Nach zwei eigenständigen Auftritten und dem Gastspiel bei Pathaan (2023, welches hier umgekehrt durch den dortigen Star Shah Rukh Khan wiederholt wird) nun die zweite Fortsetzung, mit als Vorbereitung für das Treffen der Giganten in Tiger Vs. Pathaan, einem weiteren Zusammenspiel einer eingangs nicht, aber wegen des anhaltenden größeren Erfolg nun zu einem ganzen Universum ausgeweiteten Saga, der sogenannten YRF Spy Serie, um fiktive RAW (=Research & Analysis Wing, Indischer Geheimdienst) Agenten. Das ursprünglich mit Ek Tha Tiger (2012), also dem hiesigen ersten Teil gestartete und mit Tiger Zinda Hai (2017) fortgeführte Medienfranchise hat sich vor (dem Überhit) Pathaan noch mit War (2019) ausgeweitet und verselbständigt, welcher auch sein Sequel anberaumt bekommen hat (und hier nach dem Abspann angeteastert wird), eine Art Marvellisierung, die aber hier wie dort irgendwann das Problem der Übersättigung haben wird, und das man sich nicht mehr steigern kann. Gerade War war aufgrund einer gewissen 'Bodenständigkeit' noch angenehm zu konsumieren, spätere Werke dann zuweilen reichlich überzogen und tricktechnisch mäßige Effektspektakel, wie mutierte Bond-Filme; ideologisch voll, ansonsten ein reiner, in Zeitlupen festgehaltener Pixelbrei. Hier wird sich wieder etwas gemäßigt, es wird sich wieder in die richtige Richtung bewegt:
RAW Agent Avinash 'Tiger' Singh Rathore [ Salman Khan ] wird von seiner Vorgesetzten Maithili Menon [ Revathi a.ka. Asha Kelunni Nair ] zu einer neuen Mission geschickt, soll er doch seinen früheren Handler Gopi Arya [ Ranvir Shorey ] aus den Händen der Taliban in Afghanistan befreien. Dabei deutet Gopi an, dass Avinash' Ehefrau Zoya [ Katrian Kaif ], eine frühere ISI [= Inter-Services Intelligence, Pakistanischer Geheimdienst] Agentin, zusammen mit ihrem ehemaligen Ziehvater und Mentor Aatish Rehman [ Emraan Hashmi ] in einen geplanten Anschlag in Pakistan involviert sein soll, der auf Indien als mutmaßlichen Auslöser hinweisen soll. Avinash, der die Zweifel nicht abschütteln kann, fängt an, seiner Frau hinterherzuspionieren, wird dann aber zu einem Einsatz als Art Bodyguard für einen Waffenhändler in St. Petersburg abberufen, der alles verändert.
International beginnt man, in London (was selige Erinnerung an Commando 3 erweckt, welcher aber nicht zu der obengenannten Reihe gehört, aber qualitativ lange Zeit höher gelegen war), und vor einem Vierteljahrhundert, noch vor dem Millennium, eine Ewigkeit her. "Reason first, then fight." wird hier erklärt, eine Lektion geboten, "First a reason, then the lesson.", der Unterschied zwischen Soldaten und Söldnern, zwischen Kämpfern für das Vaterland und Terroristen aufgezeigt. Pakistan ist hier natürlich wieder in der Aufmerksamkeit, es wird aber differenziert, zwischen der Demokratie, die das einfache Volk möchte, und der Diktatur, die oftmals ausgesprochen und ausgeübt wird, es wird nicht über einen Kamm gescherrt, es wird eine Grauzone errichtet, nicht bloß in Schwarz und Weiß getrennt.
Der Vorbau ist wichtig für den späteren Rest, ein gewisses Fundament, eine Autobombe zerreißt die Friedlichkeit, nun hat man seine Gründe, man hat eine Bestimmung; es wird der Gegenüber in Augenschein genommen, als normaler Mensch und atmende Persönlichkeit, er wird nicht überzeichnet. Dass die Inszenierung nicht auf eine gewisse Deutlichkeit in der Präsentation verzichtet, liegt dann in der Natur der Sache, die Pre-Title war aus einem anderen Jahrhundert, gar einem anderen Jahrtausend, die Geschichte selber ist im Hier und Heute, sie ist zuweilen deutlich vor der Greenscreen angelegt bzw. mit eingefügten Hintergründen, sie hält seinen Heroen, den Titelhelden auch entsprechend heroisierend fest, er wird glorifiziert und zelebriert, und dies, obwohl der Mann nicht mehr der Jüngste ist und nicht der Schönste und auch körperlich eher etwas zur Beleibtheit neigend, zumindest im Vergleich zu den anderen Durchtrainierten und Ausdefinierten. Eine Befreiungsaktion steht zuerst an, in einem fremden Land, in einem Wüstenstaat mit eigenen Regeln, mit keinen Regeln, außer dem Recht des Stärkeren, agierend mit brutalen Mitteln. Die erste Actionszene startet angenehm normal, ein Nahkampf, eine Flucht mit dem Motorrad, eine Verfolgung durch die verwinkelte Stadt, übersichtlich gehalten und auch so eingefangen, eine Nachvollziehbarkeit von Bewegungen und Orientierung, nicht ständig, aber vorhanden auch eine tatsächliche Stuntarbeit; unterstützt natürlich mit der Effektmaschinerie aus dem Computer, heutzutage scheinbar eine unabdingbare Notwendigkeit. Dass der Hauptdarsteller während der Aktion und der Hatz und dem Beschuss durch Schnellfeuermunition wird sich selber redet und dies in Schlagworten, und auch ein wenig 'fliegen' kann und sich mit einem Arm natürlich nur am rettenden Hubschrauber festhält: Willkommen in der Fantasie, zum Entertainment für die Massen, zu dem auch dieser Film gehört.
