Review

LAND SHARK

(LUXINGSHA)

Cheng Si-Yu, China 2020

Vorsicht – dieses Review enthält SPOILER!


Land Shark – mehr nach einer weiteren Asylum-Gurke kann ein Filmtitel gar nicht klingen. Aber nein: Dies ist Sharxploitation aus China (!), wo man in den letzten Jahren eine beträchtliche Menge an Creature-Trash produziert hat. Außerhalb ihrer Heimat wird man freilich die meisten dieser Filme nicht zu Gesicht bekommen – umso willkommener war zumindest mir der vorliegende Streifen.

Ein Forschungslabor irgendwo weit unter dem Meeresspiegel: Hier ist ein Team begnadeter Wissenschaftler dabei, ein Mittel gegen den Krebs zu entwickeln. Dazu haben sie sich einen ganz speziellen Hai herangezüchtet und experimentieren fleißig mit seiner DNA – weshalb das Tier natürlich schon längst nicht mehr das ist, was es einmal war. Wir haben hier also nicht einfach nur einen speziellen, sondern einen kräftig mutierten Hai, der auch gar nicht mehr wie ein normaler Hai aussieht, sondern eine krokodilartige Panzerung besitzt.

Was aber geschieht, wenn Forscher in Unterwasserlaboratorien mit mutierten Haien herumspielen, weiß inzwischen jedes Kind: Der etwas zu kühn überarbeitete Knorpelfisch durchbricht die Panzerglasscheibe (ein amerikanisches Erzeugnis!), hinter der er herumschwimmt, und besucht die Forscher im nunmehr brusthoch gefluteten Labor. Letztere können sich zwar auf verschiedene aus dem Wasser ragende Gegenstände retten, aber manch einer (und manch eine) rutscht dann schon mal herunter ... Hungern muss der Hai also auf keinen Fall.

Die Angelegenheit zieht sich nun erheblich in die Länge, weshalb schon befürchtet werden muss, dass wir so lange im gefluteten Labor verweilen, bis auch der letzte Forscher von seinem Tisch oder Regal gerutscht ist – und das kann dümmstenfalls dauern ...

Irgendjemand findet dann aber eine Leiter, die zu einem Lüftungsschacht führt, und einen Schnitt später entsteigt mitten auf einer tropischen Insel auch schon der letzte der noch lebenden Forscher ebendiesem Schacht. Durchatmen. Oder doch nicht? Nein, kein Durchatmen: Jetzt nämlich beginnt Land Shark seinen Titel zu rechtfertigen und lässt den Mutantenhai aus dem Erdreich auftauchen!

Tatsächlich kann er sich also auch an Land und sogar im Boden fortbewegen und macht von dieser Fähigkeit auch fröhlich Gebrauch. Forscherin Ye Xin hat gerade noch Zeit genug, um einzuräumen, dass man das Tier mit Wurm-DNA behandelt hat (weshalb es sich nun also auch den Lebensraum von Regenwürmern zu eigen machen kann) – dann muss sie aber auch schon schleunigst mit den anderen die Flucht ergreifen, denn ihre Schöpfung ist anscheinend noch lange nicht satt und macht mit einem Höllentempo Jagd auf die etwa zehnköpfige Überlebendengruppe, die dann auch rasch keine zehnköpfige Überlebendengruppe mehr ist.

Immerhin weilt Song Yi, der coole und trinkfreudige Haiexperte des Forschungsprojekts, noch unter den Verbliebenen und kann mehrfach das Allerschlimmste verhindern. Als die Lage trotz seines mutigen Einsatzes endgültig aussichtslos erscheint, kreuzt glücklicherweise ein Deus-ex-Machina-Söldnertrupp auf und kann den Hai mit massiver Waffengewalt zwar nicht töten, aber wenigstens zurückdrängen. Die Kämpfer gehören zum Laborchef Qian Cheng, der sich während des Unglücks offensichtlich außerhalb der Forschungsstätte aufgehalten hat und nun seinen Hai zurückhaben möchte. Dieser kann sich inzwischen aber wieder aufrappeln und entschwindet im Meer, um kurz darauf in einer schicken fiktiven Millionenstadt für veritable Verwüstungen zu sorgen und kleine Mädchen zu erschrecken.

Als das langweilig wird, kehrt er wieder zum vorherigen Schauplatz zurück und legt sich erneut mit dem Rest der Forscher und der Söldnertruppe an. Auch dieses Mal kann man ihn nach einem hitzigen Gefecht ruhig stellen, und diese Phase der Ruhe nutzt der Antagonist unserer Geschichte, um sich endlich als Antagonist zu artikulieren: Laborchef Qian Cheng will das Tier nicht mehr für die Krebsforschung einsetzen, sondern als Biowaffe verscherbeln, was einen wesentlich höheren Gewinn verspricht. So wie’s aussieht, will er nun alle töten, die ihm dabei im Weg stehen könnten – aber natürlich kommt der Titelheld rechtzeitig zu sich, um den fies grinsenden Qian Cheng ...

