Review

Parade oder Parodie?


Ich bin durchaus „Scream“-Fan, halte das Original auf dem Podest der besten Slasher aller Zeiten, bin durchaus u.a. mit der Reihe in das Hobby „Horrorfilme“ gestartet, Teil 2 ist irgendwie mein persönlicher Guilty Pleasure-Liebling, sogar Teil 4 und das letztjährige „Requel“ finde ich stark. Insgesamt bisher eine erstaunlich konsistente, konsequente und gute Reihe, erst recht verglichen mit etlichen seiner Horrorfranchisekollegen aus vergangenen Jahrzehnten. Allerdings war „Scream“ immer am stärksten, wenn ein paar Jahre und Horrortrends ins Land gezogen waren, da dann mehr „Arbeit“ und „Stoff“ vorhanden sind. Zum Unterlaufen, zum Augenzwinkern, zum Parodieren, zum Zitieren. Nun macht „Scream VI“ zwar den Sprung in die Stadt, die niemals schläft, kommt jedoch schon ein Jahr nach dem Semi-Neustart und neue Trends oder Richtungen sind in solch kurzer Zeit natürlich nicht wirklich entstanden. So arbeitet sich dieser selbstbewusste und suboptimale NYC-Ableger an seiner eigenen Seriengeschichte ab, in dem er die Überlebenden aus dem Vorgänger nun auf dem College einem ganz neuen Ghostfacekiller gegenüberstellt, der scheinbar ein großer Fan der bisherigen Mörder ist…

„Scream 6“ hat mehr Enttäuschungen als Überraschungen auf dem Kasten, das muss ich gleich gestehen. Aber ist das direkt der Todesstoß für den Teil oder gar die ganze Reihe? Mit Nichten! Denn weder ist dieser sechste Part ein schlechter Film, noch ein schlechter Slasher noch ein total schlechter „Scream“ - er ist eben in keiner der Disziplinen wirklich neu oder herausragend. Teilweise sogar bieder und by-the-numbers. Die Kills sind ordentlich brutal, das Intro folgt der Tradition ein berühmtes Gesicht niederzumetzeln und bietet noch mit die meisten Schmunzler und Wendungen, das Flair rund um Halloween samt der vielen Masken und Horrorikonen passt. So langsam wird man auch mit der neuen „Kerngruppe“ warm, nicht zuletzt durch die sympathische Jenna Ortega. Und die vielen Verbindungen zu der Reihe, besonders dass Teil 2 dermaßen heftig zitiert und gespiegelt wird, machen Spaß und Sinn, selbst wenn sie etwas plump ausfallen. Zudem mag ich, wie sie Billy Loomis zu unserer neuen „Heldin“ sprechen lassen und dass Kirby zurück ist. Nun zu den Schwächen. „Scream VI“ hätte auch in jeder anderen Stadt spielen können, selbst wie immer in Woodsboro, da hier New York sträflich außen vor gelassen wird. Das ist schade, selbst wenn man es als Metagag auf „Jason Takes Manhattan“ sehen kann. Ebenso blöd ist, dass ich ihn in 3D sehen musste, gänzlich ohne Wirkung und Mehrwert. Aber selbst das kann man als Metaebene und auspressenden „Franchisemove“ interpretieren - muss man aber nicht. Man kann solche Dinge auch einfach nicht hinnehmen und hinbiegen, sodass „Scream VI“ keinen Deut besser ist als die Dinge, die er einst kritisierte oder unterlaufen wollte. Hinzukommt, dass man der Identität des Killers schnell auf die Spuren kommen kann, dass es eine bescheuerte Handlungsrüstung für die Hauptrollen gibt, dass er etliche gesellschaftliche Möglichkeiten und Kritiken („Kann jeder Ghostface sein?“) komplett vergisst. All das lasse ich einfach nicht als Metaebene und ach-so-clevere, selbstreferenzielle „Franchisekritik“ gelten. Denn man hilft der Welt nicht sie von Arschlöchern zu befreien, wenn man sich selbst ganz ungeniert verhält wie eins. Dennoch und trotz dieses extremen Vergleichs muss ich betonen: „Scream VI“ hat Tempo, ist kein Langweiler und führt die Tradition der Reihe auf seiner Stirn und Zunge fort. Jedoch legt er sich selbst die Messlatte deutlich zu tief und macht es sich zu einfach. Da spürt man die Hipsterschreiberlinge hinter der neuen „Trilogie“ und ahnt Böses für einen Teil 7, erst recht wenn dieser erneut dermaßen flott geschrieben und produziert werden sollte. 

Fazit: bei welchem Franchise haben die Geister der Vergangenheit vielleicht einmal zu oft durchgeklingelt? Da „Scream VI“ durch kaum vergangene Zeit arg die Einflüsse und Trends im Horrorgenre fehlen, ergötzt sich dieser etwas gehetzte Teil eher an seiner eigenen Reihenhistorie und er muss gehörig aufpassen, nicht zu dem zu werden, was man in seinen besten Zeiten grandios augenzwinkernd zerstochen hat. Außerdem wird der Big Apple katastrophal wenig genutzt und die neue Kerntruppe ist einfach nicht Sidney & Co. - für einen kurzweiligen Slasher und Whodunit mit Fanservice reicht’s dennoch! 

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