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Während einer Großwildjagd in Tansania wird Sergei, der Teenager-Sohn des russischen Syndikats-Chef Nikolai Kravinoff, von einem gewaltigen Löwen angegriffen und anschließend mit dem magischen Familien-Elixir der jungen Calypso ins Leben zurückgeholt, welches ihm zudem auch übermenschliche Kräfte und Schnelligkeit verleiht. Im Anschluss daran kehrt er seinem Vater den Rücken und zieht sich von England in die Einsamkeit Ostsibiriens zurück... und wird zu dem legendären "Kraven the Hunter", der weltweit Jagd auf Gangster-Bosse und anderes kriminelles Gesocks macht. Sechzehn Jahre später entführt das verfeindete Mafia-Oberhaupt Aleksei Sytsevich alias "Rhino" in London Sergeis Halbbruder Dimitri, um gewaltsam das Kravinoff'sche Imperium zu übernehmen, woraufhin "Kraven" in seiner alten Heimat wieder in Aktion tritt. Um dem Jäger etwas entgegensetzen zu können, engagiert Sytsevich den "Foreigner", einen Auftrags-Killer mit übernatürlichen Fähigkeiten, der in der Lage ist, in die Gedanken seiner Zielpersonen einzudringen... Mit "Kraven the Hunter" endet nun also der Versuch von Sony, ein eigenes Marvel-Universum nach der Manier des MCU - zwar ohne Spider-Man, aber dafür mit dessen mehr oder weniger zu Anti-Helden umgemodelten Bösewichter-Riege - zu etablieren nach bereits nur einem halben Dutzend Filmen recht unrühmlich, aber zumindest qualitativ einigermaßen akzeptabel und nicht auf völlig unterirdischem Niveau... denn nicht vergessen, dieses Frühjahr gab es ja bereits "Madame Web", der so ziemlich das Schlimmste gewesen ist, was ich in den letzten fünfzehn Jahren im Kino gesehen habe und die Meßlatte so weit tiefergelegt hat, dass man ihn eh nur schwerlich hätte unterbieten können. Okay, zugegeben, auch wenn die Vorzeichen da nach mehreren angekündigten und verschobenen Kino-Starts nicht unbedingt gut gestanden haben und man die Zeit für wohl neben ausgiebigen Nachdrehs und dem Rendern schlechter Computer-Effekte auch dafür genutzt hat, das Ganze nach der R-Rated-Manier des Mega-Hits "Deadpool & Wolverine" mit überraschend heftigem CGI-Splatter zu pimpen, hat "Kraven the Hunter" die Häme, die sich da gerade sowohl von Kritiker- als auch Publikums-Seite über ihn ergießt, nicht wirklich verdient... denn eigentlich isser doch ganz okay geworden und auf jeden Fall auch mal der beste aller Sony-Spider-Man-Streifen ohne Spider-Man (auf die beknackte Idee muss man auch erst mal kommen!). Als hübsch brutal aufgemotzter Quasi-Selbstjustiz-Actioner mit Fantasy-Elementen gerät das Ganze dann auch mehr nach der Manier einer der bisherigen "The Punisher"-Adaptionen und liefert zumindest mal eine gewisse Abwechslung zu den vielen, vielen glattgelutschten und familienfreundlichen Superhelden-Filmchen der letzten Dekade, wobei es einem echt fit trainierten Aaron Taylor-Johnson (mit 'nem Six- bis Eight-Pack, auf dem man Steine zertrümmern könnte) auch allemal gelingt, die Titel-Figur - im wahrsten Wortsinn - ansprechend zu verkörpern. Insgesamt ist es natürlich auch hilfreich dass man dem relativ soliden, aber nicht unbedingt besonders feingeistigen Drehbuch (an dem auch "Expendables 2" und "The Equalizer"-Schreiberling Richard Wenk beteiligt gewesen ist) handlungs-mäßig tatsächlich von Szene zu Szene relativ problemlos folgen kann... und man, anders als bei eben "Madame Web", auch nie den Eindruck hat, dass hier ein besoffener Außerirdischer, der nur vom Hörensagen her 'ne ungefähre Ahnung davon hat, was ein "Film" eigentlich ist, versucht hätte, aus Jux selbst einen zu machen. Als weitestgehender Stand-Alone-Streifen ohne inhaltliche Bezüge zu anderen Marvel-Filmchen muss man zumindest selbst auch keine Vorarbeit geleistet haben, um hier durchzublicken. Nun ja, es dürfte wohl alles letztendlich aber eh keinen Unterschied mehr machen: Der Umstand, dass Sony die ersten acht Minuten von "Kraven the Hunter" (die einem tatsächlich einen ganz guten Eindruck vom Rest des Streifens vermitteln) in der Absicht, im Kino nicht gänzlich Schiffbruch zu erleiden, im Vorfeld online gestellt hat, um noch den einen oder anderen zusätzlichen Zuschauer zu locken, wirkt da auch irgendwie nur noch verzweifelt. Und trotzdem: Seinen Spaß kann man mit "Kraven the Hunter" tatsächlich völlig unironisch haben, denn besser als die "Venom"-Streifen und "Morbius" (und "Madame Web" sowieso) isser auf jeden Fall... und wenn sonst auch nix mehr dabei rumkommt, so hat sich Taylor-Johnson zumindest nochmal nachdrücklich als potenzieller nächster James Bond-Darsteller empfohlen.

7/10

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