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Neben in der Öffentlichkeit vor allem Louis Koo (und eventuell Gordon Lam, obwohl dessen Popularität zumindest diskutierbar ist), war es noch speziell Aaron Kwok, der in den ersten Monaten der Covid19-Pandemie, also im Frühjahr und Sommer 2020, deutlich spürbar seinen Einfluss in positiver Hinsicht dahingehend ausübte, dass 'sein' Wirtschaftszweig, die Kunst und die Kultur quer durch alle Bereiche und auch alle Mitarbeiterschichten unterstützt wurde. Es wurden live übertragene Benefizkonzerte gegeben oder auf Verzicht bzw. unter Reduktion der eigenen Gage filmische Projekte unterstützt, welche aufgrund der allgemeinen gesellschaftlichen Einschränkungen zugunsten der körperlichen Unversehrtheit auch entsprechend abgesagt oder stark eingeschränkt wurden. Es wurden auch lokale Produkte in Angriff genommen, nicht nur der chinesische Markt bedient, sondern der 'einheimische', der Hongkong-Film, mit dem noch kommenden Rob N Roll bspw., und zuvor der als Disconnected begonnene, später und mit Abschluss der Dreharbeiten Mitte Oktober 2020 umbenannte Cyber Heist, eine weitere Zusammenarbeit zwischen ihm und Regisseur Danny Wong nach dem Obdachlosendrama I'm Livin' It (2019):

Der ehemalige Hacker und jetzige Computerspezialist Kevin Cheuk Ka-Chun [ Aaron Kwok ], zusammen mit seinem Freund und Kollegen Jason Chow Sai-Ho [ Patrick Tam ] verantwortlich auch für die Sicherheit der Unternehmen, entdeckt eines Tages, dass sein Vorgesetzter Frankie Fan Tak-Fu [ Kenny Wong ] mit Unterstützung von Tom [ Tony Wu ] ihre Kenntnisse und die Lücken in den Sicherheitssystemen der Banken ausnutzt, um sich selber im Auftrag des Geschäftsmannes Mr. Pong [ Andy Kwong ] zu bereichern. Als Fan durch einen 'Autounfall' ums Leben kommt, wird Cheuk durch den zweiten Mann in der Firma, Kenneth Chan Ming-Chi [ Gordon Lam ] nach oben befördert, aber gleichzeitig mit diversen platzierten Indizien in die Aufmerksamkeit des Polizisten Ben Suen San [ Simon Yam ] der Cyber Crimes Unit gebracht. Cheuk, der durch eine kranke kleine Tochter 'gehandicappt', d.h. auch erpressbar ist, versucht auf seine eigene Art und Weise und mit Hilfe des befreundeten Mike [ Brian Siswojo ] an Beweise für seine Unschuld zu kommen. Währenddessen sind längst Killertruppen auf ihn und seine Frau Sandy To Wing-Shan [ Megan Lai ] angesetzt.

Von den Produktionsfirmen dahinter durchaus stabil aufgebaut, mit u.a. Sil-Metropole Organisation Ltd. und Media Asia Distribution (Beijing) Co. Ltd, nur ein kleiner Teil, ein Bruchstück von noch so vielen Co-Präsenter, als Thema gerade für einen HK-Film in der Ausgestaltung relativ neu, gab es um die Jahrtausendwende mit Deathnet.com und Kwoks eigenen 2000 A.D. mal einige in die Richtung weisende, dies aber bloß als Alibi verwendende Vertreter. Ein leichtes Unwissen auch in der Herangehensweise, aufgrund des seltenen Umgangs mit dem Thema, ist man hier quasi noch auf dem Stand von Tron oder Dem Rasenmäher-Man, wird der Zugang zum Internet und deren Untiefen und Tiefen mit gewissen Bildern simuliert und illustriert, hier bspw. wie ein Gang in den und durch den Wald, ein sogenannter "prähistorischer Dschungel" in surrealer Atmosphäre, der auf entsprechende Tastendrücke und Befehle und Programmierungen reagiert. (Gedreht wurde in einem echten Wald in Nam Sang Wai und anschließend mit virtuellen Effekten, lichtemittierenden, transparenten, reflektierenden Objekten kombiniert und modifiziert.)

