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"Beau Is Afraid" ist erst der dritte abendfüllende Spielfilm von Ari Aster und erreicht in Besetzung und epischem Ausmaß schon eine beeindruckende Dimension. Joaquin Phoenix als von einer dominanten Mutter traumatisierter Mann Ende Vierzig, eingeschüchtert und zurückgezogen, der in einem trostlosen Wohnblock inmitten einer von Verbrechen und Irrsinn gezeichneten Nachbarschaft lebt, spielt den Titelhelden mit Inbrunst, wie man es von diesem bewährten Charakterdarsteller erwartet.

Dabei ist es natürlich Geschmackssache, ob man sich eine derartige Figur gerne als Protagonisten etwa drei Stunden ansieht. Unablässiges Zittern und Zagen sind auf Dauer schon eine etwas einseitige Figurenzeichnung, auch wenn Beau aufgrund diverser haarsträubender Ereignisse und inmitten von Charakteren, die zumeist nahe am Durchdrehen sind, tatsächlich allen Grund hat, sich ständig zu fürchten. Denn auch wenn er auf der irrwitzigen Reise zum Begräbnis seiner Mutter mal Glück hat und auf freundliche Menschen trifft, steht die nächste alptraumhafte Wendung meist schon vor der Tür. Bei aller schauspielerischen Erfahrenheit von Phoenix sind hier doch die Nebencharaktere das Salz in der Suppe.

Das Horrorgenre, das seine vorhergehenden Werke Hereditary und Midsommar geprägt hat, macht hier ein wenig Platz zugunsten eines gar nicht so leicht einzuordnenden Mischwesens aus Psychogramm und Abenteuerfilm. Aber in Form zahlreicher alptraumhafter Wendungen bleibt es doch stark präsent, so dass Fans seiner bisherigen Filme auch hier goldrichtig sind. Das beginnt schon mit Beaus Wohngegend, in der sich psychisch angeschlagene Menschen im Drogenrausch auf der Straße gegenseitig abmurksen. Aber auch sein dauergrinsender Therapeut wirkt wie einem Alptraum entsprungen.

Hat er die dystopische Umgebung seiner Wohnhölle in einem vermeintlichen Fall von Glück im Unglück hinter sich gelassen, wird von dem freundlichen Ehepaar Roger und Grace aufgenommen und liebevoll behandelt, lauern aber auch hier schon die nächsten Gefahren hinter der heilen Fassade und Beaus Odyssee geht weiter. Dabei bleibt es stets unvorhersehbar, bizarr und bedrohlich. Realität und Angstfantasien sind kaum zu unterscheiden, insbesondere im Finale, das mehr und mehr zu einer Vision von Beaus zerrüttetem Innenleben wird.

Die epische Länge des Films ist durchaus spürbar, aber ebenso ist es faszinierend zu sehen, wohin uns Ari Asters cinematische Reise als nächstes führen wird. Denn vorhersehbar ist der Film nun wirklich an keiner Stelle und überzeugt als wahrhaft epischer Trip durch die Abgründe einer gequälten Psyche, dem sich alle Fans ungewöhnlicher, mutiger und bizarrer Filme anschließen sollten.

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