Review

1918: Die junge Pearl träumt von einer Karriere als Tänzerin beim Film, steht aber unter der Fuchtel ihrer streng-religiösen Mutter Ruth und ist vom Schicksal dazu verdammt, als billige Arbeitskraft auf der elterlichen Farm zu versauern und ihren von der Spanischen Grippe gelähmten, stummen Vater zu pflegen. Während ihr Ehemann Howard in Europa als Soldat kämpft, bändelt Pearl heimlich mit dem Projektionisten des örtlichen Kinos an, der jedoch auch nicht bemerkt, dass die junge Frau mental mehr als nur ein wenig am Rad dreht und auch mal kleine Tiere an ihren Alligator Theda verfüttert, der in einem See hinter ihrem Haus lebt. Eine Möglichkeit, ihrem traurigen Dasein zu entfliehen, verspricht da ein anstehendes Vortanzen für eine Revue, doch bereits im Vorfeld des Castings brechen bei Pearl alle Dämme und sie greift zu Mistgabel und Axt, um endgültig klar Schiff zu machen... Na, es ist doch ziemlich fraglich, ob da wirklich irgendjemand ein Prequel gebraucht hat, welches die Hintergrund-Geschichte der Bösewichtin im Senioren-Alter aus Ti Wests Porno-Slasher "X" näher beleuchtet... außer halt Hauptdarstellerin Mia Goth, die nach dem (bizarrerweise) erstaunlich gut aufgenommenen Vorgänger die sich bietende Chance schnell erkannt und genutzt hat, um an ihrem schauspielerischen Profil zu feilen und ihr Standing innerhalb der Branche kräftig zu verbessern. Mission erfolgreich! Die gute Nachricht vorweg, im direkten Vergleich zu "X" ist "Pearl" doch ein etwas besserer Film, der ebenso überzeugend wie dieser die anvisierte Epoche auf die Leinwand bringt (statt 'ner gritty 70s-Optik nun halt mit viel Technicolor-Flair im Stile alter Hollywood-Streifen, inklusive einer kleinen "Zauberer von Oz"-Hommage direkt zu Begin)... zumindest was das Heraufbeschwören des passenden Zeitkolorits vergangener Dekaden anbelangt, kann man Ti West seit seinem lausigen "House of Devil", mit dem er sich in dieser Beziehung noch arg in die Nesseln gesetzt hatte, also eine stete Verbesserung attestieren. Während die Chose fromal kräftig auftrumpft, ist es aber erneut schade, dass der Inhalt wiederum etwas dünn geraten ist, denn an und für sich ist "Pearl" auch nur eines jener Bekloppten-Psychogramme geworden, wie sie einem spätestens seit William Lustigs "Maniac" im Genre doch mehr oder weniger regelmäßig über den Weg laufen, was da für mich doch unweigerlich - auch angesichts eines wieder mal übertrieben positiven Kritiker-Echos - eine gewisse Ernüchterung mit sich gebracht hat... und die Erkenntnis, dass sich in den zwanzig Jahren, die seit einem "May - Die Schneiderin des Todes" vergangen sind, in dem Bereich wirklich nicht viel getan hat (wobei die Titelrollen hier wie dort aber doch ähnlich gut gespielt sind). So wirklich lohnenswert ist da wie bei "X" nur der kurz angerissene Body-Count-Part, der allerdings mit einer überschaubaren Anzahl an Opfern dahergekommt und irgendwie auch nicht mehr so blutig geraten ist wie zuvor... dass da in der Geschichte nebenbei zudem auch noch ziemlich offensichtlich Parallelen zwischen der Spanischen Grippe und der grassierenden COVID19-Pandemie gezogen werden, dürfte für die Horror-Crowd hingegen aber kaum von Belang sein, oder? Für *ähem* "filmhistorisch" Interessierte gibt es dann auch noch Ausschnitte aus "A Free Ride" von 1915, dem ältesten Stummfilm-Porno, der bis heute erhalten geblieben ist...

6/10

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