Abschlussserie des Produzenten Kwan Shu - Ming für seinen bisherigen Haussender Television Broadcast Limited (TVB); mit einem lachenden und einem weinenden Auge wahrscheinlich und hier möglicherweise einem Trost für die vorgehende Murder Diary, welche trotz positiver Kritikerlinie und gutem Rückhalt bei der Ausstrahlung in der Volksrepublik China bei der (nachfolgenden) Veröffentlichung auf TVB mit desaströsen Einschaltquoten danieder ging. Line Watchers, welches unter dem Arbeitstitel The Gatekeepers produziert wurde, wird dieses Schicksal des Desinteresses des (all)gemeinen Publikum sicher nicht erlangen, dafür ist die Besetzung mit u.a. Benjamin Yuen (welcher kürzlich auf von TVB hin zu deren Schwesterfirma der Shaw Studio gewechselt, aber in Co-Produktionen wie Forensic Heroes V, No Room for Crime oder in Specials wie ICAC Investigators 2022 anwesend ist) und Carlos Chan (der zuletzt vermehrt als sichere Bank im lokalen Kino eingesetzt wird) zu medienwirksam und wird hier eher konventionelles Polizeimilieu angeboten und erzählt. Letzteres mit ein Schwerpunkt des Senders trotz vorübergehend Unsicherheiten in Bezug auf der Haltung der Gesellschaft diesbezüglich. Der Hüter von Recht und Ordnung schien zwischenzeitlich als leichte abendliche Unterhaltung nicht gefragt, ist aber allein 2021 gleich mehrfach prägnant angespielt worden und war bspw. neben auch dem Murder Diary in Armed Reaction 2021, Shadow of Justice oder Sinister Beings ausführlich vertreten.
Nach der ersten Woche der Ausstrahlung ab Mitte September, also den ersten fünf Episoden der insgesamt 27 Folgen umfassenden Serie sind schnell Vorwürfe bezüglich eines gewissen Typecasting laut geworden und auch einer Vorhersehbarkeit der Geschichte, bzw. der Konventionalität dieser. Eine Ernüchterung tritt auch beizeiten ein, allerdings nicht etwa wegen des (neuerdings gewohnheitsmäßig) langweiligen Intro, welches von einem 08/15 Titeltrack umgeben bewegte Standbilder gerne in Formation der Truppe und zudem eine Mischung aus Aktion und Gefühl präsentiert, sondern der Einleitung mit einer Erzählerstimme, die eher in Aufbau- und gewissermaßen auch Propagandamaterial wie der ICAC Investigations - Reihe gehört. Über HK als den freien Markt und sicheren Hafen wird da mit gleichzeitig biederer als auch leicht pathetisch wirkender Tonart referiert bis schwadroniert, Verbrechen sind Einzeltaten und Ausnahmen, "To fulfill our international obligations, safeguard legal trading, facilitate proper business dealings and protect consumer rights, we need a team to stand fast to their posts - the Line Watchers."
Die Moral ist demnach entsprechend hoch, alle grüßen sich am Morgen, sind erfreut sich zu sehen und vor allem auch zur Arbeit zu gehen, alle sind pünktlich und damit gleichzeitig da und geradezu quietschvergnügt. Entsprechend ist auch die Aufmachung, helle und leichte Töne dominieren akustisch wie visuell, der Soundtrack ist locker-flockig und minimal fördernd, der Antritt zum Dienst ist mehr wie die Begrüßung bei einem gemeinsamen Ausflug, und loskann es gehen:
Senior Superintendent Hoi Fung [ Benjamin Yuen ] vom Intellectual Property Investigation Bureau [IPIB] ist mit Madam Kwan Pui-yan [ Mandy Wong ] vom Trade Control Bureau [TCB] liiert, was der in Fung verliebten Superintendent Wan Chi-Kei [ Venus Wong ] vom Customs Drug Investigation Bureau [CDIB] nicht wirklich passt, sie aber auch nicht zeigen mag und auch nicht ändern kann, aber ihren beruflichen Ehrgeiz in zuweilen unangenehme Höhen schwingt; was nur ihr Assistent Marcus Sze Lap-yin [ Joey Law ] ein wenig bremsen und auffangen kann, und vielleicht ihr Bruder, ein gleichsam erfolgreicher Polizist [ Stefan Wong ]. Währenddessen werden neue Rekruten ausgebildet, die bald in den Ernstfall gegen die Kriminellen um Pang Ying-fai [ Gabriel Harrison ] und dessen rechte Hand Dino Ko Wai-sing [ Arnold Kwok ] sowie Sam Wai-yip [ Mark Ma ] müssen, darunter der ebenso ehrgeizige und ebenso rücksichtslose Chan Ka-hing [ Carlos Chan ], das genaue Gegenteil, die sich um alle und alles kümmernde Fong Ching-long [ Moon Lau ], der agile Yip King-on [ Karl Ting ] und die unnötig nervöse Kwai Ting-fei [ Tiffany Lau ].
