Gleich für mehrere Oscars ist Marc Fosters neuer Film nominiert, und um ehrlich zu sein, stellt sich nach gut 100 Minuten die Frage „warum?“. Foster hatte ja bereits mit „Monster´s Ball“ einen Film gedreht, der bei den Oscars bedacht wurde, und schon damals war die Entscheidung, Hauptdarstellerin Halle Berry den Preis zu geben, eine umstrittene. Auch wenn die Geschichten von „Monsters Ball“ und „Finding Neverland“ unterschiedlicher nicht sein könnten, beide scheitern letztlich an dem Versuch große Gefühle zu zeigen.
Die Geschichte, basierend auf einem fiktiven Buch, erzählt die Geschichte wie J.M.Barrie zu seinem Theaterstück (und späteren Bucherfolg) „Peter Pan“ inspiriert wurde, das hier auf einen Sommer zurückzuführen ist, den Barrie mit der Witwe Sylvia Davies und ihren vier Söhnen verbrachte. Der Film zeigt den Autor dabei selber als großes Kind, das sich dem Erwachsenwerden verwehrt und in einer Art eigener Fantasy und Traumwelt lebt. So wird er dann auch mehr zu 5. Sohn als zum väterlichen Freund der Kinder. Dem Glück mit der kleinen Familie, die nicht seine eigene ist, stehen die Konventionen des beginnenden 20. Jahrhunderts entgegen. Angefangen von Barries Ehefrau, die sich von ihrem Mann abwendet, als der sich immer mehr der hübschen Witwe zuwendet, weiter über die Großmutter der 4 Jungs und bis hin zum allgemeinen Gerede der Menschen. Verkompliziert wird die Situation dann auch noch durch eine schwere Erkrankung von Sylvia.
Marc Foster erzählt den Film irgendwo zwischen Rosamunde Pilcher Kitsch und verzweifeltem Versuch die Bilderwelten eines Tim Burton nachzueifern. Dabei verliert trotz der durchaus gelungenen Optik, zu oft seine Figuren und die Geschichte aus den Händen. Immer Episodenhafter wird die zu Beginn noch sehr zeitintensiv erzählte Geschichte und büßt somit einen Großteil ihrer Intensität ein. Zuviel Wert wird auch darauf gelegt, die Figuren zu zeigen und sie in ihrem Zusammenspiel zu beobachten, dabei wirken die Figuren aber selten Glaubwürdig und sind viel zu Oberflächlich skizziert, wahre Tiefe fehlt ihnen nahezu komplett. So ist die Idee die Großmutter als Vorbild von Captain Hook zu zeigen zwar durchaus gelungen, aber die von Julie Christie gespielte Figur bleibt somit die gesamte Spieldauer in ihrer Rolle als fiese Großmutter gefangen und macht dabei auch in keinster Weise eine Charakterentwicklung durch. Auch die Rolle von Dustin Hoffman als Theaterproduzent bleibt mehr oder weniger ungenutzt und verkommt zum puren Schauwert.
Kate Winslet und Johnny Depp harmonieren zwar durchaus auf der Leinwand aber auch hier hat man den Eindruck, dass die Figuren nie wirkliche Tiefe entwickeln. So bleibt es etwa komplett im Dunkeln warum Barrie sich seine kindliche Ader in der Form bewahrt hat und welche schmerzlichen Ereignisse es in seinem Leben gab, die letztlich dazu führten, dass er selber zu Peter Pan wurde. Auch die Beziehung zwischen ihm und der Witwe wirkt zumeist wenig vertraut und intensiv und bleibt oberflächlich und gehetzt. Hier ein Ausflug ins Sommerhaus, da noch schnell in den Park, dann schaut mal wieder die Großmutter vorbei, ein bisschen weniger Sprunghaftigkeit und mehr Blick für eine fortschreitende Handlung wären sicherlich von Vorteil gewesen. Vor allem auch, weil der Film nicht wirklich viel zu sagen hat. Er gibt kaum etwas Preis von seinen Figuren und wenn es am Ende dann rührselig und kitschig wird, scheint das als einziges Ziel des Films bestehen zu bleiben. Gefühle ruft der Film sicherlich hervor, die tendieren aber zumeist eindeutig in Richtung Langeweile und ein Gefühl der Ermüdung. Um einen Film zu drehen, der auch wirklich berührt, fehlt immer in den entscheidenden Szenen die nötige Konsequenz, und die Tiefe.
Inszeniert ist der Film dabei durchweg routiniert, aber die Vergleiche mit Tim Burton sind dann doch eindeutig überzogen. Zwar blitzen auch hier immer wieder fantasievolle Einfälle durch, aber auch hier wurden die letzten Schritte nie gemacht, so bleibt am Schluss eine tolle Piratenschiffszene und der ein oder andere interessante Einfall. Letztlich ist die Inszenierung aber auch hier zu bieder um wirklich punkten zu können. Es gibt keine Szene, die auch nach dem Film noch im Gedächtnis haften bleiben wird und auch diese Momente, die einen Film zu etwas besonderem machen bleiben komplett aus. Schön hingegen ist der Score geworden, der nicht aufdringlich aber doch passend die Szenen untermalt.
Bei den beiden Hauptdarstellern gibt es ebenfalls Licht und Schatten. Johnny Depp ist sicherlich die Idealbesetzung wenn es darum geht einen Mann zu spielen, der nicht erwachsen werden möchte, aber doch wirkt er hier leicht unterfordert. Er spielt die Rolle sehr gut und kann ihr auch seinen Stempel aufdrücken, auch wenn man ihn schon des Öfteren bedeutend besser gesehen hat, hier wirkt er seltsam zurückgenommen. Oscarwürdig ist das sicherlich nicht, auch wenn Depp so langsam wirklich mal einen der Goldjungen verdient hätte.
Kate Winslet wird ebenfalls nicht wirklich gefordert und bleibt in ihrer Rolle auch recht blass. Das sie es bedeutend besser kann hat sie ja im letzten Jahr erst mit „Eternal sunshine of the spottless mind“ bewiesen, der aber auch eine wesentlich herausforderndere Rolle bot, in der sie sichtlich besser aufgehoben war.
„Finding Neverland“ ist letztlich ein erstaunlich fantasieloses Rührstück, das sich im Ende in Kitsch und Gefühlsduselei verliert und auch davor wenig bewegendes zu bieten hat. Die Figuren werden nie wirklich greifbar und viel zu vieles bleibt auf der Strecke, als dass man wirklich eine Beziehung zu den Charakteren aufbauen kann. Ordentliche Darsteller und eine tolle Ausstattung lassen den Film zwar nicht vollends überflüssig erscheinen, aber hier hätte ich mir doch deutlich mehr erwartet. So ist „Finding Neverland“ ein Film im guten Mittelfeld, aber nichts was man unbedingt gesehen haben müsste. 5 von 10 Punkten.