Nachdem das geklärt ist, muss dem mutierten und scheinbar auch noch ständig wachsenden Wurmhai allerdings endlich einmal für alle Zeit das Handwerk gelegt werden – was natürlich eine Aufgabe ist, der nur ein cooler Haiexperte wie Song Yi gewachsen sein kann ...

Es geht also noch einmal kurz zur Sache, und nach 75 Minuten ist der Spaß dann auch schon vorbei. Ja, ich denke, mit „Spaß“ ist das, was uns Cheng Si-Yu hier anbietet, ziemlich gut charakterisiert. Der Ansatz, einen Hai an Land und im Boden wüten zu lassen, bietet sich freilich auch nicht gerade für eine seriöse Umsetzung an – so etwas gemahnt schon an Sharknado, Sand Sharks, Snow Sharks, Swamp Shark, Ice Sharks, Dinoshark, Atomic Shark, Zombie Shark, Roboshark, Dam Sharks und wie die durchgeknallten Sharxploitation-Heuler der letzten zwei Dekaden noch alle heißen mögen. Land Shark reiht sich nun in Sachen Blödsinn schon mal würdig unter diesen Arbeiten ein und zeigt in Sachen Kurzweil den meisten von ihnen sogar ganz klar die Rücklichter. Wie gesagt: Wir haben 75 Minuten, und in denen gönnt sich dieser Film nach der notwendigen kurzen Einleitung keine einzige Verschnaufpause mehr. 

Erfreulich ist dabei, dass das Tempo zwar irre hoch ist, aber (bis auf eine kleine Ausnahme, die als Spielerei durchgeht) nie Hektik verbreitet wird wie beispielsweise in vielen der neueren Asylum-Produktionen (Hypercane ist da ein ganz böses Beispiel). Und Land Shark gönnt auch seinem Titelhelden keine unnötigen Verschnaufpausen mehr und lässt ihn fleißig arbeiten: Der Monster-Mensch-Koeffizient des Streifens (also Zeit der Monsterszenen durch Zeit der Szenen ohne Monster) ist beispielgebend und liegt definitiv über 1. Und das ist wirklich sehr selten – mir fällt auf die Schnelle kein Film ein, der so einen Wert erreicht (bei Asylums Ape vs. Monster beträgt er ungefähr 0.03, nur zum Vergleich). Aber genug dieses Unfugs – anders gesagt bekommen wir den mutierten Wurmhai wirklich oft und über längere Passagen pausenlos zu sehen, und dies auch noch in ziemlich spektakulärer Form: Hier gibt es keine öde Hai-Stock-Footage, sondern einen Panzer-Knorpelfisch, der fröhlich durch den Boden pflügt oder in einer Millionenstadt herumspringt – und spätestens Letzteres sorgt dann sogar für einige ikonische Bilder. Schade, dass diese Sequenz recht kurz geraten ist, aber für mehr waren dann wohl doch keine Yuan-Scheinchen vorhanden. 

So muss sich der Land Shark überwiegend mit einem Acker und etwas Waldboden begnügen (er benutzt übrigens, auch wenn er unterirdisch unterwegs ist und man nur die Rückenflosse sieht, immer brav die Wege!), aber das ist ja allemal besser als gar nichts. Was bei dieser extremen Fokussierung auf die Creature-Action vollkommen auf der Strecke bleibt, sind freilich die Handlung und die Figuren. Erstere wird im gegebenen Subgenre aber ohnehin immer überbewertet, sodass der Schaden eher gering ist – klar, hier werden nur ein paar klassische Motive aufgewärmt, und manches wiederholt sich sogar (so wird die Idee mit dem kleinen Mädchen, das unmittelbar vor dem Monster sitzt, zweimal und mit zwei verschiedenen Kindern verwirklicht – das ist eigentlich schwach, so genial diese Bilder auch sein mögen), aber einen komplexen Plot hat in diesem Fall niemand gebraucht. 

Eine, wenigstens eine halbwegs ausgearbeitete Figur hätte allerdings nicht geschadet. Nomineller Held ist der Haiexperte Song Yi, aber wir wissen von ihm nicht mehr, als dass er Alkohol mag und ein Draufgänger ist – ansonsten gibt es ihn eben zufällig und er muss die meiste Arbeit machen. Die zweitwichtigste Person ist die Wissenschaftlerin Ye Xin, und die schaut eigentlich nur ernst in die Gegend, fummelt gelegentlich an einem mitgeführten Koffercomputer herum (was genau das bewirken soll, wissen übrigens die Götter) und rennt mit den anderen vor dem Landhai davon. Der Antagonist wird zweimal kurz hineingeschoben, weil es eben einen geben muss, ein ziemlich dicker Sidekick Song Yis ist für den intendierten Humor hauptverantwortlich, welcher mitunter bedrohlich ostasiatisch, sprich albern ausfällt (warum müssen in chinesischen Filmen eigentlich immer dicke Menschen als Pausenclowns herhalten?), und die meisten anderen Mitwirkenden sind ohnehin von vornherein Knorpelfischfutter (tatsächlich landen viele von ihnen im Rachen des Landhais, aber explizit blutig wird es nie). Eine Figur, an der man als Zuschauer Interesse entwickeln kann, ist also weit und breit nicht zu finden. Keine menschliche, um genau zu sein. Das bleibt indes nicht ohne Folgen: Land Shark rauscht ohne nennenswerten Widerhall an einem vorbei und wirkt überspitzt gesagt wie ein ellenlanger Trailer, der lediglich mit Höhepunkten (sprich Monsteraction) werben möchte. Aber gut: Es gibt sie schließlich, diese Höhepunkte.