Gestartet wird in dieser Fernsehvariante vom Customs Frontline (2024) mit zwei Missionen, bzw. wird erstmal gestartet mit einer Art Vorstellung eines der Teams, welches aus gleich drei regulären Nebendarstellern und damit rundherum bekannten Gesichtern der Einfachheit halber besteht. Vom Aufbau her wandert die Pilotfolge dabei durchaus gekonnt durch die Szenerie, erst werden die Konstellationen verkleinert, auf eine überschaubare Menge, dort die nötigen Informationen (das Verfolgen von Knockoff Phones) ausgetauscht, zum nächsten Input (Kokaindealer) gewandert und die Schnittmenge gebildet. Das CDIB als das Gegenteil dessen, was das IPIB auszeichnet und ausmacht, und vice versa; das Fundament dieser Gemeinsamkeiten, der erwähnten Einzelheiten und vor allem die Unterschiede auch sind derart prägnant gehalten, dass der Einstieg spielend und spielerisch erfolgt. Zudem wird schnell eine privat komplizierte Dreierbeziehung und damit auch die Arbeit eines dritten Teams, dem des TCB deutlich.
Knotenpunkt der ganzen Einzelteile und Komplikationen ist der Airport, neben bspw. dem Hafen die Einflugschneise für die Waren und Schauplatz der ersten größeren Einlage; formell kann man der Inszenierung dabei nichts ankreiden, handelt es sich hierbei viel um Transport, Observation und entsprechend auch Bewegung (zwischen Hung Hom im Südosten, Kwun Tong im östlichen Teil der Kowloon-Halbinsel und Yau Tong am südöstlichen Ende von Kowloon) und werden die Szenen einzeln als auch die Handhabe in der Parallelmontage samt der Unterstützung auch von Splitscreen jeweils regelrecht formuliert. Vor einem Hotel kommt es zur ersten Festnahme und dem Ziehen einer Schusswaffe als Widerstand der Kriminellen.
Am Ende der Episode steht noch eine Razzia vor den Toren der Stadt an, in einer kleinen Hafenanlage, wobei dort keine wirkliche Actionszene präsentiert wird und die Serie auch nicht davon lebt. Kleinere Konflikte, Ermittlungen, Observierungen, Untersuchungen; alltägliches irgendwo, gemischt mit Privatem, was an A Threshold of a Persona (2009) erinnert, welches die ähnliche 'spannende' Arbeit der Einwanderungsbehörde in den Fokus nahm und visuell hier auch ähnlich mit viel hellen Tönen und eher wenigen Kontrasten und viel Bürokratie gehandhabt wird. Zu Beginn von Folge 2 eröffnet man auch nicht mehr im Bürokomplex, sondern in einer heimischen Wohnung, stehen Beziehungen in ihren unterschiedlichen Facetten mit im Vordergrund und das Emotionale. Zu Beginn auch dieser Folge müssen sich die Beamten bei einem Restaurantbesuch zum Zweck des Frühstückeinnehmens anhören, dass sie sich lieber um richtige Dinge und wahre Verbrecher kümmern sollen statt um den Kleinkram, der zwar laut Gesetz auch nicht erlaubt ist, wo aber der Normalbürger Abstriche macht und teilweise schon Gewohnheitsrecht mit gutem Gewissen, wenn auch wider besseren Wissen am Anwenden ist. Fälschungen, Nachahmungen, Pfusch am Bau oder falsch deklarierte Speisen, die statt richtiger ausgeschriebener Zutaten nur Essenzen davon beinhalten oder synthetische Retortenstoffe oder nur Vergleichbares; außerdem geht es um eine Lebensmittelvergiftung aufgrund eines falschen Medizinproduktes und dem Schmuggeln von Cannabis, wobei nur bloß der letzte Fall erneut am attraktivsten für den Zuschauer wohl ist, sondern auch deren Protagonistin Venus Wong, eine verbitterte, isolierte und nach außen kalt wirkende, dabei sehr anziehende und körperlich agile Außenseiterin, die noch die meiste Würze in die Szenerie mitbringt.
Ab Episode 3 bekommt sie etwas Verstärkung dabei, durch Carlos Chan als eher grantelnden, kantigen Polizeianwärter, wobei die Folge ab da sowieso an das Hong Kong Customs College und damit die andere Seite der Geschichte, die der (nicht gerade mehr taufrischen) Auszubildenden nämlich und damit dem leidigen Thema des Auswahlprozesses, des Trainings und der 'Lehrjahre sind keine Herrenjahre' springt; etwas, dass man kürzlich erst bei Airport Strikers zur Genüge eigentlich schon gesehen hat, deren ersten Drittel nämlich, und was auch bei Flying Tigers bspw. stets Thema war und nicht gerade zusätzlich spannend ist. Helfen tun ein wenig die dort addierten Gesichter, allesamt durchaus gute und auch anderswo oft präsente Nebendarsteller. Zudem hat die Episode am Ende den ersten Paukenschlag, muss sich eine Polizistin während der Observierung eines Drogenschmugglers zwischen der weiteren Verfolgung und dem Vermeiden eines Suizids durch Sprung von einer Fußgängerüberführung entscheiden, wobei sie das eine fortführt. Und das andere ignoriert.
