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Ursprünglich Once Upon a Time in Hong Kong betiteltes Projekt von Felix Chong als 'Nachfolger' seines Project Gutenberg (2018), Typ intellektueller Finanzthriller mit auch Aktion- bis Spektakelszenen, dort um Geldfälschung im großen Stil, hier als fiktive Nacherzählung historischer Ereignisse und auch in einer anderen, einer früheren Ära angesetzt. Chong, der sich in den letzten Jahren von seinem ehemaligen festen Mitarbeiter und Kompagnon Alan Mak abgekapselt hat, verfügt hierbei über eine offensive Starbesetzung, erneut, diesmal aber etwas anders gehalten als in dem vorherigen Werk, agieren statt dort Chow Yun-fat und Aaron Kwok doch nun Andy Lau und vor allem Tony Leung (Chiu-wai). Letzterer (und die an Infernal Affairs (2002) reminiszierende Gegenüberstellung) dürfte auch für das ordentliche Einspiel an den Kinokassen der Volksrepublik China und den insgesamt erzielten Ertrag von 85 Mio. USD gesorgt haben, Lau ist mittlerweile fast etwas übernutzt, und hatte zur selben Zeit auch mehrere ähnliche Produkte auf dem dann doch übersättigten Markt:

ICAC Principal Investigator Lau Kai-Yuen [ Andy Lau ] ist seit mehreren Jahren hinter Henry Ching [ Tony Leung ] her, dem Gründer einer millionenschweren und auch an der Börse notierten Firma, die im Verdacht von Betrug, Korruption und einem weitverzweigten Pyramidensystem, sowie auch den Machenschaften von Beseitigung der Konkurrenz oder Mitwissern mit gewalttätigen Mitteln steht. Ching, der seine ersten Gehversuche in die Richtung noch unter dem ehemaligen Partner K.K. Cheung [ Simon Yam ] und mit Wu Rensong [ Tai Bo ] als Verbündeten gemacht hat, wird von seinem Anwalt Kelvin [ Alex Fong ] abgeschottet; allerdings stehen auch seine persönliche Assistentin Carmen Cheung [ Charlene Choi ], der später eingestiegene He Haoyun [ Carlos Chan ], der Börsenmakler Ren Chong [ Michael Ning ] und Musharra Hafa [ Philip Keung ], der vermeintliche Mann im Hintergrund unter strenger Befragung. Währenddessen bleibt auch Ching selber nicht untätig und setzt den Gesetzeshüter und dessen Familie unter Druck.

Begonnen wird dabei nicht mit Gold und Geld, sondern aus dem Verlust daraus, eine Bankrotterklärung, eine Flucht, ein Neuanfang, der Spur der Finanzen nach. Die Geschichte wird verdeutlicht, indem sie gezeigt und zusätzlich erzählt wird, eine doppelte Absicherung, die Titelfigur in der Ich-Person und der möglichen Identifikation, sowie noch darauflegend ein neutraler Text, ein historischer Führer. Die Geschichte spielt im Früher, was die Nachbildung dessen, was auch viel Künstlichkeit und Spezialeffekte, erkennbar natürlich und fürderhin artifiziell bis dünn in der Optik bedeutet. Sie beginnt 1974, was ein Zeitzeugnis ermöglicht und die zweite Ebene der Betrachtung der ICAC, der Independent Commission Against Corruption, in letzter Zeit ein beliebtes und bewährtes filmisches Thema. Es fängt mit Protesten an, mit Unruhen der Bevölkerung, einige größere, aber auch seltsam steril wirkende Bilder, eine zweite Hauptfigur, der Gegenspieler, die Bedrängung. Eine friedliche Demonstration schlägt um in Gewalt, es geht um den Staat und Individuen, um Politik und Wirtschaft.

In den farblichen Tönen ist der Film dabei ebenfalls gedämpft, das Kräftige wird herausgenommen und gefiltert, viele helle Einheiten, aber hier eher etwas auf Grau mit einigen dunkleren Merkmalen getrimmt, etwas Mint dazu, einiges an unterschiedlichen Braun. Es wird zeitlich nach vorne gesprungen, es wird von Innenszenen in die Öffentlichkeit gegangen, was einige visuelle Aufmerksamkeit und etwas mehr Leben und Luft bereithält. Die Erzählung als Charade und auch narrativ mit Tricks und Finten bereitet, selber als Schneeballsystem, viel mit bekannten Gesichtern, mit Wiedererkennung, mit Simplizität und als Unterhaltungsform auch gestaltet. Im Film wird erst Reichtum vorgespielt, ein Bluff probiert, der Film selber macht es ähnlich, es wird durchaus im Vollen gelebt, man hat das Budget (von ca. 45 Mio. USD), man versucht es mit dem Edlen, dem Epos, manchmal versucht man auch den einfachen Weg, das Drehen vor der Greenscreen, das Nutzen von Rückprojektionen, je größer bei Chong die Handlung, desto theatralischer bis affektierter auch die Szenen. Vom rauen, grobkörnigen Once A Gangster (2010) zur jetzigen Kulisse, zur inszenatorischen Verwaltung. Viel scheint mit Nebel oder Schlieren umzogen, es wird getrickst, getäuscht und gefeilscht.