Optisch kann der Streifen nicht immer überzeugen, obwohl er im feinen Breitwandformat daherkommt. So haben die anfänglichen Innenaufnahmen im Forschungslabor einen leichten Grauschleier, und auch später wollen sich Farben nicht wirklich zeigen – zwar gibt es prinzipiell attraktive Freiluftschauplätze, aber die Kamera kümmert sich vor allem um das braune (CGI)-Erdreich, das durch den Landhai beim Durchpflügen des Bodens aufgeworfen wird. Und das sieht leider nicht wirklich gut aus – womit wir schon bei den Effekten sind. Ebendieses Erdreich, das den Umständen entsprechend natürlich sehr oft zum Einsatz kommt, kann seine Rechnerherkunft nie verbergen, und bei zwei, drei kleineren Explosionen sinkt die Qualität noch weiter, also ganz tief in den Keller. Ein Glück, dass von denen nicht mehr benötigt wurden. Der CGI-Landhai indes, und der steht natürlich im Zentrum des Interesses, macht nicht den schlechtesten Eindruck – auch er ist in der Regel mal mehr und mal weniger deutlich als Computerarbeit auszumachen, aber er hat ein paar Momente, in denen man tatsächlich anerkennend mit dem Kopf nicken möchte. Alles in allem liegt die Qualität der eingesetzten VFX ein kleines Stück oberhalb der allgemeinen Asylum-Referenz. Dass Cheng Si-Yu für seinen Film etwa das Vierfache dessen zur Verfügung stand, was man in der kalifornischen Schundbude für einen Film ausgibt, spielt dabei keine große Rolle – hier wurde natürlich in erster Linie in die Quantität investiert. Und das nicht ohne Erfolg.

Die Darsteller kommen derweil in ihren bereits angesprochenen lausigen Rollen kaum zur Geltung. Liqun Luo lässt sich dabei als Haiexperte Song Yi nichts zuschulden kommen, hat aber seine bemerkenswertesten Momente im physischen Bereich, sprich immer dann, wenn er kühn durch die Gegend hechten darf. Apropos Gegend: In der steht die wunderschöne Xi Mei-Li als Forscherin Ye Xin allzu oft herum und tut kaum mehr als ernst und wunderschön dreinzuschauen. Damit ist sie schlichtweg verschenkt, denn sie macht beileibe nicht den Eindruck, dass das alles ist, was sie kann. Ferner versucht Yang Yong als Antagonist Qian Cheng bis zu seinem beneidenswert schnellen Feierabend so fies wie möglich zu grinsen, und Tang Xin macht als Song Yis schwergewichtiger Sidekick Pang Yu auf leidlich sympathische Weise all die lustigen oder weniger lustigen Dinge, die ihm das Skript aufträgt.

Der Score nimmt die Sache schließlich keineswegs auf die leichte Schulter und kommt mit wuchtigen Orchesterklängen daher, die man sich auch ohne Weiteres in jeder westlichen Großproduktion vorstellen kann. Dummerweise bedeutet das aber auch, dass er phasenweise echt nervt und Mühe hat, dies durch ausreichend angenehme Passagen wiedergutzumachen. Er schafft’s, aber nur knapp.

Sehr schön: Land Shark ist erfrischender, kurzer, knackiger und weitgehend lockerer Creature-Trash aus dem fernen Osten, der sich nicht von Kleinkram wie einer originellen Handlung oder lebendigem Personal ablenken lässt, sondern auf mitreißende und in ihren besten Momenten sogar denkwürdige Monsteraction setzt und seinen grotesken Titelhelden ausgiebig zelebriert. Damit erzielt der Streifen natürlich einen enormen Unterhaltungswert, und da er seinen westlichen Vorbildern und Artverwandten auch in Sachen Beklopptheit keineswegs nachsteht, bringt er eigentlich alles mit, um in Sachen Sharxploitation-Schwachsinn selbst zum Vorbild zu werden.

(02/24)

6 von 10 Punkten – Trash-Freunde dürfen auch noch etwas hinzurechnen.





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