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Avatar über Bord!


Die Last liegt schwer auf „Avatar 2“. Das Kino befindet sich (mal wieder) in einer Krise, 3D ist schon längst aus der Mode, der Vorgänger ist noch immer der erfolgreichste Film aller Zeiten, jedoch nun schon über ein Jahrzehnt alt, das Budget für „Way of Water“ ist riesig und es stehen noch einige Fortsetzungen auf dem Spiel und in der Pipeline. Dazu kommt, dass das Original zwar ein finanzieller Megaerfolg war, von den wenigsten jedoch als echter Filmklassiker angesehen wird. Höchstens in technischer Betrachtung. Doch James Cameron ist eben James Cameron und hat schon oft genug alle Kritiker und Zweifler mit unerreichten Erfolgen (und Sequels!) zum Schweigen gebracht. Allein sein „Terminator 2“ als Paradebeispiel für eine geniale Fortsetzung im Zusammenspiel mit seinem hier extrem verarbeiteten Hobby (Tauchen/das Meer) ließen mich hoffen. Und ich hatte auch einfach Bock endlich wieder nach Pandora zu „fliegen“. Was kann also dieser wässrige zweite Teil in seinen über 3 Stunden Eposlänge? Erzählt wird weiterhin von Jake Sully, der sich mit seiner grossen Navi-Liebe Neytiri auf dem „fremden“ Planeten als Anführer, Avatar und Vater ein friedvolles Leben aufgebaut hat. Doch als wieder mal riesige, militärische wie wissenschaftliche Raumschiffe von der sterbenden Erde am Horizont landen und die Planetenoberfläche zum Brennen bringen, ist klar, dass seine alte Spezies die Ressourcen und den Lebensraum von Pandora nicht so einfach aufgeben wird…

Die Schlümpfe: Aquaparty

Das Intro überfliegt flott ein Jahrzehnt, das Finale ist eine ausufernde Actionschlacht auf und unter dem Wasser. Das ist der Ring, in dem sich „Avatar 2“ befindet. Dazwischen sind fast zwei Stunden Staunen. Langsames, blaues, entschleunigtes, würdigendes Staunen. Denn das meiste Fleisch an „Avatar 2“ steckt (wie zu erwarten?) im Kennenlernen der Unterwasserwelt und -bewohner von Pandora. Und dafür lässt sich Cameron massiv Zeit. Vielleicht etwas zu viel Zeit. Und dennoch sind es gerade diese erhabenen Bilder und Momente, die mir von seinem neuen Überfilm wohl am ehesten im Gedächtnis bleiben werden. Solch ein 3D, solch eine aquamarine Welt, solch ein wortwörtliches Abtauchen gab es bisher, im Kino oder sonstwo, einfach noch nicht. Das ist berührend und atemberaubend vom Kern aus. Und allein deswegen ist „Avatar 2“ ein unvergessliches und unvergleichliches Kinoerlebnis, ein blaues Event voller Wunder und (positivem) Wahnsinn. Selbst wenn ich mit dem„hyperflüssigen“ HFR-Look noch immer nicht komplett warm bin. Unfassbar nice schaut's trotzdem die meiste Zeit aus. Da können die Unterwasserwelten jeglicher Superhelden ohne Umwege einpacken. Dennoch besteht ein (guter) Film natürlich aus mehr als nur Optik, technischer Finesse und Oberfläche. Und hier schwächelt „Avatar: Way of Water“ für meinen Geschmack. Teilweise auch deutlich. Denn alles fühlt sich eher wie der Auftakt einer epischen Serie an, oft auch wie das erste Kapitel eines Videospiels. Nur ohne Gameplay. Dazu kommen solide Figuren, aber jetzt auch nie totale Sympathieträger oder Ikonen (wie etwa Luke Skywalker, Rocky Balboa oder Indiana Jones). „Avatar“ definiert sich weiterhin nicht über Figuren oder Plot. Nichtmal über einzelne Momente oder Zitate. Doch dann fehlt halt eben ein Stück für mich um in den filmischen Olymp vorzustoßen. Egal wie audiovisuell beeindruckend das ist. Hinzu kommen natürlich seine grüne, ökologische Message, dieses Mal vor allem am Beispiel des Walfangs, die mir zwar grundsätzlich aus dem Mund spricht und mich emotional mitnimmt, hier jedoch absolut mit dem Holzhammer rübergebracht wird. Das kann anderen sicher nochmal übler aufstoßen als mir. Was seine Aussagen über Natur, Tiere und uns Menschen als Spezies natürlich keinen Deut falscher macht. Sie werden eben nur sehr direkt und ungefiltert vorgetragen. Was bei einem Thema wie „Walfang“, zu dem es auch meiner Meinung nach keine zwei Standpunkte geben sollte, aber auch vertretbar ist. Eher gestört haben mich einige Charakterentscheidungen im letzten Drittel, die für mich nur den weiteren Sequels dienen, nicht einer internen Logik oder Entwicklung nachgingen. Aber sei’s drum. „Avatar 2“ ist ein Spektakel und ein dicker Fisch - ich mag das Original aber lieber!
 
Fazit: der Sound bombt dramatisch, die Unterwasserwelt ist atemberaubend, die Action drückt einen in den Sessel. Doch die Emotionen und Figuren sind arg… familiär. Um es wortwörtlich und passend auszudrücken. Und die Geschichte ist kaum der Rede wert, fühlt sich eher wie eine (überlange) Pilotfolge an. Dazu muss man sich an den Look stark gewöhnen, es sehen nicht alle Momente perfekt aus. Und trotzdem bleibt natürlich ein Spektakel und eine Welt, in die ich sehr gerne abtauche. Selbst wenn der totale Wow-Faktor dieses Mal fehlt. 

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