In ihrem rastlosen Bestreben, mehr als andere zu erreichen, setzte sich die ehrgeizige Neve (Ashley Madekwe) schon immer selbst unter Druck - doch nach einigen Jahren hat es die dunkelhäutige Powerfrau dann geschafft: ein Haus in einem noblen Vorort, einen gutverdienenden Ehemann Ian (Justin Salinger) aus der Versicherungsbranche sowie die beiden Teenager-Kinder Sebastian (Samuel Small) and Mary (Maria Almeida). Als stellvertretende Schulleiterin an einer Privatschule sammelt sie nebenbei Spenden für eine Wohltätigkeitsorganisation und organisiert Charities für benachteiligte Kinder in Afrika.
Eine glänzende Fassade, doch dahinter steckt eine hochnervöse Frau, die nie wirklich zufrieden ist, weder mit sich selbst noch mit anderen. Darüberhinaus scheint sie an einer Art Verfolgungswahn zu leiden, da sie manchmal Dinge sieht, die andere nicht sehen bzw. nicht so wahrnehmen wie sie selbst. Tatsächlich aber unterdrückt sie damit Vorkommnisse aus der Vergangenheit, Dinge, die sie am liebsten ungeschehen machen möchte, vor denen sie aber bisher immer davongelaufen war - bis diese Vergangenheit sie eines Tages einholt...
In seinem Erstlingswerk The Strays entwirft Regisseur Nathaniel Martello-White ein wenig schmeichelhaftes Bild einer Karrieristin, die mit ihrer nervtötenden Art nicht nur ihrem Umfeld, sondern auch dem Publikum schnell auf den Wecker fällt - dann jedoch wird aus dem streckenweise langatmigen Psychodrama am Ende noch ein Psycho-Thriller, in dem das Thema Rassismus eine große Rolle spielt. Eine Art von Rassismus übrigens, wie er in Filmen nicht so häufig thematisiert wird, denn hier ist es nicht etwa ein feindliches Umfeld, sondern Neve selbst, die ein lebenslanges, unauslöschliches Vorurteil gegenüber sich selbst mit sich herumträgt. In perfekt abgefilmten Hochglanzbildern entspinnt sich ein Drama, das in einer Home Invasion gipfelt, dann allerdings ziemlich abrupt und auf den ersten Blick somit enttäuschend, auf den zweiten Blick jedoch folgerichtig endet.
Es dauert allerdings mehr als den halben Film, bis die Thematik richtig zum Tragen kommt, was die Geduld des Zuschauers auf eine harte Probe stellt, da Hauptdarstellerin Neve in ihrer Bigotterie so unsympathisch wie nur irgendwie möglich rüberkommen soll, was wohl die Hauptintention des Regisseurs war. Kleinere, zunächst wenig beachtete Aspekte wie jener, daß Neve stets Perücken trägt oder einen betont hellen Gesichtspuder verwendet verdichten sich allmählich zu einem Bild, das ihr jugendlicher braver Sohn Sebastian dann sinngemäß mit dem Satz "Meine Mutter glaubt, sie sei eine Weiße" zusammenfasst.
Fazit: The Strays ist ein überaus sperriger Streifen, bei dem es keinem Darsteller gelingt, Sympathie zu erzeugen (allenfalls Sebastian und Ian erreichen so etwas wie Normalwerte) und dessen eigentliche Zielrichtung sich erst nach und nach aus dem Geschehen ergibt. Auch wenn man sich keiner der beiden Seiten anzuschließen vermag, ist die Sichtweise des Regisseurs, der sich übrigens recht eindeutig positioniert, doch zumindest interessant mitzuverfolgen. Für den wenig erbaulichen ersten Teil des Films sowie später einen (übrigens völlig überflüssigen) Mord gibt es jedoch Punkteabzug: 5 Punkte.