Mit der Infiltration einer Bank fängt das ganze Unheil hier an, die IT ist überfordert, die Administration hektisch, der Kunde in Panik oder auch frustriert; eine Abhängigkeit von Nullen und Einsen, man kommt an die Daten nicht heran, an das Geld nicht, eine kurze Attacke, ein Virus, nichts funktioniert. Ein Wettlauf gegen die Zeit, ein Insiderjob, wird von mehreren Seiten miteinander gearbeitet und gegeneinander, Informationen und Schnelligkeit und Erfahrung als Machtmittel, das Management steckt mit drin, der kleine Angestellte interveniert. Ein digitaler Thriller, mit realen körperlichen Konsequenzen, mit Todesdrohungen, mit ersten Gewalttätigkeiten, mit Untersuchungen der (mehr nutzlosen) Polizei auch und mit hinterlassenen Spuren und nachzuverfolgenden Fährten. Vor den Toren der Stadt wird in abgeschotteten Gefilden und tiefster Nacht der nächste Schritt, das Beseitigen von menschlichen Schwachstellen geplant und die nächsten Vorhaben angedacht. Eruptionen an Brutalität und Skrupellosigkeit, die Manipulation eines fahrenden Autos in eine Amokfahrt mit erst Blechschäden, dann Explosion und Überschlag.

Relativ effizient wird die (hitchcockianische) Geschichte behandelt und erzählt, die Figuren darin mit zuweilen normalen Hintergrund und ebensolchen Problemen, mit fehlendem Kredit, mit einer kranken Tochter, mit abgelehnten Schulen, mit viel Arbeit und vielen Zielen. Jede Tat in der technokratischen Welt (die ein bisschen porträtiert wird, wie Klein Erna und Lieschen Müller sich das Vorstellen) hat auch Auswirkung auf das Hier und Heute, beängstigend auch die allgegenwärtige Überwachung, der Geist in der Maschine, das Nackt sein vor dem Bildschirm, die fehlende Privatsphäre, die nur zum Schein da ist, das Stehen im Fokus von Verbrechern, lange bevor man deren Aktionen mitbekommt und die Nachfolgen spürt. Die Inszenierung hält sich eng, es wird sich zumeist auf das Wesentliche konzentriert, die Wahl der Darsteller ist zu der Zeit mit zusätzlich Yam, Tam und Lam unterstützend in ihrer Solidität, aber auch gängig und gewohnt; keinem davon würde man auch nur annähernd Erfahrung im Umgang mit der Materie zutrauen und nahelegen, was das Geschehen anderweitig aber erdet und auf das normale Leben und das Stehen auf beiden Beinen in dieser jetzigen Welt zurückholt.

Geldwäsche, Internetkriminalität, Korruptionsermittlungen, das vertraut gewordene Nutzen von Alltagshilfen, deren Funktionsweise man im Ernstfall nicht versteht, das Abschwächen von Datenschutz, das Vertrauen in den unsichtbaren Gegenübern, die Versuchung und Verlockung auch des schnellen und bequemen Geldes, und die Rückkehr der Vergangenheit in Form von früheren kriminellen Taten; all das sind Themen, die mit hineingewunken werden in die Geschichte – die Autoren haben zuvor u.a. das Gangsterepos Chasing the Dragon geschrieben und den Antikorruptionsthriller G Storm, einer hat für Limbo gewerkelt; dessen Regisseur Cheang Poui- Soi hier produziert – und dem eher isolierten Szenario auch eine gewisse verständliche, da zugängliche Alltäglichkeit mit beigeben. Ein Duell vor dem Bildschirm, mal beruflich, mal privat, jeder mit einer Hinterhand und einer zweiten Verstärkung, mit Horrorartigen Szenarien. Dabei fehlen auch 'normale' Thriller- und Actionmomente nicht, eine Entführung auf offener Straße, eine Befreiung aus fahrender Gefangenschaft, die Flucht durch die vollbesetzten Gassen vor den Schergen, einige Stunts, einige Raufereien, aufgrund der inhaltlichen Umstände und der Begebenheiten im echten Leben allerdings eher klein skaliert.

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