Über Träume und deren Bedeutung bzw. Wichtigkeit wird schon seit jeher fabuliert. Immer mehr Menschen nutzen Träume, indem sie ihnen Leben einhauchen, um vor der bitteren, tristen Realität zu fliehen.
Es gab aber auch Zeiten, in denen dieses Denken verächtet wurde und Leute wie der schottische Schriftsteller J.M. Barrie (Johnny Depp) ein Fremdkörper in der kalten, aristokratischen Welt des Britanniens im frühen 20. Jahrhundert darstellte. Regisseur Marc Foster versucht mit „Finding Neverland“ den Kampf des Erfinders von Peter Pan gegen die rational, spießige Mentalität der Erwachsenen zu rekonstruieren.
Basierend auf dem Theaterstück „The Man Who Was Peter Pan”, das wahre Begebenheiten enthält, beschreibt „Finding Neverland“ einen Lebensabschnitt des schottischen Autors.
Die Geschichte von Peter Pan beginnt in einem Londoner Park, als Barrie aufgrund eines Misserfolgs bei einem seiner letzten Stücke dort verweilt und nach neuen Ideen sucht.
Hierbei lernt er die junge Witwe Sylvia Davies (Kate Winslet) und ihre vier Söhne kennen. Schon bald entwickelt sich zwischen ihnen ein besonders Verhältnis, so dass der Theaterautor die vier Kinder täglich durch gemeinsame Spiele in phantasievolle Welten entführt. Er ahnt dabei zunächst nicht, dass die Erlebnisse als Grundlage für sein erfolgreichstes Stück, nämlich „Peter Pan“ dienen würden.
Nur die Realität scheint den Traum platzen zu lassen. Eheliche Probleme und eine schwere Erkrankung von Sylvia belasten das Verhältnis zwischen Barrie und seinen größten Inspirationen.
Im Mittelpunkt des Films steht ganz klar die Aussage, dass die Fähigkeit zu träumen etwas Besonderes ist, und nicht der Mensch J.M. Barrie. Deshalb unterscheidet sich „Finding Neverland“ von einer typischen filmischen Biographie, zumal die Basis ein fiktives Theaterstück ist.
Trotzdem lehrt uns John Barrie imposant, was es heißt Träume zu haben und sie zu nutzen. In einer kinderfeindlichen Zeit zeigt der wohlhabende Autor, welche Vorteile Kinder gegenüber Erwachsene haben und wie wertvoll ihr Denken ist. Die Art und Weise wie der Schotte mit den Kindern umgeht und sie allesamt ihre Phantasien im Spiel teilen, verzaubert nicht nur die junge Witte Davies, sondern auch den Betrachter. Bei so viel Verständnis und Liebenswürdigkeit, kann man gar nicht mehr aufhören herzhaft zu lächeln. Pointen und sonstige Finessen bietet „Finding Neverland“ nicht, aber stattdessen eine unschätzbare Gelegenheit die Magie des Nimmerlands zu verspüren.
"Wirklich reich ist, wer mehr Träume in seiner Seele hat, als die Realität zerstören kann." - Hans Kruppa
Sei es ein banaler Spruch, oder eine Philosophie, jedenfalls zeigt uns Johnny Depp als J.M. Barrie, wie viel Wahrheit dahinter steckt. Man merkt Depp in jeder Sekunde an, dass er für ihn eine Ehre war die Rolle zu übernehmen, da er diese Einstellung mit dem schottischen Autor teilt. Als verträumten, infantilen Intellektuellen, dem Konventionen wenig bedeuten, könnte man ebenso ihn charakterisieren. Kate Winslet glänzt dagegen als junge Witwe, die von Barrie fasziniert ist. Gefangen zwischen Druck seitens ihrer aristokratischen Mutter und der Faszination für den Spielgefährten ihrer Söhne, durchlebt sie einen dramatischen Kampf gegen eine unheilbare Krankheit. Überzeugend ist auch der Beitrag aller vier Davies-Jungs, speziell Peter (Freddie Highmore), der wegen dem Tod seines Vaters immer noch verstört war bevor ihn Barrie durch die Magie der Phantasiewelten begeisterte.
Auch visuell wird hier hochwertige Kunst geboten. Zunächst stechen sofort die herrlichen Bilder einer großartigen Stadt, nämlich London, ins Auge. Hochglanzpoliert erlebt man die Metropole von ihrer schönsten Seite. Impressionen von grünen Parks und Gärten kombiniert mit viktorianischen Bauten ergeben herrliche, einprägende Bilder, welche auch einen Anteil an der harmonischen Grundstimmung haben.
Inmitten malerischer Landschaften projiziert man die Vorstellungskraft von Barrie und der Kinder beim täglichen Spiel, indem man geschickt während der Ausflüge in die Traumwelten ein Zwischenspiel aus Realität und Vorstellungswelt darstellt. Kameratechnisch offenbaren die Macher hier größtes Können, denn jede Perspektive erscheint passend und gestaltet das Ganze interessanter.
Bei den musikalischen Einlagen wird man in einen Glauben versetzt, dass nicht nur Träume fliegen lernen; auch der Betrachter schwebt aufgrund phantastischer Melodien in anderen Welten.
Man könnte ewig weiterschwärmen, aber diesen Traum muss jeder selbst erleben. (9,5/10)