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Staffel 1

Ein internationaler Bestseller aus der Feder eines deutschen Autors, der sich des rüden Umgangs des Menschen mit der Natur annimmt, eine neue Rasse an intelligenten, auf der Erde basiertem Leben erschafft und kurzerhand einige Wege zur organisierten Gesundung des Planeten bzw. der Weltmeere aufzeigt. Das ganze verpackt in eine atemlose Erzählweise mit internationalen Charakteren, die - je nach Sichtweise - mehr oder weniger klischeehaft daherkommen und dem Leser auch so ganz nebenbei noch ein paar Erkenntnisse in Naturwissenschaften verschaffen: Das ist der Roman "Der Schwarm" von Frank Schätzing.



Der Autor selbst ist bisher durch ein paar regionale Köln-Krimis bekannt geworden und erklimmt nun erstmals die Höhen der Prominenz, die seiner Persönlichkeit und seinem Selbstverständnis eher entsprechen. Schnell wird auch international das Scheinwerferlicht auf Schätzing gerichtet, der - als Fachmann aus der Werbeindustrie - cleveres Eigenmarketing par excellence betreibt, um auch die schnell gehandelten Filmrechte seines Millionnensellers gut an den Mann oder an die Frau (Uma Thurman als bekannteste Händlerin) zu bringen.

Nach Jahren des Ringens, Planens und Abwinkens hatte dann das ZDF mit seinem Versprechen einer internationalen Co-Produktion, unterfüttert mit einem Budget von 40 Millionen, den Zuschlag erhalten, die Handlung in Form einer Fernsehserie zu adaptieren.



Aufgrund der künstlerischen Zwangspause von Film und Fernsehen im Zuge der Covid 19-Pandemie verschoben, erblickten nun endlich die ersten 8 Folgen von "The Swarm" das Licht der Welt in einer ersten Vorstellung im Rahmen der Berlinale und der ZDF-Mediathek (in einer Zeit, in der mit NETFLIX, AMAZON Prime, SKY, APPLETV & DISNEY+ grosses Entertainment eher Privatsache in heimischen Wohnzimmern geworden ist nur verständlich).



Da auch Frank Schätzing - selbstverständlich recht medienwirksam - schnell seine Beteiligung am entstandenen Projekt relativierte bzw. regelrecht leugnete - kann man nun mit nüchternem Blick das Gesamtergebnis der ersten Staffel der Serie beurteilen.



Zunächst neige ich als Zuschauer natürlich ebenfalls ein bißchen dazu, dem Projekt seine Herkunft aus dem Deutschen Fernsehen anzukreiden, auch wenn ich mich selbst frage, warum ich das tue, denn die deutsche Fernsehlandschaft, übersättigt mit allzu viel konstruierten Kriminalgeschichten und Melodramen kann mehr hergeben, als das Publikum erwartet.

Wie in den Zeiten des Umbruchs, ausgelöst durch bereits erwähnte Pandemie, üblich, mag man dies den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht so recht zutrauen, denn dies setzt eine gewisse Risiko-Erwartung des Zuschauers voraus, die in den Zeiten der Unsicherheit und des Heraustreten aus der liebgewonnenen Komfortzone des deutschen Alltags, jetzt auch den allabendlichen Fernsehgast herausfordert.



Das Ergebnis der Investitionsbereitschaft des Zweiten Deutschen Fernsehens ist aus meiner Sicht ein gutes Stück Unterhaltung geworden, das nicht mir Moral spart, dafür aber auch schöne Schauwerte bietet, die der Erzählung durchaus angemessen sind.

Ist das Lesen des Romans mir noch immer in sehr guter Erinnerung, hält auch die Bildwerdung und Adaption der Geschichte dem Tempo und der Stimmung der Vorlage stand.

Darsteller, Erzählart und technischer Standard der Produktion heben das Niveau über übliche deutsche Standardwerte des Fernsehens hinaus - wenn auch nicht ganz auf die Stufe einer HBO-Produktion oder gar der BBC aus Großbritannien.

Doch der Risikowillen hat sich auf ganzer Linie gelohnt, denn "Der Schwarm" ist nicht Rosamunde Pilcher, ist nicht "Schwarzwaldklinik" und vor allem nicht "Tatort".

Stattdessen ist er ein gelungener Vorstoss in den Teich, in dem bisher nur grosse Streaming-Produktionen schwimmen, mit denen das Ausland Deutschland seit Jahren mehr oder minder erfolgreich flutet.

Das ein oder andere Zugeständnis wie die Alters-Anpassung einiger Hauptfiguren oder deren Diversität ist in diesem Zusammenhang nichts neues oder besonderes mehr, sondern nur einfach einem Wandel der Zeit geschuldet. Dass der Raum, den die Beziehung der Figuren untereinander in den 8 Folgen einnimmt, einer der grössten Kritikpunkte seitens der Zuschauer sein würde, ist mir unverständlich, denn auch diese Art der Zwischenmenschlichkeit stammt direkt aus dem Roman, der seine provinzielle Herkunft auch bei all seinen Verdiensten um die moderne Wissenschaft nicht verhehlen kann.



Unter dem Strich ist Staffel 1 von "Der Schwarm" ein gelungener Start einer Serie von internationalem Format, die zwar nicht auf dem Niveau eines "Game of Thrones" agiert aber nicht weit darunter und das ist für eine Fernseh- und Kinowelt im Umbruch eine gewaltige Leistung, gestemmt von internationalen Geldgebern unter Schirmherrschaft eines grossen deutschen Fernsehsenders in öffentlicher Hand. Wenn die ersten 6 Folgen auch den letzten beiden einiges an Spannung und Dramatik voraus haben, macht die Art der Inszenierung vieles richtig und hält vor allem ein stetiges Mysterium aufrecht, wie es auch dem Roman schon gelungen ist.



Dies alles und der Respekt vor dem künstlerischen Wert der Unterhaltung sollte für mich im Vordergrund stehen bei der Beurteilung und Bewertung einer Produktion von solchem Ausmass und nicht die kleinliche Abwendung von üblichen Sehgewohnheiten, bekannt aus generischen Krimiserien oder Daily Soaps.

Für mich ist die Serie das bisher beste Beispiel für den Ausbruch aus der gewohnten Mattscheiben-Realität des deutschen Fernsehens, die wir seit dem Wirtschaftswunder der 50er Jahre als gewohnte Realität akzeptiert haben.



Auf Staffel 2 bin ich nun definitiv gespannt.

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