehr charismatisch, mehr denn je mit seiner Rolle verschmolzen. Dazu ist es schön, dass gerade ein solches Unterfangen nicht in ein reines Chameofeuerwerk ausartet und die kleine America ist als Neuzugang ebenfalls nicht uninteressant. Es gibt Monster, es gibt „Splatter“, es gibt Wahnsinn, es gibt Überraschungen. Alles toll und einer der genreaffinsten Marvelfilme der Neuzeit. Als klare Minuspunkte müssen suboptimale CGI-Effekte, einige vergebene Chancen und Möglichkeiten (natürlich, bei unendlich vielen Universen), sprunghaftes Charakterverhalten und seltsame Powerlevel genannt werden. Ein Heidenspass bleibt's!

Fazit: die deutlichen Horrortendenzen und Raimi'isms sind genial und genau mein Geschmack. Die Bösewichtin hat Intimität, Tiefe und ist mal etwas Anderes (selbst wenn „Wandavision“ somit nicht nur zur Pflicht sondern auch thematisch eigentlich nur nochmal extremisiert wird). Insgesamt bleibt er vielleicht auf Grund unendlicher Möglichkeiten minimal hinter den Erwartungen und erbetenen Unterhaltungswerten zurück. Aber er hat bei mir persönliche Steine im Brett! 

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