Review

Manchmal ist es besser, von seinen Lieben Abstand zu nehmen, um sie zu schützen.

Das ist der Leitsatz des argentinischen Kleinods "Der Rote Bär". Es geht um Ruben, der aus dem Knast entlassen wird, nachdem er vor Jahren einen Polizisten angeschossen hatte. Seine Frau und seine Tochter Alicia wohnen mittlerweile mit einem Mann namens Sergio zusammen. Dennoch darf Ruben seine Tochter sehen, er verbringt mit ihr und kümmert sich um sie. Doch die Armut übermannt Sergio. Daher nimmt Ruben einen letzten Job an...

Teilweise musste ich an "Leon - Der Profi" denken. Der wortkarge, gut gebaute, frisch aus dem Knast entlassene Ruben nimmt sich eines Mädchens an. Nur hier mit dem Unterschied, dass es seine Tochter ist. Bei seinem ersten Besuch nach dem Gefängnisaufenthalt bringt er Alicia einen roten Bär mit. Nicht zu vergessen die schwarzhumorige Szene, als Ruben das Spielzeug ersteht. Stichwort "Es gibt auch einen mit einer größeren Trommel". Zumindest ich dachte da an einen Revolver.

Ansonsten geizt der Film aber mit lustigen Momenten. Gesprochen wird in den 85 Minuten nicht viel. Ruben lässt sich so gut wie alles gefallen, was ihm körperlich und seelisch angetan hat. Er hat nur eines als Ziel: seine Frau und seine Tochter vor der Zwangsräumung zu retten. Hier ein Minuspunkt des Films. Ruben wirkt teilweise wie ein barmherziger Samariter, der selbst etliche Qualen auf sich nimmt, sich von Sergio schlagen lässt, obwohl er diesem vorher aus der Patsche geholt hat. Da wird einem das "Ich tue alles für meine Familie" teilweise schon mit dem Dampfhammer eingebläut.

Der Film spielt in einer argentinischen Kleinstadt, in der die Polizei anscheinend keine sonderlich große Rolle spielt. Ironischerweise taucht sie ausgerechnet bei einem Spielplatzaufenthalt Rubens und Alicias auf und erteilt dem Vater ein Platzverbot, da die anderen Eltern um die Vergangenheit des Mannes wissen und ihn fürchten. Die Familie lebt in absoluter Armut, die Straßen sind eigentlich meistens wie leergefegt, beachte man den Überfall am Nationalfeiertag. Die Mutter ist sichtlich überfordert, Alicia ist in der 2. Klasse schon durchgefallen, da ihr das Lesen schwer fällt. Doch Ruben schenkt ihr ein Buch und kauft sich ein Samtherz, auf dem ihr Namen steht. Dieses hängt er sich an den Rückspiegel seines Autos. Und er nimmt es überall mit. Auch das erinnert an "Leon", in dem Jean Reno seine Zimmerpflanze überall mit hinschleppt.

Qualitativ zieht "Der Rote Bär" natürlich gegen sein "Vorbild" klar den Kürzeren. Bis auf den Charakter des Rubens spielen alle Schauspieler auf durchschnittlichem Niveau, Magic Moments sucht man vergebens. Der Film plätschert vor sich hin, ohne zu langweilen, ohne aber sonderlich zu begeistern. Das Ende ist gleichsam überraschend wie traurig und positiv. Da unterscheidet er sich zu "Leon".

"Der Rote Bär" ist ein ruhiges Filmchen über eine argentinische Kleinstadt in Armut, über eine zerrissene Familie und auch über die schwerliche Resozialisierung eines Ex-Knastinsassen. Wobei der familiäre Aspekt klar im Mittelpunkt steht.

Man kann ihn sich sicherlich anschauen, vom Hocker reißt er einen aber sicher nicht. 6/10 Punkte

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