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Alptraum trifft auf Surrealismus...


Ari Aster, Regiegenie, brachte nach seinen Erfolgsfilmen "Hereditary" und "Midsommar"nun seinen dritten Indipendentfilm heraus, unter der Mitwirkung der Filmproduktionssgesellschaft A24 ,die bereits beide oben genannten Titel finanzierten. Ein wahrer Akt von Vertrauen in Aster, da Konzept und Inhalt nicht jedermanns Sache sein dürfte und das Mainstreampublikum ohnehin nicht erreichte, was bei 35 Millionen Budget zu 11,5 Millionen Einnahmen verdeutlicht. Schade eigentlich, betrachtet man das Ergebnis. Die Zahlen sollten allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, das Aster wieder einmal sein potentielles Können unter Beweis stellte und künstlerisches Experimental-Kopfkino schuf.

Beau ist ein alleinstehender Mann, der abgeschirmt in seiner kahlen Wohnung lebt, inmitten einer verkommenen Gegend New Yorks. Paranoid und voller Spleens bekommt er plötzlich einen Anruf, in welchem er über den mysteriösen Tod seiner Mutter unterrichtet wird. Aufgeregt und voller Sorge begibt sich Beau auf die Reise, um seiner verstorbenen Mutter Abschied zu erweisen. Doch der Trip erweist sich als unzumutbarer als angenommen, ist voller Kuriositäten und Wahnhaftigkeiten, mehr wie dem ohnehin schon labilen Beau lieb sind. Dabei macht er auch Erfahrungen, die sein Ego anregen und alles durcheinander bringen.

Ari Asters mysteriöser Psychotrip beginnt mit der Geburt des Protagonisten aus dessen Augenwinkel und ist der Beginn einer verqueren, sowie kafkaesken Odysee eines gezeichneten Mannes voller Absonderlichkeiten. Ein Stück Kuriositätenkino mit Botschaft, bei dem man stets das Gefühl hat, sich auf einen Wahnsinnstrip zu befinden.Zu Beginn lebt der Autorenfilm von seiner überspitzten Darstellung des Charakters Beau, der hervorragend und überzeugend von Joaquin Phoenix verkörpert wird. Skurill und surreal auch die überkandidelte Gesellschaft um Beau herum, sein Umfeld und all die Zufälle, die in seinem verkorksten Leben stattfinden. Alles gespielt mit bissigem Humor, schon grenznah zur Satire, ändert der Film nach dem ersten Drittel seine Fahrtrichtung in schräge Melodramaturgie, wird gegen Ende hin verschroben düster, fast Psychothrillergleich.

Zum anderen gefallen die pfiffig gewandten Dialoge, die herausstechenden herrlich kirren Charaktere, das ausgefeilte Drehbuch und allen voran Phoenix intensiv prägende Schauspiel, dessen Rolle man ihm gut und gerne abkauft. Allerdings läuft die Handlung nicht wie erwartet,straight, sondern nimmt sich gerne Kurven und Abzweigungen, somit wären die 170 Minuten gut abgedeckt.

Zum einen wird man zum Lachen bewogen, auf der nächsten Seite zum Nachdenken angeregt. "Beau is Afraid" (Beau in Sorge / Angst) ist eine irre Odysee einer verlorenen Seele, eine Berg und Talfahrt, metaphernbestückt und eine Allegorie des Lebens, zum Verdammtsein von narzisstisch geprägten Müttern aufgezogenen Söhnen und dessen Folgen wie paranoiden Wahnvorstellungen und unausgefülltem Sexualleben. Das Thema Narzissmus ist hier der Kern der Aussagen, metaphernreich verpackt und mit kunstvollen Stilmitteln aufgezeigt, verschachtelt und auf verschiedenen Zeitebenen dargestellt, in Form von Träumen, Rückblenden und Erinnerungen ist kein Horrorfilm im klassischen Sinne sondern ein Psychotrip, der subtile Nuancen ausloten lässt zum Thema Mutterkomplexe, Schuldzuweisungen, Versagensängste und Zukunftsdeutungen,die stilistisch im kreativen Animationsstil und Theaterbackgroundambiente a la Pappmachekulissen traumhaft und exotisch zugleich vermittelt werden.

Durch den Einsatz dieser verspielten und doch zugleich suggestiven Mittel, sowie der immerwiederkehrende Umschwung anderer Zeit-und Lokationplateaus, lässt die Grenzen zur Realität verschmelzen, gestaltet sich als komplexer und fintenreicher, doppelbödiger sowie wendungsreicher Plot.Aster schuf hier einen eigenen Hybrid verschiedener Genrezutaten aus Thriller, Komödie, Mystery und Drama, der sich keinem bodenständigen Genre zuordnen lässt, seinen eigenen Cocktail kreiert hat. Die Kunst, Mosaikstücke zu einem Gesamtbild komprimieren, ist Filmschaffen mit höchsten Ansprüchen.

"Beau is Afraid", fungiert nicht als klassisches Horrorkino, sondern funktioniert als Arthausfilm der Extraklasse, mehrstöckig gegliedert,grotesk und alptraumhaft inszeniert, verstörend und witzig, schwer zu deutende Kost; nix für den Mainstreamfahrer. Hervorragend gespielt von Phoenix. Ein Unterfangen de luxe mit düster -eiskaltem Abgang,der einen wie ein Vorschlaghammer trifft. Der dritte geniale Streich vom New Age Regisseur mit Stil!


Ist die FSK:16 Freigabe gerechtfertigt? Ja, düster, erdrückend,bizarr und mit brutal- irrwitzigen Szenen bestückt und einer Sexszene mit sehr dicken Eiern! Mann oh Mann eine Tüte voller Extremen.

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