Eine neue Bedrohung wird geschürt, Veränderung in der geopolitischen Landschaft, eine Gefährlichkeit evoziert, wofür es eine entsprechende Reaktion und eine Antwort braucht, die Besten der Besten, zur Not auch in der Einzahl, in der Unterzahl dafür benötigt. Die alte Plotte mit dem Doppelagenten wird wieder aufgewärmt, patriotische Gefühle auch hier zum Ausdruck gebracht, eine Vaterlandsliebe bzw. die zur Mutter Indien, das halbe Skript wird schon mit den Vorgaben des Staates oder doch den eigenen Gedanken dazu gefüllt. Das Sterben für das Volk das Größte, das Kämpfen für die Interessen der (eigenen) Regierung, die Nationalität fast eine eigene Religion, es wird ein Gutteil der Handlung mit diesem Sermon gefüllt. Neben London zu Beginn geht es übrigens auch nach Österreich, zum Altaussee, nach Wien, kommt man hier herum in der Weltgeschichte, theoretisch zumindest, praktisch wahrscheinlich weniger. Erst wird gestorben, dann wird gesungen, zwischendurch auch mit Rückblenden zu den Vorgängern gearbeitet, das Berufliche hier überschneidet sich mit Privat, ein Misstrauen gepflanzt und eine Mehrdeutigkeit, in dieser Hinsicht ist man halbwegs interessant, es wird die eigene Frau getrackt, man geht an die innersten Gefühle, und an eher alberne Tourismusbilder zu einer schmachtenden Ballade ran. Immerhin ist man hier ständig in Bewegung, wird tatsächlich auch das Genre bedient, eine Beschattungs- und Beschützeraktion in St. Petersburg, später eine Mission Impossible in Istanbul, ist hier halb Europa (und Asien) als Schauplatz dran. Das Geld dafür, das Budget ist deutlich vorhanden, der Film noch mal ein Sechstel teurer als bspw. Fighter (2023), die Produktionskosten gestiegen, auch da ein Ende nicht absehbar; die Handlung ausufernd, schon im Genre, aber mit viel Rückblenden auch und unnötigen Querverweisen und Hinauszögern dran.
Nach einem bleihaltigen Attentat auf russischen Straßen, ausgeführt von einem Motorradschützen, entfaltet sich dann die Prämisse, nach einem Drittel etwa, das Tempo zieht mit parallelen Ereignissen, einem Raubzug im 'Käfig' von 'Ali Baba' und einem Catfight nur mit Badetuch bekleidet in einem Hammam, plus einer vergleichsweise altmodischen und dadurch schon wieder angenehmen Autoverfolgungsjagd gegen die Polizeiwagen merklich an. Später kommt auch noch etwas Selbstironie hinzu, die Actionszenen, darunter eine Befreiungsaktion aus einem pakistanischen Gefängnis und das Ausschalten unzähliger Wachmannschaften auf einer enormen, bald halb zerbombten Brücke werden größer und absurder, aber auch so behandelt, viele Tote, aber (bis auf plötzliche Szenen im Showdown) kein Zeigen von Gewalt, dazu lustig angestellte Sprüche, viel Comic, reine Fantasie. Final ist dann ein Militärischer Coup das Ziel, zumindest das der Bösewichte, dass der Guten ist die Verhinderung dessen, das Aufstellen gegen ein ganze feindliche Armee, in vielen breitbandigen Bildern, eine Überzeugungsarbeit durch Worte und durch Visualität, eine Stürmung des Premierpalastes, von außen und von innen heraus, ein persönliches Kriegsgebiet, mit spürbaren Explosionen, mit einer Vielzahl von Schießereien und einer relativen Nachvollziehbar- und Wirksamkeit.