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Ein Kindermörder versetzt Berlin in Angst und Schrecken. Die Polizei versucht nun schon seit Monaten verzweifelt, aber erfolglos, ihn dingfest zu machen; die Ordnungshüter sind pausenlos im Einsatz und unzählige Razzien werden durchgeführt, was sich natürlich als äusserst geschäftsschädlich für die „ehrlichen" Gauner der Stadt erweist, die ausserdem nicht mit dem Monster in einen Topf geworfen werden wollen. Also beschliessen die Vertreter der Verbrecherorganisationen, selbst Jagd auf den Mörder zu machen und ihn vor ein „Gericht" zu stellen...

Der Film ist überraschend humorig gehalten: Die Schauspieler drehen ordentlich auf und stellen allesamt wunderbar verschobene Charaktere dar (Highlight sind Otto Wernicke als Kommissar Lohmann oder Gustav Gründgens als Anführer der Verbrecher). Eine wahre Freude! Die einzige Ausnahme und alleinige wirklich ernsthafte Figur ist Peter Lorre als getriebener Kindermörder, der einerseits wie ein ganz normaler 08/15-Bürger wirken kann, dann aber (teils mit einfachsten mimischen Veränderungen) auch den Wahnsinn seiner Figur mehr als überzeugend rüberbringt. Seine Darstellung ist derart gelungen, dass ich mir durchaus wünschte, er hätte mehr Screenpräsenz. (Die Story konzentriert sich weitgehend auf die Ermittlungen von Polizei und Verbrecher.)

Die Kindermörder-Thematik ist auch heute noch aktuell und besonders in der Gerichtsverhandlung am Schluss werden Aussagen gemacht, die man wortwörtlich heute noch hört; da geht es dann vor allem um die Frage, inwieweit ein psychisch kranker Mensch für seine Taten verantwortlich ist und was man mit solchen Tätern machen soll: In die Psychiatrie mit ihnen, nur damit sie als geheilt entlassen werden und sogleich wieder zuschlagen? Für immer wegsperren? (Stichwort Verwahrung...) Dabei schlägt sich Regisseur Fritz Lang klar auf die Seite von Rechtsstaatlichkeit und stellt sich gegen Emotionalität, Rachegelüste und Lynchjustiz im Rechtssystem. Wie gesagt: Der Film ist auch heute noch erschreckend aktuell...

M ist teils fast etwas zu geschwätzig und betulich, andererseits überzeugt die Kameraführung, die teils mit aufwändigen Fahrten aufwartet oder ungewöhnliche Perspektiven einnimmt. Schön auch die expressionistisch angehauchte Lichtführung. Für eine ganz eigentümliche (fast schon surreale) Wirkung sorgt, dass Lang Ton nur sporadisch einsetzt und teils grad „Actionszenen" lautlos daherkommen (kurios auch, wie solche Szenen teilweise hochgespeedet werden). Filmmusik gibt es übrigens (wie bei so vielen frühen Tonfilmen) nicht. (Abgesehen von dem Thema aus Edvard Griegs „Peter Gynt", dass der Kindermörder immer wieder pfeift - und das ihn entlarvt).

Schluss: M - EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER ist ein sehr intelligentes, heute noch aktuelles, hervorragend gespieltes und formal ausgetüfteltes Meisterwerk. Unbedingt zu empfehlen.

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