Manches erinnert dabei an Where The Wind Blows (2022), der letzten größeren Historienveranstaltung, die optische Behandlung, teilweise die Darsteller, die gezeichneten Institutionen, die zeitliche Schichtung, eine ungefähre Vorstellung von Ort und Ära. Chong wirft eingangs einige ungewohnte Szenen mit ein, teilweise grafisch auffällig, teilweise gar comigal, wie als Graphic Novel, teilweise mit Anleihen von Humor, manchmal kommen auch merkwürdige Übergänge, ein Nutzen von Blur Motion, eine schlichtweg abstoßende Musikauswahl. Kein akkurates Porträt wird versucht, vielmehr eine mystische Überhöhung, eine Parallelwelt mit realen Bezügen, aber niemals realistisch oder gar politisch spaltend wirkend. Immerhin macht man keine großartigen Vorreden, es kommt schnell zur ersten Konfrontation, zur Verhaftung, zur Gegenüberstellung von Protagonist und Antagonist, zum (sehr lange dauernden) Duell.

Von der technischen Seite her wird sich dabei bemüht, die Dekoration ist ansprechend, die Schauspieler alle in Maske und Kostüm, bis auf Lau auch die Haare zeitgenössisch etwas länger als heutzutage üblich, die Darsteller selber gängig, ab und zu in der positiven Routine, ab und zu überdeutlich, ab und zu überraschend positiv. "Hongkong is no place for daydreaming." heißt es hier, wenn es in die Rückblenden geht, genauso sieht es aber aus, wie in einer Fantasie, einer Halluzination, aus dem Puppenhaus, man arbeitet mit verschiedenen Bildformaten, verschiedenen Bildinformationen, mal Nachstellungen, mal reine Fiktionen. Die Statisterie dafür scheut man nicht, hinzu kommt auch, dass man sich glücklicherweise an einer überschaubaren Zahl fester Mitspieler hält, man verwirrt nicht, man konzentriert sich durchaus; mit dem Einführen von Charlene Choi bspw. oder auch Michael Ning und Carlos Chan, der vergleichsweise jüngeren Besetzung wird das ansonsten etwas lose Schauspiel auch besser. Es wird defiliert und dekantiert, es wird umworben und geflirtet, mit der moralischen Grauzone, der Käuflichkeit, der Verführbarkeit, mit Lug und Trug gespielt.

"You believe all that?" heißt es irgendwann in den Verhören, die Frage mit an all die Festgenommenen, die Angeklagten gestellt, die ihre Märchen zum Besten geben; leider nur wird das Märchen aufgrund der Dialoglastigkeit, der Unehrlichkeit in der Regie auch, dem reinen Konstrukt trotz einiger vorhandener Intelligenz im Skript – basierend auf dem realen Leben von George Tan Soon-gin und dem sogenannten Carrian-Skandal; das Thema wurde ähnlich, aber ausschweifender, präziser und deutlicher in den TVB-Serien Greed of Man (1992) und Of Greed and Ants (2020) behandelt – und Freude an mathematischen, theoretischen, hypothetischen Kleinigkeiten beizeiten spannungsarm bis langweilig, man wird zum reinen kommerziellen Produkt, und zu einer doch sehr trockenen Akquise, stets im Anzug festgeklebt. Eine erste, auch schon im Trailer als Marketing sehr seltsam wirkende 'Actionszene' ist eine fürchterlich computeranimierte Albernheit, ein Kriegsscharmützel im Goldenen Dreieck mit Hubschrauberangriffen und Raketenabwehr, alles deutlich digital und sehr faul umgesetzt, ein sehr schlechtes, ein gar unwürdiges CGI-'Spektakel'; überhaupt wird man zwischendurch zur blanken Shownummer, nur ohne Wirkung und Effekt.

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