Review

Medusas Klingen


Travis Stevens hat bereits mit „The Girl on the Third Floor“ und „Jakob's Wife“ zumindest auf Festivals unter uns Genrenerds auf sich aufmerksam gemacht. Sein neuer Streich „A Wounded Fawn“ scheint noch kleinere Runden zu drehen, ist momentan nur auf Shudder US zu finden und auch noch ein ganzes Stück unzugänglicher, abseitiger als seine vorangegangenen Werke. Aber keineswegs schlechter. Erzählt wird hier von einer jungen Frau, die sich mit ihrem neuen Date für ein schönes Wochenende in dessen Luxusbungalow trifft. Doch sie rechnet nicht damit, dass der Herr ein eiskalter Serienkiller ist - der wiederum keine Ahnung davon hat, dass er sich durch eine alte, kurz zuvor gestohlene griechische Skulptur die Rache der Frauen auf sich gezogen hat…

„A Wounded Fawn“ startet als etwas grindhousiger und bahnhofskino'iger Krimi. Irgendwo zwischen Giallo und moderneren Serienkillermotiven. Schon hier feministisch und künstlerisch geprägt, von Sagen und Mythen umweht. Doch was sich dann wellenartig ausbreitet übertrifft doch selbst die kühneren Erwartungen. Denn nachdem die Fronten geklärt sind und der Killer eigentlich triumphierend einen Rotwein schlürfen sollte, nimmt das unsichere Vexierspiel durch die anfangs erwähnte Skulptur und deren mysteriösen Fluch wesentlich surrealere, komplexere und schmerzhaftere Züge an. Wodurch wir Zuschauer natürlich auch mit mehr Fragen und Lücken zurückgelassen werden als in einem normalen Thriller von der Stange. Der Rausch ist dieses Opfer allerdings wert meiner Meinung nach. Und klaffende Wunden auch in unseren Köpfen sind ja nicht immer das schlimmste, wenn einem das Werk dennoch genug Fleisch und Saft gibt zum verdauen. Und das tut „A Wounded Fawn“ sicherlich, der wesentlich weniger on-your-nose ist als Stevens' bisheriger Output. Aber warum nicht sich als Regisseur ausprobieren und versuchen. Erst recht wenn man ein dermaßen gutes Gespür für Stil, Spannung und WTF?!-Momente hat wie er. 

Fazit: Travis Stevens beweist einmal mehr Gefühl für Style, Suspense und Timing. Eine heisse Mischung aus „Fresh“ und „Evil Dead“. Selbst wenn mir der Sinn und das Ziel von „A Wounded Fawn“ ein wenig fern bleibt… Die Reise und der Weg haben Spaß gemacht. 

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