Da nicht sein kann, was nicht sein darf wird dieser Cliffhanger zu Beginn von Folge 4 schon wieder aufgelöst und in das Positive umgewandelt; das offizielle Reinheitsgebot der Produktion – die dem von offizieller Seite coproduzierten Dokudrama Hong Kong Costums (2018) a.k.a. The Story of Costums folgt bzw. A Matter of Customs (2000) mit Wong Hei, Jessica Hsuan und Danny Lee – und das Oben Halten der imaginären Fahne der Obrigkeit ("Act with confidence, serve with courtesy, and aim at excellence") schwächt die Serie auch folgend trotz einiger guten Darsteller, deren Teamfähigkeit untereinander und vielerlei verschiedener Szenen permanent ab. Sowieso ist schon das Aussehen der Serie ein leichtes Manko, wirkt man in den Farben ständig abgedämpft bis auf Dauer blass, teils auch wie mit Weichzeichner begleitet und insgesamt in selbsterfüllender Zensur und/oder dem Gestus vom Dienst am Bürger wie ein rohes Ei mit viel zu viel Schutzmaßnahmen behandelt. Dabei ist die Serie durchaus viel und gut in Bewegung, hat sich aber recht üppig mit Larifari und anderen Nebensächlichen eingedeckt; zumindest am Ende von Episode 6 kommt es bei einer länger geplanten Verhaftung zu a) einer Bootshatz auf offener See, b) einer Rangelei in der Drogenplantage und c) dem Widerstand gegen die Staatsgewalt samt Fluchtversuch zu Fuß vom Tatort weg, und d) wegen vielerlei Verletzungen zum offenen Ausbruch eines lang schwelenden Teamkonflikts. In Episode 7 erfolgt die Gegenwehr der Verbrecher, was die leitende Polizistin nach der Entdeckung einer sie heimlich filmenden Kamera auf dem Vordach gegenüber und einem wegen Überzahl aussichtslosen Kampf in arge Bedrängnis und einen weiteren (für den Zuschauer) gelungenen Cliffhanger bringt. In Folge 8 geht es um eine Drogenaktion operierend aus Brasilien, was zu einer Zusammenarbeit zwischen Zoll und Polizei und bei der Verhaftung auch zu einer Schießerei auf einem Containerhafen führt, zudem stehen dramatische Examensprüfungen theoretisch und praktisch und dabei auch eine Rettungsaktion ungeplant und weitere Gruppierungen involvierend an.
Das Gefühl, einer Art Werbesendung beizuwohnen, schlägt sich schnell auch in den familiären Szenen breit, eine Charakter wird schwanger, was zum Einzug der Schwiegermutter und allerlei Betüdelnden und hilfreichen Tipps in dieser Phase des Lebens und dem Zuwachs des Lebens wird; vorher wurde fleißig salutiert, marschiert, studiert, nun wird privat (und nicht nur in diesem einen Beispiel) stabilisiert und bemuttert und bemustert, was richtig und was falsch sein könnte. Ein gesunder Lebenswandel aller Beteiligten (Fitnessstudio und Joggen nach der Arbeit, entsprechende Ernährung, die Vermeidung von Konflikten, viel gegenseitige Berücksichtigung und Berührung etc.), eine aufeinander abgestimmte Work-Life-Balance, die Beachtung der Selbsthygiene, dazu eine zuweilen unnatürliche Art der Kommunikation miteinander, wie von einer geschützten Blase zur anderen. Auch die jeweiligen Wohnbereiche sind deutlich größer und besser eingerichtet als sonst, wo es zuweilen prekär beengt und befüllt wirkt. Aufgrund der Aufteilung der bestandenen Rekruten nach der Prüfung in die jeweiligen Abteilungen, ab etwa Folge 10, finden dort einige kleinere Änderungen in der Gruppendynamik statt, aber Harmlosigkeit, nichts Gravierendes, man hat mögliche interessante Kombinationen von vornherein eher ausgesiebt. Größere Szenen wie bspw. eine Burning Flames - ähnliche Feuerwehrsequenz nach einem Brand in einem Drogenlabor in Episode 20 bleiben eher aus, die Serie funktioniert, wenn denn eher als (Beziehungs)Drama, mit einigem kriminellen Rahmen, aber nicht wirklich viel. Eine hübsche Fassade mit viel Bluff und Fluff, in manchen Episoden passiert im Grunde 'gar nichts', da hätte auch eine kurze Zusammenfassung gereicht.