Review

Beizeiten angekündigter und im Mai 2018 auch abgedrehter, dann irgendwie über längeren Zeitraum verschwundener und da eigentlich auch (unter dem Radar) gebliebener Actionthriller aus der Inszenierung von Herman Yau (welcher von Philip Yung übernommen hat), eine Romanverfilmung nach Zhou Haohui, die trotz oder wegen der anderen offensiveren Großprojekte des Filmemachers, speziell The White Storm 3: Heaven or Hell und Moscow Mission (beide 2023) und dem in der Endphase befindlichen Customs Frontline (2024) seltsam übersehen wurde, einer namhaften Besetzung zum Widerspruch. Im Vergleich zu den umliegenden Werken, abgesehen vielleicht von dem für den rein chinesischen Markt produzierten Streamingtitel Raid on the Lethal Zone (2023), ist diese Arbeit hier auch wesentlich kleiner an- und umgesetzt, fast werden Erinnerungen an 'frühere' Zeiten, bspw. dem auch überschaubaren The Leakers (2018) wach, was auch an dem übereinstimmenden Casting mit Julian Cheung, Francis Ng und Chrissie Chau liegt, hier aber noch durch den prominenten Louis Koo und einigen weiteren Cameos wie durch Ben Ng, Ray Lui, Justin Cheung, Helena Law Lan, Philip Keung, Kenny Wong, Charmaine Sheh etc. ergänzt wird:

Inspector Lo Fei [ Julian Cheung ] hat vor zehn Jahren seinen Partner und besten Freund Yuen Tsz-Bong [ Danny Chan ] sowie seine Freundin und große Liebe Mang Wan [ Myolie Wu ] durch die einem selbst erklärten Vigilanten namens 'Darker' platzierte Bombe verloren, einzig der zufällig anwesende Obdachlose Wong Siu-Ping [ Louis Koo ] überlebt mit schweren, ihn auch zukünftig zeichnenden Verbrennungen und Verletzungen. Als 'Darker' nach längeren Hiatus wieder auftaucht und sich mit Cheng Kok-Ming [ Waise Lee ] einen ehemaligen Regional Commander of North District und ebenfalls Freund von Lo vornimmt, besteht Lo auf Teilhabe an den Ermittlungen, genehmigt durch Deputy Commisioner Tsang [ Simon Yam ], ungern gesehen von Chief Superintendent Hon Ho [ Francis Ng ], der eigentlich mit Unterstützung von Senior Inspector Leung Yam [ Chrissie Chau ] und Wan Kim [ Babyjohn Choi ] die eingesetzte Task Force leitet.

Konfiguriert als HK-Produktion, mit chinesischer Unterstützung und Beteiligung, ein Land, zwei Systeme quasi, die Absicherung und Versicherung auch des Marktes vom Festland, die Quelle stammt von dort, ein Teil der Finanzen, die Auswertung ist gleichsam wichtig. 2009 beginnt das Treiben, im Herbst des Jahres, ein düsteres Vorspiel, das Genre ist Crime, mit Mord und Gewalt und polizeilichen Ermittlungen. Mit einem Drama wird begonnen, einer Tragödie, einer tödlichen Bombe, einem letzten Abschied, einem Anruf in letzter Sekunde. Ein Tatort bleibt bloß noch über, ein falscher Tipp, "Rot oder Blau?" als die Frage in der Not, dann die Explosion, ein doppelter Tod.

Die eigentliche Geschichte spielt dann, wann die Produktion ursprünglich als Release geplant war, eine Veralterung schon im System, ein Zeugnis aus der Vergangenheit, wie gefroren und konserviert, wie aufgetaut und reanimiert. Worauf die Verzögerung bedingt ist, ist nicht komplett bekannt und nicht wissentlich, eine "Marketingkorrektur", dann die COVID-19-Pandemie, vielleicht auch Schwierigkeiten mit der Zensur, vielleicht auch nur ein Hinauszögern auf ein vermeintlich passendes Startdatum, Ratespielchen sind im Film vorhanden, über den Film relativ müßig bis unnötig. Die Bilder sind so gehalten wie sonst auch bei Yau, in den Farben blau metallisch, mit gelblichen und grünlichen Einflüssen, eine erste Verfolgungsjagd zu Fuß über nächtliche Häuserdächer und allerlei Streben und Rohren hoch oben über dem Boden ist verblüffend flüssig und wirkt zuweilen wahnwitzig; wird mit der Vertigo gespielt und auf Schnelligkeit und Geschicklichkeit prononciert.

Die Rückkehr eines Serienkillers, die Rekonstruktion eines Verbrechens, ein Gespräch weniger mit den Lebenden als vielmehr den Toten; knappe, stramme Sätze, manchmal Wissenschaft, manchmal reine Spekulation. Selbstjustiz wird hier angesprochen, ein Vigilantismus Marke Masked Prosecutor (1999), die Störung einer Pressekonferenz, die Polizei erstmal auf verlorenen Posten. Kleinere, aber saubere Actionszenen werden in Rückblenden montiert, eine Autoexplosion, eine Autokollision, eine Schießerei auf der Kwun Tong Fähre, das Leben von früher und die Existenz damaliger erster Kandidaten der "Death Notice" in Augenschein genommen und reminisziert, Verbindungen gesucht, die alten Zeiten aufgewühlt. Bald geht es auch raus aus den Büros und der Stadt in die umliegenden Viertel, die Außenlieger, nach Choi Heung Wai, North East, in die Provinzialität und die mit allen Mitteln versuchte Gentrifizierung und Landgewinnung. Viel in Bewegung ist man überhaupt, von den ländlichen und verwahrlosten Dörfern zurück in die Wolkenkratzer der zukünftigen Projektleiter, eine Hin- und Herpendeln zwischen Strukturen und Rängen und Projektionen, ein Überblick über die Gesellschaft, die mal aktiv am Handeln und mal passiv am ihm Geschehen lassen ist.

Vieles ist in der Vergangenheit gelegen, die zwischendurch fast wichtiger als die Gegenwart ist, Fehler aus einem früheren Leben, die noch nachhallen oder wieder aufbereitet werden oder erstmals zur Aufdeckung kommen, zwischendurch werden Spuren aufgenommen und Fährten verfolgt, das SWAT Team im Einsatz, ein Straßenviertel für eine geplante Verhaftung geblockt. Proteste in der Öffentlichkeit unterschiedlicher Motivation und unterschiedlichen Ausmaßes heizen die Stimmung zusätzlich an, das Wetter als abkühlender Faktor, es ist der Regenmonat, die Umgebung wird insgesamt kühl und klamm und von einer garantiert aufkommenden Erkältung bedroht. Ein Aufruhr in den Straßen, die sozialen Medien ebenso wie die traditionelle Presse in Alarmbereitschaft und in Höchstform, ein Stochern in den wenigen Anhaltspunkten und auch nur eine Perspektive, die der Polizei, wenn auch in unterschiedlicher Kombination, mit auch dem Ansprechen von Gesetz und Gerechtigkeit und Rechtmäßigkeit, insgesamt in düsterer Stimmung. Fragen werden aufgeworfen, eine Drohne mit einem ganzen Polizeikonvoi über den Asphalt und auch quer durch Baustellen verfolgt; der Aufwand ist da, die Bemühungen nicht gescheut, mehr Sorgfalt auch bei der Akquise von Actionszenen vorhanden, nicht einfach dem Rechenknecht und dem Spektakel per Bites und Bytes aus dem Vfx-PC vertraut.

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