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Die geschiedene Ella reist mit ihren beiden Kindern Laura und Noah zur Hochzeit ihrer Schwester Sanna an die ostdeutsche Küste, wo auch ihr Ex-Mann Lukas zusammen mit seiner neuen Freundin, der Krankenpflegerin Lisa, lebt. Am Tag der Hochzeitsfeier holt man zudem auch noch Opa Aike aus dem örtlichen Altenheim, wo die Patienten unter elenden Bedingungen vor sich hinvegetieren und von zu wenigen Pflegekräften versorgt werden... gerade noch rechtzeitig, bevor sich eine offenbar übernatürliche Macht der anwesenden Senioren bemächtigt und diese mit brutaler Gewalt gegen die Gesellschaft aufbegehren, die sie zu lange ignoriert hat. Die Alten brechen aus dem Heim aus und machen sich zunächst über Dorfbewohner und Gäste her. Ella und die anderen können sich in letzter Sekunde in ihrem Haus verbarrikadieren und werden von den irren Omas und Opas belagert... Andy Fetschers Abschluss-Film "Bukarest Fleisch" war ein von mir immer noch hochgeschätzter, kleiner Knaller, welcher (zweifellos, um den Dozenten an der Filmhochschule zufriedenzustellen!) das damals zeitaktuelle Thema "Gammelfleisch" im Kontext eines kleinen Zombie-Schockers aufgegriffen und damit gekonnt die Brücke zwischen blutigem Horror-Trash und drieseliger, deutscher Anspruchsdenke geschlagen hatte... und der dann auch nicht unberechtigte Hoffnungen in Fetschers filmische Zukunft als deutscher Genre-Regisseur geweckt hat, die jener dann leider nicht mehr erfüllen konnte, denn eigentlich wäre er für micht hierzulande seit Rainer Matsutani im phantastischen Bereich doch der Filmemacher mit dem meisten Potenzial gewesen. Mit seinem "Urban Explorer" konnte Fetscher im Anschluss nämlich schon nichts mehr reißen und sein gruseliger "Tatort"-Beitrag "Fürchte dich" war sogar gänzlich misslungen (was man ihm fairerweise aber bestimmt nur zum Teil anlasten konnte, denn die Rahmen-Bedingungen beim Fernsehen haben da sicherlich auch ihr Scherflein zu beigetragen). Im Grunde genommen ist es demnach zwar schon nett, dass er nach mehr als einer Dekade voller - wie es hierzulande halt leider gang und gäbe ist - leidiger TV-Arbeiten mit "Old People" mal wieder einen Genrefilm fürs Kino inszenieren konnte (auch wenn dieser nach seiner Festival-Auswertung nun doch nur über Netflix verstreamt wird), aber eine Rückbesinnung auf die Stärke seines Debüts ist das Ganze leider nicht geworden, sondern bestenfalls noch eine transusige und unfreiwillig komische "Crazies"-Variante mit Pseudo-Geronten-Zombies, die ziemlich flott in der Flut der vielen, vielen "28 Days later"-Nachzieher untergeht. Wie schon bei "Bukarest Fleisch" schmiert einem Fetscher (auch Drehbuchautor) hier seine Botschaft ohne die Finesse eines George A. Romero ziemlich dick aufs Brot, allerdings geht "Old People" - ganz passend zum Inhalt - dessen jugendliche Wildheit gänzlich ab. So wirklich peinlich gerät die Angelegeneheit allerdings, wenn man sich nochmal in Erinnerung ruft, wie viel besser und nachhaltiger ein Film wie "Die Straße des Bösen" einst seine Sozialkritik an dem Verhalten der Gesellschaft gegenüber ihren älteren Mitbürgern in ein Genre-Stück mit horriblem Senioren-Aufstand verpackt hatte... und der ist immerhin schon von 1974! Die durch die Bank gestelzten Performances der Besetzung (Ausnahmen: die lebenden Leichen, die man da als creepy Ommas und Oppas gecastet hat, die dankenswerterweise aber auch ohne Dialogzeilen auskommen) führen einem übrigens auch nochmal den deutlichsten Unterschied zwischen deutscher und amerikanischer Genre-Ware auf 'ne unangenehme Art und Weise vor Augen, denn da agiert ja jeder 30jährige US-"Teenager" in 'nem billigen Slasher-Streifen natürlicher. Besondere Erwähnung verdient sich übrigens Laura-Darstellerin Bianca Nawrath, die derart katastrophal schlecht ist, dass sie den Film beinahe schon im Alleingang ruiniert... schwer zu glauben, dass die tatsächlich eine gut gebuchte TV-Schauspielerin ist. Was "Old People" ein wenig rettet, ist tatsächlich nur der allgemein recht hohe technische Standard, denn handwerklich ist dem Ganzen nichts vorzuwerfen (mal abgesehen von dem digitalen Blut-Gespritze, das scheisse aussieht wie immer). Trotzdem: "Zwiespältig" ist hier als Fazit noch milde ausgedrückt!

5/10

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