Kelly-Anne kampiert jede Nacht vor dem Gerichtsgebäude, um sich einen Platz bei dem Prozess gegen Ludovic Chevalier zu sichern, einem Serienmörder, von dem sie besessen ist. Im Laufe der Tage freundet sich die junge Frau mit einem anderen Groupie an, was sie für einen Moment aus ihrer Einsamkeit befreit. Doch je länger sich der Prozess hinzieht und je mehr Zeit sie im Gerichtssaal mit den Familien der Opfer verbringt, desto schwerer fällt es Kelly-Anne, ihr psychologisches Gleichgewicht zu halten und ihrer morbiden Fixierung auf den Mörder zu entkommen. Letztendlich sucht sie im Darknet mit wahnartiger Konzentration das letzte fehlende Puzzleteil im Prozess um Ludovic Chevalier: das Video der grausamen Ermordung des dritten Opfers.
Und genau das ist die eigentliche Schwachstelle des Films. Wieso verliert sie ihr Gleichgewicht - was fasziniert Madame denn so an diesem doch recht unscheinbaren Serienmörder, dass sie praktisch ihr ganzes Leben wegwirft? Das wird meiner Meinung nach nicht wirklich herausgearbeitet und bleibt der Fantasie des Zuschauers überlassen.
Ebenso wie die grausamen Videos die sich Kelly-Anne und die Geschworenen anschauen müssen. Man reduziert das ganze nur auf Ton. Ich bin jetzt nicht gewaltgeil, aber da hätte ich mir auch etwas mehr gewünscht, eben um auch zu verstehen, was die beiden Damen so sehr fasziniert an dem ganzen.
Ansonsten liefert der noch sehr junge Regisseur Pascal Plante ein intensives Drama ab, dessen Thrillerelemente erst in der letzten guten haben Stunde einsetzen und die für mich auch der stärkere Part sind. Insbesondere weil da auch geschildert wird, dass Madame aufgrund ihrer Besessenheit ihr bisheriges Leben doch unnötigerweise in den Mülleimer kloppt.
Die mir unbekannte Hauptdarstellerin liefert eine sehr gute Leistung ab, während die Tante die ihre Freundin im Geiste spielt, mit ihren Kulleraugen ab und an etwa dick aufträgt.
Wie bereits erwähnt wird die Besessenheit der Protagonistin wirklich sehr gut dargestellt, auch wenn sie sich (kleiner Spoiler) dann irgendwie so anzieht wie eines der Opfer um den vermeintlichen Killer im Gerichtssaal zu reizen. Doch ist es für den Zuschauer nicht wirklich nachvollziehbar, woher die Faszination und Selbstaufgabe für den Killer rührt.
So bleibt ein optisch gelungenes Werk, dass gerade gegen Ende richtig spannend wird. Vielleicht bin ich auch zu blöd zu erkennen, was diese bereits erwähnte Besessenheit von Kelly-Anne auslöst - wenn das jemand erklären kann, der/die möge mir bitte schreiben (softcell2003@aol.com)